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Aktueller Standort seit 07. Mai 2011: Wedel und Hamburg, Deutschland

Sonntag, 6. März 2011

Beautiful Eyes

Unsere letzte Nacht in Honduras verbringen wir in der Casa Colibri in Yuscarán, einem kleinen verschlafenen Kolonialstädtchen rund 70 Kilometer von der nicaraguanischen Grenze entfernt. Als wir uns dieser am nächsten Tag nähern passieren wir Polizeikontrolle Nummer 5 und 6 auf honduranischem Boden. Am ersten Kontrollposten nimmt man uns nur aus dem Augenwinkel war. Wir werden durchgewunken. Bei Kontrolle Nummer 6 geht es etwas mehr zur Sache, denn der Polizist möchte sowohl Freds als auch Rebeccas Papiere sehen. Wir reichen unsere laminierten Farbkopien durchs Fenster, die eifrig vom Ordnungshüter studiert werden. Nach intensiver Prüfung der Vorder-und Rückseiten gibt der Polizist sie Fred mit den Worten „She has beautiful eyes!“ zurück. Dabei schaut er Rebecca lächelnd an und zwinkert Fred anerkennend zu. 

Abschluss der Autoversicherung

Kurz danach fahren wir auf Las Manos zu. Der 6. Grenzübergang auf unserer Reise steht an. Ehe wir uns versehen ist auch schon alles erledigt – inklusiv der verlangten Autoversicherung. Nach einer Stunde heißt es für uns: Bienvenidos en Nicaragua!

Willkommen in Nica-Land!
Die Straße, auf der wir uns unserem ersten Ziel, dem Dörfchen Sunis in der Nähe von Somoto nähern, ist ziemlich verlassen. Kaum ein Auto fährt auf der gut asphaltierten Straße, die sogar über Fahrbahnbegrenzungsmarkierungen verfügt. Die hatten wir das letzte Mal in den USA gesehen. „Warum den guten Belag nicht für ein Fußballspiel nutzen?“, haben sich ein paar Jungs gedacht und kicken sich den Ball auf dem glatten Untergrund, der einzige weit und breit, munter zu. Nicaraguas Straßen sind in einem guten Zustand, was wir Vielfahrer natürlich sehr begrüßen. Trotzdem ist erstaunlich wenig los auf der Panamericana, die wir hier mal wieder kreuzen. Es gibt weniger KFZ als anderswo auf unserem Weg. Dafür sehen wir mehr natürliche Pferdestärken verkehren. Wer kein Auto hat reitet eben zum Einkaufen.

Die Tiere warten geduldig, bis ihre Besitzer vom Einkaufen zurück kommen
„Bessere Straßen, gleiches Müllproblem“, schießt es uns durch den Kopf, als wir unsere Blicke in die Landschaft schweifen lassen. Die Straßenränder liegen voller Plastiak. Während früher Abfall quasi aus kompostierbaren Materialien bestand, hat König Kunststoff in alle Winkel Einzug gehalten. Wie praktisch die Plastikflaschen und Tüten doch sind. Sie lassen sich so vielfältig (wieder-)verwenden und halten mehr aus als eine ausgehöhlte Kokosnuss, die als Trinkgefäß dient(e) oder ein paar Bananenblätter, die man als Teller benutzt(e). Gewohnt, diese Art Müll an Ort und Stelle zu entsorgen, fällt es den Latinos schwer von dieser Gewohnheit zu lassen. Versuche, zur Müllvermeidung zu erziehen, scheitern oftmals daran, dass es keine Mülleimer gibt, keine Müllabfuhr vorbeikommt und es sowieso viel einfacher ist, das ganze Zeug einfach im Garten zu verbrennen, zu vergraben oder auf eine wilde Müllkippe zu schütten (die wir übrigens in Ermangelung anderer Gelegenheiten manchmal auch nutzen müssen).

In Sunis, einem kleinen, verstaubten Dörfchen, das sich mit sog. Community Tourismus erste infrastrukturelle Einrichtungen (Strom gibt es seit kurzem, eine Wasserleitung befindet sich in Bau) verdient hat, dürfen wir direkt am Rio Coco parken. Nur das Schnauben der Pferde, die hier – übrigens auch nachts – unermüdlich verdorrte Grashalme aus der trockenen Erde rupfen ist zu hören, als wir uns unter einem grenzenlosen, klaren Sternenhimmel schlafen legen. Zum Frühstück am kommenden Morgen naht neuer Besuch. Eine Kuhherde trottet gemächlich an uns vorbei (mitunter ähneln die Stellplätze Ferien auf dem Bauernhof. Hühner und Hunde gibt’s sowieso zuhauf, Esel sind nicht selten, mitunter quiekt es im Gebüsch und Familie Schwein kündigt sich an). Ehe wir uns versehen tauchen auch schon die ersten Ausflügler an unserem Stellplatz auf, um den nahegelegenen Canyon per Boot zu erkunden. Genau das haben auch wir vor, allerdings haben wir uns für die eine andere Variante entscheiden.

Fausto, unseren Guide, treffen wir am Besucherzentrum. Um dorthin zu gelangen steht mal wieder eine Flussdurchquerung an, die wir bravourös meistern. Dabei werden wir sehr genau beobachtet. Es ist nämlich Waschtag. Gleich kiloweise wird die Wäsche von den Dorffrauen, die knietief im Fluss stehen, geschrubbt.

Am Besuchercenter präparieren wir uns mit festem Schuhwerk, einer Wasserflasche und trockener Kleidung zum Wechseln. Zunächst laufen wir durch die Umgebung von Sunis. Der Spaziergang verläuft eine halbe Stunde auf ebenem Grund, bevor es abwärts geht, wo wir uns allmählich dem Ursprung des Rio Coco, der hier den Canyon de Somoto geformt hat, nähern. Wir tauchen ein in die Welt der Schlucht, laufen am steinigen Flussufer entlang und die uns umgebenden Felswände werden immer höher und steiler. Als die Felsbrocken zu groß werden beginnen wir sie kletternderweise zu erklimmen. Vorneweg stets Fausto, der den Weg bestens kennt und genau weiß, wohin er treten muss bzw. kann, während wir immer wieder aus- und abrutschen, uns festhalten müssen, was an den glatt geschliffenen Felsen gar nicht so leicht ist. Da, wo die Felsen noch größer sind und wir sie auch nicht mehr kletternd meistern können, müssen wir ins Flussbett ausweichen. Teilweise stehen bis zu den Knien im kalten Wasser. Langsam waten wir voran, denn das Flussbett ist steinig, die Steine sind glitschig und bieten keinen Halt. Trotzdem das Wasser klar ist können wir den Untergrund nicht erkennen, wissen nicht, wohin wir treten, so dass wir auch hier immer wieder ins Straucheln geraten. Wir kreuzen den Fluss mal von rechts nach links, mal von links nach rechts. Nach ungefähr einer guten Stunde erreichen wir eine Stelle, von der aus wir uns nur noch schwimmend fortbewegen können. Also komplett rein ins kalte Nass und lospaddeln. Dank der Schwimmwesten ist es kein Problem sich auch mal ein paar Meter treiben zu lassen und das tolle Panorama zu genießen. Bis zu 160m hoch ragen die steilen Felswände um uns herauf auf. Die schmalste Stelle soll nur etwa 10 m messen und wird hier nur für ca. eine Stunde täglich von der Sonne beschienen. Das Wasser schimmert an manchen Stellen grün, Felsen hängen über und kleine Stromschnellen zwingen uns aus dem Wasser heraus, bevor wir wieder eintauchen müssen, um den Weg fortsetzen zu können. Als wir schon ziemlich ausgekühlt sind gelangen wir an eine 2 Meter hohe Stufe im Flussbett. Das Wasser bricht sich gurgelnd bahn, um unter uns einen schäumenden Strudel zu bilden. Bange schauen wir in die Tiefe, die nur aus weißem, sprudelnden Wasser besteht. Es gibt keine andere Möglichkeit als zu springen …

Nach diesem waghalsigen Manöver lassen wir uns von der Strömung weiter treiben. Inzwischen zittern wir, so sehr sind wir bereits ausgekühlt. Als wir nach 2 Stunden Canyon das Ruderboot erreichen, mit dem wir die letzten 500 Meter zurücklegen, sind wir froh über trockene Klamotten, die wir rasch anziehen, um uns anschließend in der Sonne wieder aufzuwärmen.

Das Abenteuer Canyon hat uns einige Kraft gekostet, so dass wir herzhaft Mittag halten, bevor wir nach Estelí und weiter in die Reserva Natural Miraflor weiterfahren.

In Estelí ziehen wir zunächst Geld am Bankautomaten der BAC. Dort treffen wir Dixon und Mario, die beiden Wächter.Während Dixon in dicken Zigarrenqualm eingehüllt ist (5 der estelischen Spezialität verpuffen so täglich und vertreiben ihm die Zeit seines langweiligen Jobs), erklärt uns Mario, dass man in Nicaragua sowohl mit US-Dollar als auch mit nicaraguanischen Cordobas bezahlen kann. Danach geht´s zum Supermarkt, wo wir uns mit Lebensmitteln eindecken.

Um in die Reserva hineinzufahren benötigen wir 1,5 Stunden für 13 Kilometer Schotterpiste vom allerfeinsten. Es dämmert bereits, als wir das Grundstück von Dora Iglesia erreichen, um dort unsere Nacht zu verbringen. Fast hätten wir es nicht erwartet sie überhaupt noch zu erreichen, zu einsam und abgeschieden liegt der kleine Ort Coyolito, der eigentlich gar kein richtiger Ort ist, sondern nur eine Ansammlung von ein paar Häusern. Froh, den Platz doch noch gefunden zu haben, „installieren“ wir uns, wie es hier so schön heißt. Das Zelt wird aufgeklappt, die Vorhänge zugezogen und als sich Rebecca dem Kühlschrank nähert, um für das Abendbrot zu decken, stockt ihr das Herz für einen Moment: zwei dunkle Knopfaugen starren sie an!

Auf dem Polster der Bank hockt ein Frosch, der uns wohl am Rio Coco ins Auto gehüpft sein muss. Schnell fangen wir ihn ein, um ihn nach draußen zu bugsieren. Na der wird sich wundern, wo er gelandet ist - so wie wir manchmal auch!



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