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Aktueller Standort seit 07. Mai 2011: Wedel und Hamburg, Deutschland

Donnerstag, 14. April 2011

Über den Todespass ins Grüne

Als wir Orosi nach 4 Tagen verlassen ist der Himmel bedeckt und kündigt die nahende Regenzeit an, die hier invierno (Winter) heißt. Wir fahren durch Kaffeeplantagen, passieren die Ortschaften Paraíso und Cartago und nehmen die Panamericana, um einmal mehr Richtung Pazifikküste zu fahren. Das Ziel heißt Uvita. Mit etwas Glück können wir dort jetzt noch Wale sehen, Grund genug also, um die weite Anfahrt in Kauf zu nehmen. Dazu müssen wir die Cordillera de Talamanca überqueren, wo die Panamericana mit dem Cerro de la Muerte, dem sog. Todespass, buchstäblich ihren Höhepunkt erreicht. Es ist der höchste Punkt der Straße sowie der Panaericana in Zentralamerika. Auch für uns bedeutet dieser Pass einen neuen Rekord mit knapp 3500 Höhenmetern. Wir befinden uns mitten in den Wolken!
Der Name Cerro de la Muerte stammt noch aus der Zeit, als man den Weg vom Süden ins Hochland mit Ochsenkarren zurücklegte. Nicht wenige haben ihr Leben gelassen, bei der Überquerung dieses Bergpasses. Die Nächte sind kalt hier oben und auch heute kommt es immer wieder zu tödlichen Unfällen auf der Strecke. Insbesondere Lastwagenfahrern geht es meistens nicht schnell genug. Sie überholen hemmungslos vor Kurven oder im dichtesten Nebel.


Die – obwohl eine Hauptstrecke in Costa Rica – wenig befahrene Straße führt durch ausgedehnte Nebelwälder, die an diesem Tag ihrem Namen alle Ehre machen. Die Sicht beträgt teilweise nur 10 Meter; ein leichter Nieselregen begleitet uns fast die ganze Zeit, bevor wir wieder die Tiefebene mit ihrem schwül-heißen Klima erreichen. Die Küstenregion um und bei Uvita ist üppig grün. Wir nächtigen auf dem Parkplatz des Toucan Hotels, wo uns am nächsten Morgen Cuca abholt. Er hat 2 Vierbeiner bei sich und wir tauschen die Pferdestärken des Landys für 2 Stunden gegen echte PS ein, um die umliegenden Berge auf dem Pferderücken zu erkunden.


Die südliche Pazifikküste ist genau so, wie wir uns Costa Rica immer vorgestellt hatten: heiß, feucht, grün. Die sanften Hügel stehen voller tropischem Regen- bzw. Nebelwald. Wir fahren über Sierpe auf die Halbinsel Osa. Für die erste Flussquerung steht eine Fähre bereit. Obwohl die Regenzeit gerade erst beginnt ist nicht daran zu denken den Fluss mit dem Wagen zu passieren. Die Strömung ist bereits zu stark.

Die Fähre besteht eigentlich nur aus einem Ponton, der von einem kleinen, seitlich befestigten Motorboot angetrieben wird.

Auf der anderen Flussseite erwartet uns eine erstaunlich gute Sandpiste, auf der wir zügig vorankommen. Die Strecke ist sehr kurvig, es geht bergauf, bergab und immer wieder haben wir schöne Blicke auf den Pazifik, der sich dunstig in der Ferne abzeichnet. Trotz des guten Straßenzustandes schaffen wir es an diesem Tag nicht ganz bis nach Puerto Jimenez, dem Hauptort auf Osa, sondern müssen in Rincón eine Zwischübernachtung einlegen. Wie so oft sind wir ganz allein auf dem schönen Campingplatz. Er liegt direkt am Golfo Dulce inmitten eines tropischen Gartens, den wir wegen heftiger Regenfälle allerdings nicht näher genießen können. Erinnerungen an unseren Reiseanfang in Fölorida vor knapp 10 Monaten werden wach. Auch dort hatten wir heftige nächtliche Regenfälle. Warum nicht etwas beschließen, wie es begonnen hat? Der Kreis beginnt sich zu schließen … Doch noch liegt Panama vor uns und wir parken erstmal unter einem hohen Baum, wo wir hoffen, dass uns das weitausladende Blätterdach Regenschutz gewährt.

Am kommenden Morgen hören wir zum Frühstück lautes Gekrächze, das uns bekannt vorkommt. Wir schauen nach: 2 rote Aras halten ebenfalls Frühstück. Die Halbinsel ist bekannt für ihre große Ara-Population und einen ersten Vorgeschmack auf diese schönen Vögel bekommen wir bereits hier.


Nachdem wir wieder alles verstaut haben machen wir uns auf, um Puerto Jimenez zu erreichen. Bis dahin gilt es zahlreiche Flüsse zu überqueren. Offenbar ist ein Brückenerneuerungsprogramm aufgelegt worden. Jede Brücke, die wir ansteuern, wird gerade neu gebaut. Die alte ächzt sprichwörtlich in ihren letzten Zügen: Stahlträger, die von einem Flussufer zum anderen reichen sind mit einem Stahlgeflecht oder losen Stahlplatten belegt, die sich bei der kleinsten Erschütterung gegeneinander verschieben und unangenehme Geräusche verursachen. Wir haben ein mulmiges Gefühl, diese wenig vertrauenerweckenden Konstruktionen zu nutzen und halten beim Näherkommen schon mal Ausschau nach einer alternativen Flussdurchfahrt, was meistens klappt. Die Wasserspiegel sind in den meisten Fällen noch nicht sehr hoch und dank Landys Bodenfreiheit können wir auf die meisten Brücken verzichten, in dem wir den direkten Weg nehmen. Nicht alle haben das Glück hierüber zu verfügen und wir leisten gerne Hilfe:

Da wir nun schon den zweiten Tag unterwegs sind zu unserem eigentlichen Ziel, dem Corcovado Nationalpark, stellt sich die Anreise insgesamt schon jetzt, allein durch den zeitlichen Aufwand, als mühsam heraus. Nicht zuletzt auch wegen des feucht-heißen Klimas, das alles andere als angenehm ist. Doch es soll noch besser kommen.

Als wir am zweiten Tag der Anreise endlich in Puerto Jimenez ankommen ist es bereits Mittag. Wir essen einen Happen, bevor wir uns auf die nächsten 42 Kilometer Schotterpiste begeben, nämlich die, die von Port Jim, wie der Ort auch genannt wird, nach Carate an der Südseite der Halbinsel führt. Das feucht-heiße Klima macht auch diese Fahrt nicht gerade zu einem Vergnügen. Zwar staubt es jetzt nicht, dafür ist die Piste teilweise schlammig und rutschig. Der Himmel zeigt sich bedeckt. Die Luft ist sehr drückend, so, als ob sich die Feuchtigkeit zwischen der grauen Wolkendecke und dem Erdboden eingeklemmt hätte. Eine Waschküche wäre nichts gegen das, was hier dampft! Wir schwitzen, dabei müssen wir gar nichts tun, nur Auto fahren! Kurz vor Anbruch der Dunkelheit haben wir auch das geschafft, halten vor dem braun-gelben Schild der Touristeninformation, einem der 5-6 Gebäude in Carate. Carate ist eigentlich kein richtiger Ort, denn die übrigen Gebäude sind ausnahmslos Hotels oder Lodges. In der Touri-Info schiebt ein brummiger US-Amerikaner Dienst. Er gibt einsilbig Auskunft, so dass wir ihm jedes Wort aus der Nase ziehen müssen. Vermutlich hat er sich dem hiesigen Lebensrhythmus bereits bestens angepasst. Jeder Handschlag ist schweißtreibend, weshalb ein Tagewerk idR relativ gering ausfällt. Schaukeln in der Hängematte ist oft die einzige Tätigkeit, die sich aushalten lässt und was viele Bewohner nur allzu gern praktizieren. Immerhin hat er einen Tipp für uns: Jungle Camp Carate. Mit dem Besitzer werden wir schnell einig. Statt der geforderten 20 Dollar kriegt er 15. Kaum haben wir den Landy geparkt öffnet der Himmel ein weiteres Mal seine Schleusen. In Null-Komma-Nichts steht der Platz um das Auto herum unter Wasser. Wir ziehen uns schnell in das Wohnhaus unseres Wirts zurück, wobei das auch nicht unbedingt als Haus zu bezeichnen ist. Wegen der ganzjährig hohen Temperaturen gibt es nur ein Dach auf Pfosten und eine dünne Wand, die den Essbereich von der Küche trennt. Außenwände sind unbekannt. Die „Schlafzimmer“ befinden sich in einem anderen „Gebäude“. Strom gibt es hier nicht oder ist heute Abend ausgefallen. Als es nach 2 Stunden warten im Esszimmer unserer Gastgeber zu dunkel wird ziehen wir uns dann doch ins Auto zurück. Es schüttet noch immer, ohne das eine nennenswerte Abkühlung eingetreten wäre. Im Gegenteil. Alles, inklusive uns, fühlt sich noch nasser an, vor allem, als wir im Wagen hocken ist es kaum auszuhalten. Ein Fenster zu öffnen erweist sich bei den niedergehenden Wassermassen als keine gute Idee, so dass wir im Auto zwar vor dem Regen geschützt sind, nicht jedoch vor unserem eigenen Schweiß, in dem wir bald buchstäblich schmoren. Das Dachzelt zu öffnen kommt bei dieser Menge an Wasser ebenso wenig in Frage. Wir lassen es zu, schlafen mehr schlecht als recht im Wagen. Die Luftfeuchtigkeit beträgt über 80%, wie unser Messgerät anzuzeigen weiß! Das bleibt auch am kommenden Morgen und den gesamten Tag über so.


Den Corcovado Park wollen wir aber dennoch besuchen, schließlich sind wir deswegen hierher gefahren, doch die Anreise hat in Carate noch kein Ende gefunden. Nun stehen 45 Minuten Fußmarsch am Sandstrand auf dem Programm. Wir schultern unsere Rucksäcke und stapfen los, erreichen irgendwann am Vormittag die Ranger Station. „2 Eintrittskarten, bitte“, sagen wir dem Ranger im Kassenhäuschen und wedeln schon mit den passenden Banknoten. „Die gibt’s im Leona Tent Camp“, lautet die Antwort. Also wieder 300 Meter zurück durch den Sand und die Karten dort gekauft. 30 Dollar ärmer kehren wir zurück zum Ranger und dürfen nun in den Park hinein. Dort erwartet uns Wald, was den Aufenthalt um einiges angenehmer macht als direkt am schattenlosen Strand. Obwohl der Himmel bedeckt ist war es dort ziemlich heiß.


Der Corcovado Park gilt als einer der artenreichsten Parks (Fauna, Flora) (das liegt sicher auch daran, weil er so isoliert liegt). Der Artenreichtum wiederum macht ihn erst interessant und letztlich sind es gar nicht mal so wenige Besucher, die den mühsamen Weg auf sich nehmen, um ihn zu besuchen. Sämtliche Raubkatzen, angefangen beim Puma und Jaguar bis hin zum kleinen Tigrillo, sollen hier vorkommen, halten sich aber sehr gut verborgen. Stattdessen müssen wir aufpassen um nicht eine der vielen bunten Krabben platt zu treten, die uns hier in Hülle und Fülle begegnen. Außerdem sehen wir viele Aras. Insgesamt aber haben wir wenig Glück bei unseren Tierbeobachtungen.


Da wir kein Übernachtungsgepäck mitgenommen haben müssen wir am gleichen Tag wieder den Rückweg antreten. Also geht es am Strand entlang zurück zum Auto. Auch hier sind wir vor dem Regen nicht gefeiht. Kurz bevor wir Carate erreichen kommen unsere Regenponchos zum Einsatz.

Eine weitere Übernachtung in Carate kommt nicht in Frage. Ein nasses Zelt am Morgen bringt keinen Spaß, nur Zeitverzug, da es komplett trocken sein muss, wenn wir es zusammenklappen wollen und die Hotelpreise in Carate bewegen sich in schwindelerregender Höhe. Also beschließen wir, uns in Port Jim nach einer Bleibe umzuschauen. Abermals liegen 42 Kilometer Schotterpiste vor uns. Dafür dürfen wir uns nach diesem strapaziösen Ausflug auf ein schönes Zimmer freuen.

1 Kommentar:

  1. Hallo Ihr Beiden!

    Wenn ich Eure Seite sehe bekomme ich fast doch wieder ein kleines bisschen Fernweh... Es hört sich noch nicht so an, als würdet Ihr Gedanken an ein Ende verschwenden? Gut, dass wir den Landy nicht im Januar übernehmen wollten ;-)

    Hatten wir eigentlich schon von unserem "Reise-Mitbringsel" berichtet?? Sprich, das wir schwanger sind und im Juli (dann doch noch) ein Baby bekommen? Bin mir nicht ganz sicher, falls noch nicht, dann wissst Ihr es jetzt ;-)

    Für uns heissen die nächsten Reiseziele also Mecklenburgische Seenplatte und Dänemark! Worauf wir uns allerdings auch sehr freuen und die beiden Touren, die wir gemacht haben nimmt uns ja auch keiner mehr!

    Wir wünschen Euch weiterhin ein tolle Zeit mit vielen Erlebnissen!

    Liebe Grüße aus Köln,
    Jutta + Volker

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