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Donnerstag, 2. September 2010

Grand Canyon

Der Grand Canyon überraschte nicht nur als Naturwunder, hier hatten wir auch außergewöhnliche Begegnungen mit der Tierwelt sowie mit Gleichgesinnten, die sich dem gleichen Unterfangen „lange Reise“ stellen wie wir.

Da es in diesem Sommer in Arizona ungewöhnlich oft geregnet hat holten wir uns im Visitor Center einen Road Report. Dieser gibt Auskunft über die Straßenverhältnisse und tatsächlich waren einige Straßen als nicht passierbar gekennzeichnet. Unser Canyon Besuch sollte nämlich, fern jeglicher Touristenpfade, am East Rim beginnen, weshalb so ein Bericht inkl. Der Wettervorhersage gute Dienste leisten kann. Der East Rim ist so gut wie nicht bekannt, wird in keinem Reiseführer erwähnt und wir selbst haben ihn auf einer unserer Karten zufällig gefunden, da der Weg dorthin ebenfalls nicht überall eingezeichnet ist. Fast hätten wir sogar die kleine Abzweigung in House Rock übersehen und mussten ein ganzes Stück zurückfahren, was Fred gar nicht witzig fand. Die Bezeichnung House Rock Wilderness hörte sich auch nicht gerade einladend an und die Piste, die vor uns lag, sah nicht besonders vertrauenerweckend aus. 55 Kilometer und 2 Stunden später, die wir buchstäblich über Stock und Stein zurücklegten, wurden wir nicht nur mit einem grandiosen Blick belohnt, zudem hatte sich durch die Ruckelei eine Schraube des Dachträgers gelöst und im Wagen flog alles herum, was wir nicht sicher verstaut hatten. Der Landy allerdings konnte(endlich) alle seine Vorteile ausspielen und es zeigte sich, dass wir die richtige Wahl mit ihm getroffen hatten, was das Thema offroad betraf. Seine Geländegängigkeit überraschte uns, so gut kamen wir auf der teilweise stark zerklüfteten Straße voran. Ein Wohnmobil oder PKW hätte es nicht geschafft dorthin zu gelangen, wo wir schließlich ankamen.

Da standen wir nun ganz allein am East Rim des sagenhaften Canyon. Und wenn es heißt, dass mit Worten nicht ausgedrückt werden kann, was den Besucher erwartet, so ist das noch untertrieben. Uns trieb es schier die Tränen in die Augen, als wir in den riesigen Schlund der Schlucht blickten und rund 1500m unter uns silbrig der Colorado River im Schein der untergehenden Sonne gemächlich dahinfloss.

Das Wetter meinte es an diesem frühen Abend nicht allzu gut mit uns und unser Vorhaben, am Canyon-Rand zu übernachten, mussten wir wegen Sturmböen und eines aufziehenden Gewitters abbrechen. Erst als wir ca. 2 Kilometer zurück gefahren waren fanden wir Bäume, die so groß waren, dass sie den Landy überragten, so dass wir uns hier einigermaßen sicher vor den Blitzen fühlten. Unser Nachtlager schlugen wir also mal wieder im Wageninneren auf, wo wir uns nach Sonnenuntergang fröstelnd in die Schlafsäcke kuschelten. Der kommende Morgen erwartete uns mit strahlend blauem Himmel und Sonnenschein sowie einem lauten brummenden Geräusch, wobei wir sogleich an eine Hummel ungewöhnlichen Ausmaßes dachten. Die Monsterhummel entpuppte sich bei genauerer Betrachtung als grünlich schimmernder Kolibri, der neugierig durchs Moskitonetz zu uns ins Zelt lugte. Im Vergleich dazu war das Schnauben, das ich auf meinem Weg in die Büsche vernahm, beunruhigend. Wir wussten, dass hier Büffelgebiet war, weshalb es durchaus sein konnte, das sich welche in der Nähe aufhielten. Vielleicht war es auch nur das schnauben der Wildpferde, die wir am Tag zuvor gesehen hatten und die etwas menschliche Nähe suchten. Was auch immer es gewesen sein mag: ich wollte es gar nicht so genau wissen.

Langsam packten wir unseren Kram zusammen und ruckelten auf der Schotterpiste zurück zum Highway, der uns zum North Rim bringen sollte. Bei der Einfahrt in den Grand Canyon National Park die zweite tierische Überraschung: eine Büffelherde graste auf einer Wiese, die sich direkt an der Hauptstraße befand!

Auch am North Rim war es sehr windig. Die Böen waren z.T. So stark, dass wir große Mühe hatten zum Bright Angel Point zu kommen, wie der Aussichtspunkt hier heißt. Wir mussten ziemlich gegen die sich immer wieder drehenden Winde ankämpfen und der schmale Weg ist teilweise nicht gesichert. Der Ausblick hier: ebenso sagenhaft und mit Worten nicht zu beschreiben. Die Nacht verbringen wir im Kaibab National Forest, suchen uns eine ebene Stelle und verkriechen uns auch hier schnell in unsere Schlafsäcke, weil es nach Sonnenuntergang rasch abkühlt. Bei sternenklarem Himmel und 2500m Höhe sinken die Nachttemperaturen auf 4 Grad ab. Der starke Wind hält die ganze Nacht über an, zwrrt derart an den Zeltwänden, dass wir einige Male aus dem Schlaf hochschrecken. Außerdem glaubt Fred ein Knurren wahrzunehmen und sich nicht sicher, ob mein Magen knurrt oder ein Bär ums Auto schleicht. Da ich nicht hungrig ins Bett gegangen war kann das Knurren nicht von meinem Magen kommen. Soviel ist mal sicher!

Fred, der sich gar satt sehen kann und mehr oder weniger jeden Stein fotografiert, will nun auch noch zum South Rim, wo wir pünktlich zum Sonnenuntergang am Desert View eintreffen und sich der Canyon glutrot von seiner besten Seite zeigt. Auf dem benachbarten Campground finden wir ein lauschiges Plätzchen für 12 Dollar, machen die Bekanntschaft mit einem Hirsch, der an unserer site vorbeizieht, einem Italiener, der den Landy von allen Seiten ablichtet und dabei mantraähnlich „bellisimo“ vor sich murmelt und lernen zudem Jutta und Volker kennen, die ebenfalls eine einjährige Auszeit nehmen. Die beiden sind seit 7 Wochen mit Mietwagen und Zelt unterwegs und werden bald nach Hause zurückfliegen, um dort zu überlegen, wie sie den Rest ihres Sabbatical verbringen wollen. Fred und ich fahren sämtliche Ausflugspunkte, die am South Rim bestehen, ab. Zunächst mit dem Landy, später mit dem kostenlosen Shuttlebus und unternehmen zudem eine kleine Wanderung auf dem Grandview Trail. Ist der Ausblick vom Rand schon großartig, so verändert sich die Perspektive wenn man selbst in den Canyon hinabsteigt mit jedem Meter und erst dann, wenn man sich wirklich dort drin befindet, wird einem das ganze Ausmaß erst so richtig bewusst. Zumindest ist es mir so ergangen. Innerlich gegen meinen inneren Schweinehund „Höhenangt“ sowie gegen die Vorstellung, einer Klapperschlange oder einem Berglöwen zu begegnen, ankämpfend tasten wir uns langsam vor und gelangen nach einer Stunde zu einem kleinen Plateau. Einer Rattle Snake oder einem Mountain Lion zu begegnen ist übrigens nicht aus der Luft gegriffen. An den Startpunkten der Wanderpfade gibt es immer wieder Hinweisschilder mit Aufschriften wie. „please, respect the rattle snakes privacy“. Adler ziehen ihre Runden über unseren Köpfen und ein Eichhörnchen turnt im Gebüsch. Auch dieser Tag wird zu einem unvergesslichen Erlebnis und findet seine Abrundung in Lutz, einem Dortmunder Motorradfahrer, den wir hier kennenlernen und der auf dem Weg nach Feuerland ist. Noch lange sitzen wir am Abend bei einem kühlen Bierchen zusammen und erzählen uns unsere bisherigen Erlebnisse. Klar, dass wir Lutz zum Frühstück einladen. Mit dem Motorrad ist er mehr als eingeschränkt, was die Mitnahme von Lebensmitteln angeht und es ist kein Wunder, dass er sich über das kalte Feierabendbier ganz besonders gefreut hatte. Wir sind gerade vertieft in eine weitere Reisestory, als uns von der Seite ein Fuchs beäugt, um so rasch, wie er gekommen war, wieder zu verschwinden. Und wieder hatte keiner eine Kamera zur Hand!

Nach drei Tagen Grand Canyon verabschieden wir uns – ohne Plan, wohin wir nun fahren sollen. Am 13. Sept müssen wir aus den USA raus, denn dann läuft die Autoversicherung ab. Doch was wir bis dahin machen wollen, wissen wir nicht. Zum ersten mal studieren wir die Landkarte nach einem Ziel. Orte wie Las Vegas oder Yuma kommen uns in den Sinn und werden aus den unterschiedlichsten Gründen wieder verworfen. Ach, wie schön es doch ist keinen Plan zu haben und den auch noch andauernd  ändern zu können. Schließlich beschließen nach Sedona zu fahren, um dort ein paar Tage zu bleiben. Wir brauchen einmal verlässlichen Internetzugang, um einige Dinge – wie z.B. einen Autoversicherung für Mexiko – erledigen zu können. Mal sehen, wo wir in der Nähe Sedonas landen und mal sehen, ob wir in einem Rutsch dorthin gelangen. Meist ist es ja so, dass uns unterwegs diese kleinen, braunen Schilder am Wegesrand auf eine Sehenswürdigkeit aufmerksam machen und wir kurzerhand einen Halt einlegen, der ursprünglich nicht auf dem Programm stand. Wie schön, dass wir kein Rückflugdatum haben!


6 Kommentare:

  1. Boah, super Fotos!
    Ich bin neidisch...
    Liebe Grüße
    Monika

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  2. Na welch Zufall - auch wir (Eure Bekanntschaft vom Desert View Campground) haben unser Treffen im letzten Eintrag "verarbeitet" ....

    Es war schön, Euch zu treffen und sich über das Geschenk auszutauschen, mal richtig Zeit für sich selber zu haben.

    Wir wünschen Euch noch viel Spaß und tolle Erfahrungen. Be safe und wir freuen uns auf Nachrichten von Euch.

    Jutta und Volker

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  3. Alles Gute Gesundheit und weiterhin gute Reise und noch viele Abendteuer mit den Tierchen :-) wie Monika schon gesagt hat super Fotos ~ wie gemalt... Seit ganz fest umarmt!!! Ich hoffe du hast deinen Gebutstag gut verlebt. Denke an euch!
    Freue mich immer darauf, nach ein paar Tagen die neuen Abendteuer zu lesen. Lieben Gruß
    Michael

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  4. Hallo Michi,
    Toll! Wir freuen uns über so viel Anteilnahme und dass wir unsere Leser "ein Stück weit mit auf die Reise nehmen können".

    LG aus Cottonwwod/Arizona
    Rebecca&Fred

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  5. Hi,
    die Bilder sind wirklich der Hammer und sie erinnern mich an unsere 3-wöchige Reise durch Kalifornien. Auch wir hatten in der Ferne diese dunklen Wolken mit den Regengüssen.
    Liebe Grüße
    Billy

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