Aktueller Standort

Aktueller Standort seit 07. Mai 2011: Wedel und Hamburg, Deutschland

Donnerstag, 17. März 2011

Granada

Das Turicentro am Ufer des Nicaragua Sees - nur einen Kilometer vom Stadtzentrum Granadas entfernt – bietet eine ganze Reihe Annehmlichkeiten: Sandstrand, schattenspendende Bäume, kühlendes Nass, Spielgeräte für die Kleinen, Bootsausflüge zu den Isletas, Bars und jede Menge Restaurants, die um die Gunst von Besuchern ringen. Die Lage ist zweifelsohne toll. Der Blick geht weiter über den See und die – zum Teil recht steife Brise – lässt den Eindruck entstehen man befände sich am Meer. Erstaunlich, dass hier kein Wassersport stattfindet. Doch so richtig wohl fühlen wir uns nicht, als wir hier unser Lager gegenüber eines Restaurants aufschlagen. Der Besitzer ist zwar unglaublich freundlich, bietet uns neben dem Stellplatz auch die Restauranttoiletten an, aber es ist alles ziemlich schmuddelig. Granada, das mit 110000 Einwohnern ja nicht gerade eine Kleinstadt ist, bekennt sich offen zu den ländlichen Seiten. Anders ist es nicht zu erklären, dass mitten im Stadtgebiet, keine 500 Meter vom zentrum entfernt, Ziegen weiden, Kuhherden herumlaufen und Pferde ihre Kreise ziehen. Wir beobachten das auch in anderen Regionen. In Nicaragua, so scheint es, leben Mensch und Tier nicht nur eng beieinander. Tiere sind allgegenwärtig, auch die großen. Es gibt sehr viel Viehzeug, da dann auch mal muss - saufen, grasen, von A nach B oder einfach nur müssen. Hinterlassenschaften zu begegnen ist daher ebenso häufig wie abruptes Abbremsen, weil gerade mal wieder eine Herde Kühe die Straßenseite wechselt (ohne vorher zu gucken) oder der Ochsenkarren geschwindigkeitsmäßig eben nicht mit den PS-starken vierrädrigen Gefährten konkurrieren kann.
Der unscheinbare Wächter des Restaurants, der von uns ein zusätzliches Trinkgeld erhält, damit er ein Auge auf uns hat, schmälert das unwohle Gefühl auch nicht gerade. Viele „unserer“ Securities, die wir immer auch gerne mit etwas Kleingeld bedenken, wirken nicht immer wie ausgesprochene Helden. Oft fragen wir uns, ob der vermeintliche Schutz, der uns durch die sog. guardias gewährt wird, nicht ein Pseudo-Schutz ist. Beruhigter schlafen lässt es sich dennoch. Der See selbst lädt nicht unbedingt zum Baden ein. Es soll vereinzelt Haie dort drin geben, vor allem aber schreckt uns das, was wir anderntags bei unserem Spaziergang ins historische Zentrum sehen: übelriechende Flüssigkeiten plätschern in Gräbern Richtung Wasser. Nein danke, wir verzichten, beschließen in ein Hotel umzuziehen. Im El Maltese, ebenfalls am Seeufer gelegen, werden wir fündig. Landy hat seinen sicheren Parkplatz, wir sind die einzigen Gäste. Granada, la bella, zeigt sich touristisch-schön. Entsprechend teuer ist die Stadt; sehr sauber und gepflegt. Der Müll wird nicht nur abgeholt, er wird auch getrennt!: die am Straßenrand abgestellten, fest verschlossenen Mülltüten werden von einem Mitarbeiter der Müllabfuhr auf den vorbeifahrenden Müllwagen geworfen. Dort oben warten 4 Kollegen, die jede Mülltüte in Empfang nehmen, mit bloßen Händen aufreißen, den Inhalt auf einen großen Haufen leeren und in Handarbeit beginnen organisches Material von unorganischem zu trennen, Metalle in eine Ecke der Ladefläche zu werfen, Plastik und Glas jeweils in eine andere. Das passiert in rasender Geschwindigkeit, ohne besondere Arbeitskleidung oder Sicherheitsmaßnahmen.

Mülltrennung a la Nica

Die vielen kolonialen Gebäude in Granada beherbergen Geschäfte und Restaurants. Es macht Spaß mal wieder etwas urbanes Leben zu erleben. Nach Herzenslust bummeln, italienisch essen gehen (tolle Pizza), am Pool abhängen, den Pferdekutschen zuschauen. In der French Bakery können wir es uns nicht verkneifen Croissants zu kaufen und auch das herrliche pan integral wandert in unseren Einkausbeutel. So ein guter Bäcker spricht sich natürlich rum, weshalb wir hier Peter und Ursula aus der Schweiz begegnen, selbst auf dem Weg nach Feuerland.

Prachtstraße La Calzada
Wir besuchen das alte spanische Fort, das eigentlich wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist, doch der Wächter lässt uns gegen ein kleines Entgelt trotzdem hinein. Dort drinnen tummeln sich 10 Kinder, die irgendwie alle miteinander verwandt sind und staunen nicht schlecht, als sie erfahren, dass wir mit einem großen Flugzeug nach Amerika gekommen sind. Wichtiger aber ist den Kleinen der Fußball, der, wie überall auf der Welt, auch in Nicaragua (neben dem beliebten Baseball-Spiel) eine große Fangemeinde hat. So klein die Kinder auch sind: dass Deutschland eine (gute) Fußball-Equipe hat wissen sie längst, mehr noch aber interessiert sie, ob wir Messi gut finden …

Granada ist auch Sitz mehrerer Zigarrenfabriken. Die edlen Blätter wachsen im Norden des Landes und werden hier zu Rauchwaren weiterverarbeitet. In Handarbeit schafft ein Mitarbeiter 300-600 Zigarren täglich und wir dürfen auch mal selbst eine drehen ...

Zigarre - selbst gedreht
Noch interessanter ist für uns der Schokoladen-Workshop, den wir besuchen. Zusammen mit 2 Schweizern lernen wir Schokolade herzustellen. Zunächst rösten wir die Kakaobohnen über offenem Feuer, befreien sie von ihrer Schale und zerstoßen sie anschließend im Mörser zu sog. Paste. Nach 2 Stunden Kühlschrank halten wir stolz unsere Tafeln in Händen und können es kaum erwarten, sie zu probieren. Köstlich!
Ein süßes Vernügen Schokolade herzustellen
Da zuviel Süßes bekanntlich dick macht tauschen wir am folgenden Tag den Wagen gegen Räder, um die Halbinsel Asese zu erkunden. Heiß ist´s und staubig. Mehrere Male überholen uns Autos, ein Bus ist auch dabei und wir fühlen uns bald schweißverklebt und eingepudert vom ständig aufwirbelnden Straßenstaub. Nicht nur wir benötigen eine Wäsche nach diesem Ausflug. Ein Blick auf den Landy, als wir wieder im Hotel sind, verrät eindeutig: auch er hat es mal wieder nötig. Also ab in die Autowäsche, die hier immer per Hand erfolgt.

Politur für Landy
Der Bursche, dem wir den Wagen anvertrauen, schaut nicht schlecht, als wir vorfahren. Für den Preis fragt er sicherheitshalber erstmal bei seiner Chefin nach. 50 Cordobas zahlen wir, umgerechnet €1,60. Wir lassen uns in der angrenzenden Kaffeebar nieder und schauen zu, wie sich 3 muchachos um unser Auto kümmern. Der Landy wird großzügig mit Wasser überschüttet, gründlich eingeschäumt, wieder abgespült und zu guter Letzt trockengerubbelt. Nach 30 Minuten blitzt und blinkt der Wagen wie neu, sogar die grüne Farbe ist wieder erkennbar. Natürlich ist es interessant mehr von uns zu erfahren. Schnell füllt sich der Kreis um uns, dem wir bereitwillig Auskunft geben. Die Zuhörerschaft ist inzwischen auf 10 Personen angewachsen, als wir erzählen, dass die Verschiffung des Autos ca. 4 Wochen dauert. Das hat wohl niemand hier vermutet, denn wir ernten ein raunen, begleitet von anerkennendem Pfeifen. Huch, Deutschland ist ja ganz schön weit weg!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen