Aktueller Standort

Aktueller Standort seit 07. Mai 2011: Wedel und Hamburg, Deutschland

Donnerstag, 5. Mai 2011

Der Abschied beginnt

Nach vier Tagen Panama City haben wir genug vom Großstadtlärm. Ostern steht vor der Tür und wir wollen ein paar Tage im schönen El Valle de Antón verbringen. Der Ort, auf rund 600 Meter Höhe gelegen, zeichnet sich durch ein sehr mildes, angenehmes Klima aus. Durch die Höhe ist es tagsüber sommerlich warm und nachts gerade so kühl, dass einem erholsamen Schlaf nichts entgegen steht. Der Ort ist niedlich, adrett, sehr gepflegt. Selbst der Rasen am Straßenrand ist gemäht, kein Gitter vor den Fenstern nimmt den Blick, keine hohe Mauer versperrt die Sicht. Hier, im ländlichen Panama, scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Wir parken im Garten der Cabanas Potosi, den wir 2 Tage völlig für uns alleine haben. Sogar eine Hängematte wird extra für uns aufgehängt. Einziger Wermutstropfen: Dusche und Toilette befinden sich im Haus, weshalb wir jedesmal klingeln müssen um sie benutzen zu können. Besonders spät abends ist es uns unangenehm, nämlich dann, wenn uns Hausherr Dennis im Schlafanzug die Tür öffnet. Als es über Ostern zu voll wird (alle Cabanas und Zimmer sind vermietet) siedeln wir in den Garten des Schwagers über. Dort, inmitten eines tropischen Gartens mit Bananenpalmen, vielen Blumen, Mangobäuman und Palmen, dürfen wir bleiben so lange wir wollen.

Die Bäume hängen voller Mangos
Es gibt reichlich Platz für uns, so dass wir die Gelegenheit nutzen, um den Wageninnenraum gründlich auf Vordermann zu bringen. Für die anstehende Verschiffung soll er nämlich picobello sauber sein. Das RoRo-Schiff läuft auf seinem Weg nach Bremerhaven einige US-Häfen an. Die dortigen Behörden sind sehr streng, was Erde, Insekten, Samen etc., die am Wagen kleben und dort zufällig abfallen könnten, betrifft. Bei der Hinverschiffung vor fast einem Jahr hatten wir die Anforderung wohl knapp verfehlt. Auf jeden Fall tauchte auf der Rechnung ein Posten „Soil Treatment“ auf. Der Wagen bekam seinerzeit im Hafen in Florida eine Unterbodenwäsche und der Spaß kostete 100 Dollar extra, Geld, das wir lieber gerne selbst ausgeben. Also legen wir uns mächtig ins Zeug. Mehrere Stunden verbringen wir damit alles aufzuräumen, auszumisten und widmen uns engagiert den Staubschichten in den verwinkelten Ecken, die im Laufe der Tour ins Auto gedrungen sind. Einiges, was wir nicht mehr gebrauchen können, landet ohne Umweg im Müll. Anderes verschenken wir. Jedes Teil, das uns verlässt, erinnert uns daran, dass die Reise bald zu Ende ist. Es tut richtig ein bisschen weh. Ein Abschied auf Raten.

Osterprozession
El Valle selbst ist gar nicht so groß. Rund 7000 Menschen leben hier, jedoch die Grundstücke sind groß, womit sich der Ort sehr weitläufig erstreckt. Wir unternehmen ausgedehnte Spaziergänge zum bemalten Stein, der die Geschichte des Tals erzählt, gehen in den Zoo und genießen die schöne Umgebung von der Hängematte aus. Sogar einen der selten gewordenen goldenen Frösche bekommen wir zu Gesicht. Der täglich stattfindende Markt erweist sich als überschaubar, doch das Angebot ist sehr gut. Nirgends sonst haben wir so knackig-frisches Obst und Gemüse bekommen wie hier. Sogar frisches Basilikum und andere Kräuter finden wir. Das allererste Mal in Lateinamerika. Die Tage vergehen wie im Flug. Wir wundern uns einmal mehr, wie schnell die Zeit vergeht. Uns kommt es gar so vor, als wären wir erst kürzlich zu unserer großen Reise aufgebrochen.

Petroglyphen erzählen die Geschichte des Tals
Nach El Valle zieht es uns an den Strand. Wir machen uns auf nach Santa Clara, wo wir mitten in einer riesigen Strandparty landen. Klar, es ist Ostern, alle feiern. Anders als bei der Prozession am Karfreitag in El Valle geht es hier allerdings laut-fröhlich zu, was uns too much ist. Wir machen gleich wieder kehrt, um bei XS Memories, einem Campingplatz unweit des Strandes, zu übernachten. Als wir uns dem Platz nähern glauben wir unseren Augen nicht zu trauen. Dort stehen 3 Wagen mit deutschen Kennzeichen: Adolf und Jitka aus Regensburg sind mit einem riesigen, zum Camper umgebauten, Möbelwagen unterwegs. Die blau-weißen bayerischen Karos, die das Gefährt zieren, leuchten uns schon von weitem entgegen. Gegenüber steht ein, ebenfalls nicht klein zu nennender, Expeditons-Unimog mit Rostocker Kennzeichen. Er gehört Alexander und Christiane. Außerdem findet sich noch ein VW-Campingbus, der uns größenmäßig um einiges sympathischer ist und von Nicole und Martina aus Bergisch Gladbach seit einem Jahr gefahren wird. Wir parken unseren „Floh“, denn so kommt uns der Landy zwischen diesen „Riesen“ vor, genau dazwischen. Einem Deutschen Abend steht nichts im Wege, als wir später alle zusammen sitzen ...

Während die Anderen am nächsten Morgen aufbrechen haben wir noch einiges am Auto zu tun. Hier in Santa Clara sind nun Dachzelt, Solarmodule und Autodach dran geschrubbt zu werden. Wir leihen uns eine Leiter sowie den Gartenschlauch des Campingplatzes und legen los …

El sapo dorado - der selten gewordene Goldfrosch
Am Nachmittag dann beschließen wir nochmals zum Strand zu fahren. Inzwischen ist Ostermontag, der hier kein Feiertag ist, so dass die Partymeute abgereist sein dürfte. Tatsächlich liegt der weite Pazifikstrand ganz ruhig vor uns. Nur Philippe und Sofia, ein französisch-panamesisches Paar, läuft uns über den Weg. Die beiden planen ebenfalls eine längere Reise und campen am Strand gerade auf Probe. Da den Zweien gerade Ihre Küche abgebrannt ist und wir sie nur noch rauchend im Abfalleimer gleichermaßen bewundern wie bedauern können, beschließen wir spontan unsere Gasflasche zu verschenken. Wir können und wollen das große Dinge nicht mitverschiffen. Nun heißt es also auch „Tropigas adiós!“. Ein bewegender Augenblick, denn mit der Gasflasche verlässt uns ein wichtiger Teil unserer Küche und somit ein nicht unerhebliches Ausstattungsmerkmal, das uns sehr viel Unabhängigkeit bescherte. Ohne diese Gasflasche wären wir nicht in der Lage gewesen, uns morgens Kaffee zu kochen, Brot zu rösten oder leckere Nudelgerichte zu zaubern. Es zeigt sich, dass uns während der Reise nicht nur der Wagen ans Herz gewachsen ist... Sollen wir vielleicht doch „Verlängern“? Das ganze Unternehmen noch ausweiten? Kolumbien liegt ja quasi vor der Tür… Solche und ähnliche Gedanken gehen uns durch den Kopf. Einerseits. Andererseits freuen wir uns sehr auf Zuhause. Darauf, alle Freunde, Bekannten und die Familie wieder zu sehen. Es ist klar: wir nehmen mit einem lachenden und einem weinenden Auge Abschied. Und: nach der Reise ist vor der Reise!

Besuch im Garten
Am 27. April haben wir unseren zweiten Termin bei unserer Verschiffungsagentin Evelyn in Panama City. Da wir für den Besuch um 08.00h morgens einen möglichst kurzen Anfahrtsweg haben wollen, reisen wir bereits am Vortag in Arraijan, kurz vor den Toren der Hauptstadt, an. Dort lassen wir den Wagen gründlich von Außen waschen. Besonders in den Radkästen und sicher auch am Unterboden haftet Erde aus nunmehr 8 Ländern. Die muss weg. Wir sprechen ausführlich mit dem Besitzer der Autowäscherei über unser Anliegen und warum es notwendig ist, dass der Wagen nach der Wäsche auch von unten absolut clean sein muss. „Si, si. No Problema“, sagt er. Dazu nickt er eifrig. Noch bevor wir uns in den Warteraum, das Familienwohnzimmer, gesetzt haben, beginnt die Putzaktion. Die Aktion, so haben wir abgesprochen, soll 4 Dollar kosten. Die gründliche Handwäsche, unterstützt durch einen Hochdruckreiniger, dauert 1,5 Stunden und die Dauer überrascht am Ende nicht nur uns. Auch der Autowaschunternehmer hätte nicht gedacht, dass sein fleißiger Mitarbeiter (der das wirklich äußerst gründlich macht) so lange dafür benötigt. Er wittert seine Chance auf ein Zusatzgeschäft und fordert kurzum das Doppelte des vereinbarten Preises. Wäre er halbwegs freundlich mit dieser Nachforderung auf uns zugekommen und hätten wir uns nicht angemacht gefühlt, hätten wir uns sicher irgendwie geeinigt. Doch die Art und Weise, seine neue Preisvorstellung bei uns durchzusetzen, hat das genaue Gegenteil bewirkt, weshalb wir auf den ursprünglich vereinbarten Preis bestehen. Aus dem lauten Wortgefecht gehen wir schließlich als Sieger hervor, diskutieren aber noch lange darüber. Es ist nicht das erste Mal, dass Vereinbarungen einseitig gebrochen wurden, wovon wir ja bereits mehrfach berichtet haben. Es nervt allerdings jedes Mal wieder und die Bereitschaft bei solchen Aktionen nachzugeben und sich einvernehmlich und gütig zu arrangieren hat bei uns sehr nachgelassen.

In Arraijan beziehen wir am Abend Quartier im neu errichteten Hotel Vista Alegre, übrigens der einzigen Herberge weit und breit. Wie der Name treffend verheißt soll man hier freudige Aussichten haben, die sich für uns allerdings als nicht ganz so freudig herausstellen. Neben einem abgebrochenen Zehennagel, den wir zwischen den Laken finden, stellen wir fest, dass der Bettbezug nach Parfum duftet. Nein, es ist kein Ammenmärchen, Bettwäsche wird nicht immer gleich gewechselt.

Trotz der Nähe zum Bürogebäude von Wilhelmsen/Wallenius schaffen wir es am kommenden Morgen nur knapp, pünktlich um 08.00 Uhr bei Evelyn am Besprechungstisch zu sitzen. Die vierspurige Autopista ist knüppeldicke voll. Auto reiht sich an Auto. Wir stecken mitten im allmorgendlichen Berufsverkehr der Pendler. Wir unken und deuten das als eine weitere, uns auf Deutschland vorbereitende, Aktion.

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