Aktueller Standort

Aktueller Standort seit 07. Mai 2011: Wedel und Hamburg, Deutschland

Donnerstag, 2. September 2010

I´m looking for a rider

Vom Lake Powell haben wir bereits berichtet. Haben wir auch erzählt, dass wir fast eine Woche hier waren, weil wir es so schön fanden? Nach den ersten beiden Nächten und ein paar Stunden Regen (in der Wüste!), die wir an der Südspitze des Campgrounds, weit ab aller anderen Camper, verbrachten, waren wir am dritten Tag zu einem Ausflug in die hiesige Geschäftswelt aufgebrochen. Wir sind nun stolze Besitzer einer Safeway Kundenkarte, die uns zu ermäßigten Einkäufen berechtigt. Toll, was? Bei Winn Dixie werden wir auch als Stammkunden geführt. Wundert Euch also nicht, wenn demnächst entsprechende Werbepost bei mir im Briefkasten landet.


Regen am Lake Powell

Zweites Ausflugsziel war der Lower Antelope Canyon.


Lower Antelope Canyon

Er befindet sich, wie so viele Landstriche Arizonas, mitten im Navajo Reservat, das hier auch Navajo Nation genannt wird und darf nur im Rahmen einer Führung besucht werden. Das ist ein klasse Geschäft für die Touranbieter. In Scharen werden Touristen zu den beiden Antelope Canyons gefahren (es gibt den Upper und den Lower) und treten sich vor Ort fast gegenseitig auf die Füße. Das ist etwas ernüchternd, zumal wir extra die – etwas kostspieligere - Fotografentour genommen hatten, um mehr Zeit für Fotos zu haben. Die hatten wir auch. Allerdings auch ebensoviele Mitstreiter, die uns vor der Linse herumliefen. Das Massenaufkommen an Besuchern ist dennoch völlig gerechtfertigt und wer einmal dort war, um sich das Spiel von Licht, Schatten und Farben, den vielen verschiedenen Tönen von gelb über orange, rosa, rot bis hin zu violett gesehen hat, weiß, dass man sich dieses Erlebnis nur unschwer entgehen lassen kann, ja darf. Die Schönheit und die – hoffentlich – schönen Fotos entschädigen für steife Hälse vom permanenten nach oben schauen.

Lower Antelope Canyon


Als wir auf den Campingplatz zurück kamen war unser schöner Platz auf dem weitläufigen Strand, den wir für uns allein hatten, belegt und wir mussten uns anderweitig umtun, was nicht zu unserem Nachteil war, wie sich später herausstellte. Am Abend wehte leise Musik unseres Nachbarn zur Linken herüber. Hauptsächlich alte Frank Sinatra und Dean Martin Schnulzen, dazu das romantische Licht des Lagerfeuers und die spiegelglatte Oberfläche des Lake Powell, die im Schein des zunehmenden Mondes glänzte. Wir beschlossen auf jeden Fall zu verlängern.

An den beiden folgenden Tagen wurden wir mit Songs der Power Flower Zeit musikalisch verwöhnt. Stücke wie California Dreamin´ standen auf der Hitliste unseres Nachbarn zur Rechten, der sich sogleich als Sean Mason vorstellte und sich als ungemein cooler Zeitgenosse zeigte. Braungebrannt, nur mit einer Kakhishorts bekleidet, sprach er uns seine Bewunderung für den Landy aus. „The best car that I ever have seen“, lautete sein Kommentar. Sein Kompliment für unsere Goodrich-Reifen fiel nicht minder imposant aus. Er gab uns noch den Tipp für den Grand Canyon Besuch ab St George selbst in die Schlucht reinzufahren. Die Straße runter sei zwar nicht geteert, doch auf jeden Fall sehr gut befahrbar und wir sollten das unbedingt machen. Seine Worte und seine Wegbeschreibung unterstrich er dabei mehrmals mit einem „trust me, trust me“ und malte uns dazu mehrere Kringel auf die Straßenkarte, damit wir ´s auch ja fänden.

Der nächste Besucher ließ nicht lange auf sich warten. Ich hatte mich nach dem Abendbad im See gerade trocken gerubbelt und stand in BH und Unterhose da, um mir noch schnell die Haare zu kämmen, bevor ich ein Kleid anziehen wollte, als sich Michel aus Belgien zu mir gesellte. Behangen mit drei Fotoapparaten stellte er eine Menge Fragen zum Auto und ich kam gar nicht dazu, ihn um etwas Geduld zu bitten, um mich erstmal komplett anzuziehen, so wissbegierig war er. Von Fred war weit und breit nichts zu sehen, weshalb ich mich – seufzend - den Fragen des Belgiers zu Ausstattung und Ausrüstung stellte.

Campen am Lake Powell

Unser Badeaufenthalt am Lake Powell gestaltete sich wunderschön. Wir konnten nach Herzenlust im warmen, klaren Wasser schwimmen, wann immer uns der Sinn danach stand und unser Sonnensegel kam endlich auch einmal zum Einsatz, so dass wir uns über fehlenden Schatten nicht beklagen konnten. Eine leichte Brise sorgte zusätzlich für Kühlung und der Ausblick war abwechslungsreich, denn der See zeigte sich, je nach Tageszeit und Licht, stets von einer anderen Seite: Frühmorgens war er irgendwie blass und wirkte noch genauso verschlafen wie seine Betrachter. Zur Mittagszeit hin zeigten sich die ersten kleinen Unebenheiten auf ihm, von den Booten hervorgerufene Wellen, auf denen am Nachmittag ein paar rotfüßige Enten schaukelten. Ab der Mittagszeit veränderte sich seine blassblaue Vormittagsfarbe in ein intensives Königsblau, das wie hingemalt aussah, so, als habe jemand ein Fässchen Tinte umgeworfen. Am Abend dann, wenn sich die Sonne langsam hinter den Sanddünen zu verstecken begann, schimmerte das Wasser leicht rosa …

Die Felsen, die den Lake Powell umsäumen, veränderten sich ebenfalls. Mal weißlich, mal hellrosa bis hin zu orange. Wir beschlossen, noch ein wenig länger zu bleiben und wollten nun einmal „richtig“ Urlaub machen. Wir waren nämlich auch etwas müde vom wochenlangen Herumfahren und Anschauen. Mal nicht hinterm Steuer sitzen, mal keine Landkarte studieren, mal nicht auf den Weg achten und mal keine Bleibe für die Nacht suchen. Herrlich! Bewaffnet mit einem Buch unterm Arm suchten wir uns jeder ein schattiges Plätzchen und begannen uns in unsere Literatur zu vertiefen. Es dauerte gar nicht lang und wir hörten Motorengeräusche, die bald von dem Geräusch durchdrehender Reifen begleitet wurden. Da hatte sich wohl jemand im Sand festgefahren und wir erfuhren rasch, wer. „Es ist mir zwar schrecklich peinlich, aber haben Sie vielleicht eine Schaufel?“, fragte uns, wie er sich vorstellte, Achim aus Neckarsulm. Er war der Unglücksrabe, der die Fähigkeiten seines Mietwagens sowie seine eigenen überschätzt hatte. Da wir einen Spaten zwar unbedingt zu unserer Ausrüstung zählen sollten, aber noch nicht dazu gekommen waren einen zu kaufen, mussten wir auf Sean verweisen. Gemeinsam wurden wir bei unserem Nachbarn zur Rechten vorstellig, der sich sogleich anbot Hilfe zu leisten. Zunächst drückte er Achim einen riesigen Spaten in die Hand, dann einen kleinen metallenen Stab mit dem Hinweis, doch mal Luft aus den Reifen zu lassen und zu guter Letzt fuhr Sean kurzerhand mit seinem Wagen vor um Achim aus dem Sand zu ziehen. Mit vereinten Kräften – und unter dem nicht enden wollenden Kommentar von Achim´s Frau „habe ich Dir doch gleich gesagt“ - gelang es uns den Wagen freizubekommen. Die Nachmittagsshow war somit vorüber und nach einigen anerkennenden Worten zu unserem Trip zog sich Achim nebst Anhang unter den eigenen Sonnenschirm zurück. Der Urlaub konnte also weitergehen; wir steckten unsere Nasen wieder in die Bücher und tatsächlich verlief der restliche Tag sehr ruhig. Dann und wann hielt zwar ein Boot dicht am Strand und die jeweiligen Bootsführer schossen mal eben schnell ein Foto unseres Autos, aber keiner stieg aus und wollte Details wissen, weshalb wir diesen fast visitors nicht unbedingt Beachtung schenkten.

Für das Abendessen hatten wir uns überbackene Kartoffeln mit Sour Creme ausgedacht und ich war gerade dabei, Coleman „einzuheizen“, als ein Pick-up vorfuhr. Ein etwa 15jähriger Junge lehnte nonchalant am Fensterrahmen und rief mir „I like your car“ entgegen, das ich mit einem „thank you“ quittierte. Das war wohl eine Spur zu freundlich, denn plötzlich hielt der Wagen an und heraussprang eine halbe Familie bestehend aus Vater und zwei Söhnen, die sich schüchtern erkundigten, ob denn auch ein Foto genehm sei. Na klar, warum denn nicht! Da wir tatsächlich hungrig waren „fertigten“ wir die drei relativ zügig ab und ich widmete mich wieder der Essenszubereitung. Just in dem Moment, als Fred unsere Becher mit Wein füllte und ich begann das Essen auf 2 Teller zu verteilen hielt das Ranger-Auto an. Darin befanden sich Joe und George, die Nachtwachen des Parks (übrigens mit schusssicherer Weste ausgestattet inkl. Pistole im Halfter, Handschellen nebst Gummiknüppel und Pfefferspray). Beide strahlten uns und den Landy nur so an und versicherten uns, noch nie ein so cooles Auto gesehen zu haben und ob sie es sich etwas genauer anschauen dürften. Ich schaufelte alles, was sich bereits auf den Tellern befand, in die Pfanne zurück, drehte die Flamme auf ganz klein und forderte die beiden auf auszusteigen. Beide waren schwer begeistert und nahmen jedes Detail genauestens unter die Lupe. Zum Schluss erhielten wir noch ein paar Tipps für den Grand Canyon und Joes eMail-Adresse. Für den Fall, dass wir den Wagen am Ende der Reise verkaufen wollen...


Vollmond am Lake Powell

Fred und ich sprachen noch eine ganze Weile über diese „Landy-Touristen“, die uns hier fast tagtäglich aufsuchen und sich kaum einkriegen vor Enthusiasmus. Sei es die Hausfrau aus Florida, die plötzlich morgens, als wir gerade frühstücken, mitten in der Tür steht, als sei sie zufällig vorbeigekommen und nicht nur neugierige Fragen stellt, sondern sich auch halb ins Auto reinbeugt und wohl am allerliebsten auch noch unsere Sitzbänke und Schränke auseinander nehmen würde um nachzuschauen, was da alles so drin ist oder der Hundebesitzer, der seinen Hund Gassi führt und uns im Vorbeigehen ein „nice car“ zu ruft. Manche Leute sind weniger aufdringlich und schauen „mal so vorbei“, weil sie Lust auf einen Plausch haben, fragen dann aber doch, wieviel Strom die beiden Solarpanels erzeugen und werfen „so nebenbei“ neugierige Blicke ins Wageninnere. Allen gemein ist auf jeden Fall eines: sie begegnen uns mehr als offen und freundlich; immer zu einem small talk aufgelegt und sind immer wieder für Überraschungen gut. Gestern nämlich hielt plötzlich, eine große Staubwolke aufwerfend, ein Buggy neben uns. Als sich der Staub gelegt hatte erblickten wir in einem junggebliebenen Gesicht ein breites Grinsen unter einem Cowboyhut. „I´m looking for a rider“ … Klar, dass ich eine Runde die Dünen rauf und runter mitfuhr.



P.S. Achim war nicht der einzige, dem wir helfen mussten aus dem Sand wieder rauszukommen. Thierry aus Paris ereilte einen Tag später das gleiche Missgeschick. Dabei hatte er ganze Arbeit geleistet und seinen Ford Mustang bis auf den Unterboden in den Sand gesetzt. 2 Stunden waren wir zu dritt beschäftigt, den Wagen auszugraben.

Festgefahren

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen