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Aktueller Standort seit 07. Mai 2011: Wedel und Hamburg, Deutschland

Donnerstag, 13. Januar 2011

Silvester



Ein Land wie Guatemala ist natürlich nicht einfach nur schön. Unsere „Liebe auf den ersten Blick“ galt – und gilt noch immer – den unverwechselbaren Landschaften und den lieben Menschen. Nach gut 3 Wochen haben wir auch andere Gesichter des Landes kennengelernt: Kinderarbeit, wilde Müllkippen, rücksichtslose Autofahrer, Betrunkene und immer wieder Lärm unterschiedlichster Herkunft. Guatemala ist ein lautes Land, kaum jemand nimmt bei der Lärmerzeugung Rücksicht auf andere. Es vergeht kaum eine Nacht, in der wir nicht geweckt werden. Meist sind es bellende Hunde, die ihrem Job als Wächter nachgehen. Jeder, der Eigentum besitzt, besitzt auch mindestens einen vierbeinigen Aufpasser. Nicht selten sind es gleich 4 oder 5. Zusätzlich zu den bewaffneten zweibeinigen Wächtern, den hohen, oft mit Stacheldraht bewährten Mauern und vergitterten Fenstern versteht sich. In wie weit diese Sicherheitsmaßnahmen notwendig sind hat sich uns bisher nicht vollständig erschlossen. Es kursieren eine Menge Geschichten, die Zeitungen berichten schamlos über allerlei Tötungsdelikte, doch manchmal glauben wir, dass es sich um Paranoia handelt. Wer etwas auf sich hält hat halt einen Guardian, wer noch etwas mehr auf sich hält beschäftigt gleich mehrere Wächter und steckt sie zugleich in eine schicke Uniform. Natürlich darf der Revolver oder besser gleich noch eine Pump Gun dabei nicht fehlen. Eindruck schinden schreckt ja auch schon mal ab.

Das Zelt ist schon zugeklappt. Bloß weg hier!
Wir leiden vielerorts unter der Geräuschkulisse und weil es über Weihnachten und zwischen den Jahren besonders hoch her ging starten wir mit einem ordentlichen Schlafdefizit ins neue Jahr. An eine ausschweifende Silvesterparty war daher gar nicht zu denken. Uns war eher nach Ruhe und Stille, die wir am Izabal See zu finden hofften. Nach langer Suche fanden wir einen lauschigen, idyllischen Stellplatz bei einer Familie direkt am See und gingen auch tatsächlich früh schlafen. Die einzige Geräuschkulisse bildeten die Wellen des Sees. Herrlich. Die Knallerei um Mitternacht in der Nachbarschaft weckte uns jäh, was aber angesichts der Vertreibung der bösen Geister völlig in Ordnung war, so dass wir schnell weiterschliefen. Gevatter Hahn besagter Gastgeberfamilie fand nicht so schnell wieder in den Schlaf zurück und machte ab 3 Uhr morgens durch halbstündliches Gekrähe auf sich aufmerksam. Wie es in der Natur der Dinge liegt stimmte einer nach dem anderen der Hähne der Nachbarn in den nächtlichen Chor mit ein, bis die Reihe wieder an „unserem“ Hahn war. Mehr schlecht als recht verbrachten wir die restlichen Stunden bis zum Morgengrauen und schafften es sogar nochmal kurz einzuschlafen - bis uns Piepstöne weckten. Ich dachte mir sofort, dass es hier um ein schweres Fahrzeug beim Rückwärtsfahren handeln muss und war beeindruckt, dass die Guatemalteken sogar am frühen Neujahrsmorgen arbeiteten.

Doch dem war nicht so. Sage und schreibe drei Busse versuchten unweit des Landys zu parken und rangierten mit laut aufheulendem Motor auf dem Seegrundstück. Als wir schlaftrunken, gerädert und mit noch ganz kleinen Augen um 6 Uhr aus dem Zelt lugten, sahen wir die Überraschung: aus den Bussen strömten gut 120 Menschen fröhlich schwatzend in unsere Richtung. Kaum, dass sie das Seeufer komplett erreicht hatten, wurden Tische und Bänke angeschleppt sowie Picknickdecken rund um unseren Wagen am Seeufer ausgebreitet. Essen wurde ausgepackt, Kaffee ausgeschenkt und die ersten Kinder trugen bereits Badesachen. Völlig verdattert über diese Invasion die mit einer Annektierung „unseres“ Stellplatzes einherging, zogen wir uns zunächst unsere Schlafsäcke über den Kopf und glaubten zu träumen. Wir waren echt fassungslos. Die schwer erhaltene Ruhe und Stille fanden ein abruptes Ende. Es wurde sogar noch schlimmer: mehrere Jet-Skis und 2 Boote, an denen sogenannte Bananen hingen, kamen angeknattert und noch vor 7 Uhr morgens fanden sich bereits genügend Personen, die einen Ritt auf den Wellen wagen wollten, der dann unter lautem Gekreische der Teilnehmer stattfand. Auch die ersten Souvenirverkäufer fanden ihren Weg zu uns sowie Verkäufer für Schwimmhilfen, Picknickdecken und Hängematten (fast hätte der Landy sogar zur Befestigung einer hamaca herhalten müssen). Als schließlich noch Feuerholz, wohl für die ersten Grillstellen, im Morgengrauen herangetragen wurde, gaben wir auf... Alles in allem war es also kein ruhiges Silvester, so wie wir es geplant hatten.

 
 
 
P.S. Bei den Ausflüglern handelte es sich um Einwohner von Guatemala City. Sie waren bereits um 01.00 Uhr nachts aufgebrochen, um einen freien Tag fernab der Stadt zu verbringen.

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