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Dienstag, 14. September 2010

Glücklich, wer einen Baum findet

Seit heute, 12. September, ist unsere Zeit in den Vereinigten Staaten von Amerika zu Ende und wir haben gegen Mittag erstmals mexikanischen Boden betreten. Ich schreibe bewusst erstmals, denn es gab tatsächlich ein 2. Mal. Wie es dazu gekommen ist erfahrt Ihr im Artikel "Grenzwertig - eine wahre Geschichte".

Unser Resumee zu unserem USA-Besuch lässt sich kurz und knapp in wenige Worte fassen: supergut hat es uns gefallen; wir haben durchweg positive Erfahrungen mit Land und Leuten gemacht und können absolut nichts Negatives berichten. Wir haben nichts vermisst (außer vielleicht ein paar Büchern, Vollkornbrot und einem größeren Monitor für bessere Fotobearbeitung) und haben auch nur wenige Dinge dabei, die wir besser Zuhause gelassen hätten. Den Fön, beispielsweise, habe ich bisher nicht gebraucht und das eine oder andere Paar Socken ist ebenfalls überflüssig. Übrigens ganz so frei, wie sich die USA gerne darstellen, sind sie gar nicht. Das meiste Land ist eingezäunt und es ist ziemlich schwierig, sich abseits von vorgeschriebenen Routen aufzuhalten. Mal eben so im Gebüsch verschwinden geht nicht. Ein Zaum weiß das garantiert zu verhindern, ein Schild oder eine gesetzliche Vorschrift. Das ist schade und nervt irgendwie mit der Zeit.

Das, was wir in den USA gesehen haben, hat Lust auf mehr gemacht. Beim nächsten Mal. Nun möchten wir weiter, haben Lust etwas Neues kennenzulernen. Die Autoversicherung für Mexiko konnten wir erfolgreich abschließen, so dass wir unsere Zelte nun abgebrochen haben. Cottonwood liegt hinter uns und beladen mit einer zusätzlichen Packung Cashewnüssen, die uns unsere Nachbarin Jean zum Abschied mitgab, sind wir vor ein paar Tagen mit gemischten Gefühlen dort losgefahren. Mexiko, so erzählte es uns jeder US-Amerikaner, sei gefährlich! Mord und Totschlag seien an der Tagesordnung und wir sollten um Himmels Willen sehr, sehr gut auf uns aufpassen. Wir haben diese Kommentare zur Kenntnis genommen und sind bereit, uns selbst ein Bild zu machen. Unsere Neugier, wie es denn in Mexiko tatsächlich ist, ist einfach zu groß und gerne schauen wir einmal selbst nach, ob es stimmt, was uns berichtet wird.

Wir fahren zunächst nach Süden, Richtung Phoenix/Arizona. Während wir mit den üblichen 80 km/h auf dem Interstate 17 unterwegs sind und wie immer pausenlos von Trucks und Wohnwagengespannen überholt werden, treten gleich zwei bedeutende Ereignisse ein: wir erreichen den 10.000 gefahrenen Kilometer sowie ein großes Outletcenter, das quasi zum Zwangsstopp verpflichtet: Die Pforten sind weit, sehr weit geöffnet, so dass wir für einen Shoppingaufenthalt anhalten. Zum Glück, denn das in Phoenix ursprünglich angestrebte Arizona Center entpuppt sich als absoluter Flop für eine ausgiebige Einkaufstour; die Stadt selbst gibt sich recht modern, strahlt aber nicht soviel Anziehungskraft auf uns aus, dass wir bleiben wollen. Wir folgen dem Strom der Feierabendpendler aus der Stadt heraus und finden uns ziemlich schnell in der Einöde Arizonas wieder, ganz so, wie es eine unserer Campingplatznachbarinnen in Cottonwood beschrieben hatte: “Glücklich ist derjenige, der hier einen Baum findet“. Genau dort, in einem Ort namens Gila Bend, finden Fred und ich Quartier für die Nacht und wären am kommenden Morgen, als die Sonne ein weiteres Mal von einem wolkenlosen, strahlendblauen Himmel scheint, tatsächlich froh, einen Baum zu finden, der uns Schatten spendet. So bleibt uns nur der frühe Weiterzug, um nicht verbrannt zu werden. Der Weg führt uns weiter nach Westen, Richtung Kalifornien wo wir mitten in einer Militärkontrolle landen. Dort fragt man uns, ob wir Obst und Pflanzen dabei hätten, was Fred spontan und unwahrheitsgemäß mit „No“ beantwortet. Wir werden durchgewunken und knabbern genüßlich die vor dem Officer schnell versteckten Weintrauben weiter, können so unseren Weg ohne Probleme fortsetzen und erreichen am Abend Johnson´s Hide-a-Way in Octotillo. „Bei den Palmen links“, lautet die Wegbeschreibung, als wir uns im Old Highway Café nach einem Campingplatz erkundigen. Da ringsum alles platt ist sind die Palmen schnell ausgemacht und wir biegen auf die Campsite ein. Auch hier, außer den besagten Palmen, kein Baum weit und breit. Wir bezahlen 12 Dollar und ich erhalte das Angebot, doch ganz zu bleiben. Der Besitzer scheint mich zu mögen.

Ein frischer, starker Wind weht, als wir in unsere Schlafsäcke kriechen und unter einem imposanten Sternenhimmel in den Schlaf fallen. Der nächste Tag führt uns in eine der heißesten Gegenden in den gesamten USA: Imperial Valley. Wir passieren den südlichen Ausläufer der Anza Borrego Desert und fahren an Schildern vorbei, die für Kühlwassertonnen am Straßenrand werben und darauf hinweisen, die Klimaanlage auszuschalten, um den Motor vor Überhitzung zu schützen. Die Nacht verbringen wir kurz vor San Diego in den Bergen, wo es am Abend empfindlich kühl wird. Wir beobachten Kolibris und müssen uns – wie so oft – von den hier so beliebten Lagerfeuern unserer Campsite-Nachbarn einräuchern lassen. Der State Park, den wir ansteuern, entpuppt sich als Nepp: 30 Dollar ohne Wasser am Platz und kalte Münzduschen. Da waren wir bisher anderes gewöhnt. Schnell packen wir am nächsten Morgen alles zusammen und machen uns auf San Diego zu erkunden. Je näher wir der Stadt kommen desto dichter wird der Verkehr, obendrein agrressiver und die Menschen haben es irgendwie alle viel eiliger als auf dem Land. Erstmals wird uns wegen unserer Langsamkeit aus einem uns überholenden Auto der Stinkefinger gezeigt. „Aha, der Dunstkreis Großstadt macht sich bemerkbar“, denken wir, denn bis San Diego fehlen nur noch rund 40 Meilen. Uns gefällt die Stadt, nicht aber der damit verbundene Stress.

San Diego selbst überrascht uns mit einer herbstlich-kühlen Brise, die unverkennbar nach Meer riecht. Gemütlich schlendern wir auf der Horton Plaza herum, in Seaport Village, durchstreifen das Gaslamp Quarter und werfen einen Blick auf den Flugzeugträger USS Midway, der hier als Museumsschiff vor Anker liegt. Nachdem wir versucht haben in einem Wohnmobil Resort unterzukommen, der Landy sich aber, wie schon in New Orleans, als zu „popelig“ herausgestellt hat, ergattern wir an anderer Stelle eine Site, wo wir unser Zelt ein letztes Mal auf US-amerikanischem Boden öffnen, bevor wir am 12. September zur mexikanischen Grenze fahren.

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