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Aktueller Standort seit 07. Mai 2011: Wedel und Hamburg, Deutschland

Samstag, 29. Januar 2011

Ploetzlich fehlt mal wieder Strasse


Man soll ja nicht schlecht über seine Gastgeber sprechen, doch auf unserer Tour fehlte nirgends soviel Straße wie in Guatemala. Vor beinahe einem Jahr (Mai 2010) tobte Tief Agata. Jede Menge Erdrutsche waren die Folge, ganze Hänge brachen ab. Unter den Erdmassen verschwanden Straßen und Brücken, was sehr deutlich zu sehen ist auf unserer Fahrt von Antigua nach Panajachel am Atitlán-See. Die Strecke, die wir uns ausgesucht haben, umfasst ca. 70 km, wofür wir ungefähr 5 Stunden benötigen. Die schmale Straße schlängelt sich in Serpentinen durch die Berge. Die Kurven sind teilweise so eng, dass wir die zweite Fahrbahn, wenn vorhanden, benutzen müssen, um die Kurve überhaupt meistern zu können. Dabei laufen wir Gefahr mit entgegenkommenden Autos zusammen zu stoßen. Fast alle Brücken auf unserem Weg haben die starken Regenfälle mit sich gerissen. Immerhin sind die wichtigsten provisorisch neu errichtet worden, so dass wir nicht umdrehen müssen. Sehr deutlich werden Agatas Schäden auf der Fahrt von Chichicastenango (kurz Chichi) nach Quetzaltango (kurz Xela). Die Straße ist an sich sehr gut. vierspurig, der Belag ohne Schlaglöcher, selbst auf die von uns „heißgeliebten“ Topes haben wie hier verzichtet. Trotzdem kommen wir nur langsam voran, denn immer mal wieder fehlt ein Stück Fahrbahn, ist den Abhang hinunter gerutscht oder durch Erdmassen, die sich darauf türmen, unpassierbar. Oft müssen wir, ohne vorherige Ankündigung, die Fahrbahn wechseln und die des Gegenverkehrs mitbenutzen. Der weiß natürlich nichts davon, so dass wir uns mit lautem Gehupe und Lichtzeichen behaupten müssen, oft nur knapp einem Frontalzusammenstoß entkommend. Das Risiko, auf Guatemalas Straßen umzukommen, schätzen wir inzwischen weitaus höher ein als auf offener Straße überfallen zu werden.

Es ist nicht unüblich, plötzlich ohne Straßenbelag auskommen zu müssen. Manchmal fehlt er nämlich komplett, d.h. er ist nicht verschüttet, er ist ganz einfach nicht da oder nicht mehr da. Wir wissen es nicht genau. Möglicherweise fehlte das Geld, die Straße weiter zu teeren. Vielleicht wurde der Belag auch geklaut (so wie viele Gullydeckel, weshalb man in Städten besonders aufmerksam den Gehsteig im Auge behalten sollte), vergessen oder ist ausgegangen. Autofahren in Lateinamerika ist und bleibt eine Aufgabe hoher Konzentration.
Durch die schweren Regenfälle, die Agata mit sich brachte, müssen wir spontan unseren Plan, die heißen Quellen von Georginas zu besuchen, ändern. Die sind nämlich auch durch Erdrutsche unzugänglich und wann sie wieder eröffnet werden ist ungewiss. Schade, denn dort oben wollten wir übernachten. Stattdessen suchen wir eine Tankstelle, wo wir nach Obdach anfragen, was uns sofort gewährt wird. Guatemalteken sind einfach unglaublich hilfsbereit, herzlich und freundlich. Sie schlagen einem kaum jemals eine Bitte ab und wenn sie selbst nicht helfen können kennen sie garantiert jemanden, der es kann. Zumindest ist das Bemühen da. Guatemala ist stets bemüht. Wie das Ergebnis dann ausfällt ist eine andere Sache.



Guatemala hat ein ernsthaftes Müllproblem, wobei es ein deutliches Nord-Süd-Gefälle gibt. So richtig wilde Müllkippen haben wir nur im Süden des Landes gesehen. In Monterrico, einem kleinen verschlafenen Ort an der Pazifikküste, bot uns die örtliche Polizei den öffentlichen Strand zum Kampieren an. Ein kurzer Blick auf die müllübersäte, schattenlose Fläche genügte und wir entschlossen uns spontan ein Hotel zu beziehen. Dort lernten wir Familie Binet aus Frankreich kennen – Vater, Mutter, 2 Kinder – seit einem Jahr unterwegs sowie 2 Österreicher, mit denen es sich herrlich plaudern ließ und unsere Literaturkiste Zuwachs erhielt. Vielen Dank nochmal an dieser Stelle!





Guatemala verfügt über ein großes Potenzial, leider oft ungenutzt. Die touristischen Highlights sind klasse, was da zwischen liegt ist oft hässlich und wird nicht gepflegt. Das Bemühen nimmt dann stark ab, die Ideen sind einfallsloser und die Menschen einfältig, wie folgender kurzer Dialog, den ich mit einem der Zimmermädchen in unserem Pazifik-Hotel führte, zeigt:

Ich: „ Ich glaube, sie haben vergessen heute unser Zimmer zu reinigen. Könnten Sie das bitte noch machen?“.
Zimmermädchen: „Ja, klar. Soll ich auch die Handtücher austauschen?“
Ich: „ Oh ja, das wäre großartig“.
Zimmermädchen: „Soll ich auch den Boden fegen und wischen?“
Ich, etwas erstaunt über diese Frage: “Gerne“.
Zimmermädchen: “Und was ist mit dem Bad?“
Ich:“ Nun, es wäre prima, wenn sie auch die Dusche, das Waschbecken sowie das Klo reinigen könnten. Nicht zu vergessen den Behälter benutzten Toilettenpapiers zu leeren. Halt alles.“
Zimmermädchen (guckt mich mit großen Augen an, nickt langsam): „???“


Monterrico ist übrigens nicht irgendein Küstenort, sondern einer der touristischsten überhaupt. Das verwundert ein wenig, denn besonders viel zu bieten hat er nicht (vielleicht war das ja mal anders!?). Der Strand wie auch viele Straßen innerorts, sind schmutzig. Einzig die Hauptstraße ist geteert. Die meisten Restaurants und Bars schließen früh, womit 20, 21 Uhr gemeint ist. Hühner und Schweine laufen überall herum, wobei letztere durchaus auch einmal durch die Straßenstände scharwenzeln, in denen Frauen mit Ausblick auf ein paar zusätzliche Quetzales Kleidungsstücke anbieten, an denen zuvor mehrere der Borstentiere neugierig geschnüffelt haben.




Der Ort am schwarzen, weil vulkanischen Sandstrand, ist per Sandpiste erreichbar oder per Fähre, wobei Fähre an sich etwas übertrieben ist. Man betet ziemlich viel, wenn man sie benutzt.
Einen wirkliches Naturerlebnis bietet Monterrico dann aber doch noch: in der örtlichen Station zum Schutz der Meeresschildkröten kann man gegen ein paar Quetzales Pate der frischgeschlüpften Kröten werden und sie behütet vor allerlei Räubern eigenhändig in die Freiheit entlassen.


Wir verlassen Guatemala nach 5 Wochen mit vielen tollen Bilder im Gepäck von Stätten wie Yaxhá oder Antigua, zusammen mit der Erkenntnis, dass hier mehr gehen könnte.

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