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Samstag, 18. Juni 2011

Wie war´s ? - Fazit einer Reise

Wie war´s ? - 28.566 Kilometer und 10 Monate später
 - Fazit einer Reise -

We had a dream …
… denn manchmal kommt es uns so vor, als hätten wir diese 10 Monate in den USA und in Lateinamerika nur geträumt. Die Zeit ist wahnsinnig schnell vergangen. Viel zu schnell für unseren Geschmack.
„Wie war es denn nun?“ fragen uns viele Leute. „Nun, wie war es?“, fragen auch wir uns und haben einmal Resümee gezogen.
Mit vielem hatten wir gerechnet, versucht uns darauf vorzubereiten. Wir dachten an schikanöse Kontrollen durch Polizei oder Militär und wappneten uns innerlich die Korruption nicht zu unterstützen, in brenzligen Situationen möglicherweise aber doch viel Bestechungsgeld zu bezahlen. Wir rechneten mit verunreinigtem Dieselkraftstoff (weshalb wir extra einen Vorfilter einbauen ließen) und sehr, sehr vielen schlechten Straßen, die kaum passierbar sind. Wir dachten an extrem starke Regenfälle, waren innerlich sogar darauf eingestellt überfallen und ausgeraubt zu werden. Nach jedem Stadtrundgang, den wir unternahmen und der Landy „nur“ an der Straße parkte, rechneten wir mit einem eingeschlagenen Fenster. Auch den Super Gau eines geklauten Autos „planten“ wir mit ein, ebenso wie schwere Erkrankungen wie Malaria oder solche, wie sie Schlangenbisse hervorrufen. All dies und noch viel mehr spielten wir Zuhause in Gedanken durch. Alle möglichen und unmöglichen Unwägbarkeiten wurden in unsere Reiseüberlegungen einbezogen und wir versuchten uns so gut es eben ging damit auseinanderzusetzen bzw. uns mental darauf vorzubereiten.
Wir haben viel Gehirnschmalz in den Umbau des Land Rovers und in unsere Ausrüstung gesteckt und waren sehr froh – u.a. - über unsere Solarmodule (machten uns völlig unabhängig von Strom) oder über den Kühlschrank (konnten jederzeit viele leckere Dinge einkaufen und uns über ein kühles Helles am Abend freuen). Alles hat auch bei extremer Belastung gut funktioniert.
Mehrere Reiseführer zu jedem Land haben uns zu den schönsten Orten gebracht, Haken (die fehlen nämlich immer, um etwas aufzuhängen, vor allem in Duschen) hatten wir reichlich eingepackt. Das Dachzelt leistete besonders in den wirklich heißen Gegenden beste Dienste, der Safe gab uns jederzeit ein gutes Gefühl, was Wertsachen und Dokumente anging. Natürlich dürfen an dieser Stelle unsere Schutzengel, die wir von Freunden geschenkt bekommen hatten, nicht unerwähnt bleiben und die sich geradezu vorbildlich um uns gekümmert haben.
Als absolut überflüssig erwies sich Rebecca´s Haarfön, der nicht ein einziges Mal zum Einsatz kam, das Carnet de Passage (kostete nur Geld), die vielen Klamotten (gar nicht nötig; man kann fast überall waschen oder bei Bedarf nachkaufen) sowie der oben schon erwähnte Diesel-Vorfilter (obwohl er sicherlich auch nicht geschadet hat).
Eine Sache jedoch hatten wir nicht bedacht: Müdigkeit. Sie entsteht zum einen durch die vielen, vielen Eindrücke die das Reisen von einem Ort zum anderen mit sich bringt. Abends todmüde ins Bett zu fallen ist keine Seltenheit. Das Fahren auf, zwar nicht extrem schlechten Straßen, doch immerhin nicht so guten, verlangt hohe Konzentration vom Fahrer. Auch das Navigieren mit dem handelsüblichen Kartenmaterial ist nicht ohne (falls man überhaupt welches erhält). Hinzu kommt, dass ja immer alles neu ist, sogar die Sortierung in den Supermärkten ist immer anders und manchmal mehr als verblüffend (die 6er Packung Eier neben den Damenbinden, die 12er Packung hingegen bei den Schreibheften. Ist doch logisch!?). Alles muss irgendwie gesucht werden. Die Kommunikation in einer fremden Sprache strengt an sowie der ständige Gedanke an die Sicherheit, bzw. an einen sicheren Stellplatz für die Nacht. Zum anderen kommt die Müdigkeit aber auch durch die enorm hohe Geräuschkulisse, der man tagtäglich, schlimmer noch, nächtens, ausgesetzt ist. Die mittelamerikanischen Länder gelten allgemein als unsicher, auch bei der eigenen Bevölkerung. Wer Eigentum besitzt besitzt daher auch einen vierbeinigen Wächter (am besten gleich mehrere), dessen Job es ist nachts bei dem kleinsten Geräusch anzuschlagen. Meist reizt das die vierbeinigen Kollegen der Nachbarn ebenfalls in den Kläff-Chor mit einzufallen. Trotz Ohrstöpsel 4-5 Mal nachts durch wildes Hundegebell geweckt zu werden ist daher fast normal und hat sich erst in Costa Rica gebessert. Da gibt es nämlich nicht so viele Hunde. Andere Lärmquellen sind krähende Hähne, laufende Motoren, Musik, Esel, Vögel oder christliche Predigten, die nächtens über den Radioäther geschickt werden und mancherorts das halbe Dorf beschallen. Wir hatten keinen blassen Deut von diesen Geräuschquellen und haben manchmal einen vermeintlich guten Schlafplatz wieder verlassen, als wir die Wache schiebenden Haustiere des Gastgebers wahrnahmen. „Bloß schnell weg hier, das könnte laut werden!“
Sicherheit ist ein zentrales Thema, wir hatten es ständig im Hinterkopf. Eine Regel besagt dort zu parken/nächtigen, wo viel „movimiento“ herrscht. Wir haben das oft beherzigt und sind gut damit gefahren.
Für viele Menschen bedeutet Reisen Freiheit. Das zu tun, was man am liebsten möchte, 24 Stunden am Tag, rund um die Uhr. Sich hierhin begeben, dort verweilen. Ohne Zeitdruck, ohne Plan oder sonstige Beschränkung. Die viel gerühmte Freiheit kennt dennoch Grenzen, und zwar genau dort, wo es um das Thema Sicherheit geht. Oft ist es nicht ratsam, dort zu campen, wo es einem gefällt. Der einsame Strand ist zwar sehr reizvoll, doch eben einsam. Was oft genug bleibt ist der Hinterhof, der Parkplatz vor einem Restaurant oder auch der Fahrbahnrand vor einer Polizeiwache. Recht nett sind die Pemex-Tankstellen in Mexiko, aber auch die sind eben nicht paradiesisch schön.
In Honduras werden sogar Getränketransporte von bewaffneten Wächtern bewacht und vor jedem noch so kleinen (Dorf-)Supermarkt sieht man welche, mit der Pumpgun, die lässig am Arm schaukelt. Das stimmt nachdenklich. Hauptstraßen wird daher schon mal der Vorzug vor Nebenstraßen gegeben, bewohnte Gebiete sucht man eher auf als abgelegene Parks und man verzichtet idR darauf „irgendwo“ sein Nachtlager aufzustellen. Findet man gar nichts, kann man getrost bei Einheimischen anfragen. Latinos sind unglaublich hilfsbereit und haben für menschliche Bedürfnisse immer Verständnis.
Viele nannten bzw. nennen unser Vorhaben mutig. Wir selbst finden das bisweilen auch, vor allem, wenn man die Zeitung aufschlägt. Die ersten 5-10 Seiten berichten von Mord, Totschlag, sonstigen Tötungsdelikten oder Katastrophen jeglicher Art. Und das jeden Tag. Da wird einem, sehr bunt und deutlich, vor Augen geführt, dass Lateinamerika nicht gerade zu den friedlichsten Gegenden des Erdballs gehört. Kriminalität, Drogenbanden und Jugendgangs, die sog. Maras, treiben ihr Unwesen. Auch tagsüber waren wir auf der Hut und immer vorsichtig, was Hab und Gut angeht.
Mutig ist es natürlich auch den Job zu kündigen und damit „sicheres“ Terrain zu verlassen sowie eine „sichere“ Zukunft aufzugeben. Da können wir nur mit einem Zitat aufwarten der Lonely Planet Gründer Tony und Maureen Wheeler:

 „All you´ve got to do is decide to go and the hardest part is over. So go!“
Natürlich wissen wir, dass in Lateinamerika viel Armut herrscht, Kinder arbeiten müssen, Staatsdiener zu den korruptesten Personen des Landes gehören und Kriminalität oder Drogenhandel eine einfachere Möglichkeit des Geldverdienens bieten als eine Arbeitsstelle. Trotzdem erschüttert es, wenn man es mit eigenen Augen sieht – und das fast tagtäglich.
Irgendwo haben wir gelesen, dass es mutig ist, die Situation nicht zu ignorieren, denn dann findet eine Auseinandersetzung damit statt. Manchmal kann, ja möchte man es aber auch nicht mehr sehen und mitkriegen. Das hat nichts mit Verdrängen zu tun, eher mit der Erkenntnis: Wir können hier nichts retten oder verändern, so bitter das auch sein mag. Auf unsere bescheidene Art nahmen wir immer wieder Kontakt zu den Menschen auf, grüßten, lächelten, interessierten uns. Von vielen wurde das honoriert und Wellen großer Herzlichkeit, aber auch Dankbarkeit, dass wir uns auf den Weg gemacht haben die Heimatländer dieser Leute zu besuchen, schlug uns entgegen. Befremdlich hingegen waren die Begegnungen mit Latinos, die uns auf das Dritte Reich ansprachen, in Hitler einen Gutmenschen sahen und einmal ist es uns sogar passiert, dass wir mit dem Hitlergruß begrüßt wurden. Auch damit muss man irgendwie umgehen.
Ein guatemaltekischer Taxifahrer bezeichnete das Leben in der Hauptstadt als extrem hart und ungerecht. Als einzige Lösung für die landesweite Misere sieht er ein Wunder Gottes! Es stimmt traurig, dass zu hören, denn sehr wahrscheinlich hat er recht.
Insgesamt betrachtet bedeutet die Reise, wie wir sie gemacht haben, eine Reduktion auf existenzielle Bedürfnisse wie schlafen, essen, sicheres Umfeld. Darum dreht sich der Tag, natürlich neben dem Erfahren und Besichtigen unendlich schöner Landschaften, Städte oder Kulturdenkmäler. Mit dem Finden eines Stellplatzes vergeht mitunter viel Zeit. Kurz gesagt: man sorgt für sich, sorgt dafür, dass man sich dort, wo man sich befindet, wohl fühlt! Und hat genau damit eine Menge zu tun.
Der Lebensrhythmus in den zentralamerikanischen Ländern ist anders. Der Tag beginnt mit Sonnenaufgang bzw. kurz davor. Die Menschen stehen, zumindest auf dem Land, oft gegen 4, 5 Uhr morgens auf. Sobald es dunkel geworden ist gehen sie zu Bett. Wir selbst haben uns nie ganz an diesen Rhythmus gewöhnt und nach wie vor finden wir es schade, wenn abends gegen 6 das Tageslicht buchstäblich ausgeknippst wird.
Das Reisen an sich ist eine oberflächliche Angelegenheit, ein bloßes Anschauen. Wir kratzen nur ein wenig an, was wir eigentlich viel lieber intensiver wahrnehmen würden. Wie lebt es sich dort tatsächlich? Was denken und fühlen die Menschen? Trotz recht guter Spanischkenntnisse ist es nicht leicht mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Vom Smalltalk einmal abgesehen. Vertrauen war notwendig, damit die Leute, die wir trafen, ein wenig aus dem Nähkästchen plauderten. Dazu braucht es Zeit und die ist in der Regel knapp, denn man hat ja ein Ziel. Langsamkeit zu entdecken, zu „entschleunigen“ und dem Motto „weniger ist mehr“ zu folgen fällt bisweilen schwer. Es gibt ja so vieles zu sehen, zu erfahren, zu entdecken. Bei vielen Orten wussten wir, dass wir sie nur ein einziges Mal in unserem Leben besuchen würden, nämlich auf dieser Reise. Warum also etwas auslassen, wenn es doch quasi um die Ecke liegt?
Als Tourist, also als jene Person, die sich auf einer Tour, einer Reise in der Fremde befindet, möchte man zwar sehr gerne voll und ganz im Reiseland aufgehen und sich anpassen, doch angesichts z.T. großer Unterschiede zum Gewohnten fällt das gar nicht immer leicht. Wir ertappten uns dabei, dass uns „unser“ Essen doch fehlte. Welcher Mitteleuropäer will schon täglich dreimal Bohnen mit Reis und Maistortillas essen? Wir haben´s – zugegebenermaßen eher kläglich – versucht und sind prompt gescheitert. Froh über ein doch recht gutes Warenangebot haben wir uns nicht gescheut bei großen Supermarktketten einzukaufen. Jedesmal waren wir froh über eine gewisse Produktvielfalt, denn kulinarisch hat Lateinamerika nicht wirklich viel zu bieten. Das Angebot an Käse beschränkt sich auf queso amarillo und queso blanco, wobei der Unterschied hauptsächlich optisch besteht und nicht so sehr im Geschmack; nach Käse schmeckt es sowieso nicht wirklich. Auf manchen Verpackungen wird sogar ein Hinweis gegeben, wie Käse zu gebrauchen ist.
Die Latino-Küche ist eher fantasielos und unterscheidet sich im gesamten mittelamerikanischen Raum kaum voneinander. Willkommen sind daher auch touristische Orte, denn die Infrastruktur dort ist einfach unschlagbar gut im Vergleich zu den weniger touristischen Gegenden. Wir sagen daher gerne good-bye zu Bimbo-Brot. Eine völlige Adaption fand also nicht statt, was uns zunächst bekümmerte, da das Reiseerlebnis, wie wir anfänglich meinten, dadurch geschmälert würde. Nach einigen Monaten on the road aber dachten wir anders, vor allem komfortabler und mit dem nötigen Kleingeld, das für diese importierten Waren unumgänglich ist, leisteten wir uns gerne einige kulinarischen Luxusausflüge. An diesen Stellen stellte sich dann das schlechte Gewissen ein. Während wir schweizer Käse und italienische Salami verzehrten wurde bei den Nachbarn zum Abendessen mal wieder der Tortillateig angerührt.
Trotz vieler Befürchtungen, schlimmer und weniger schlimmer, düsterer Prophezeiungen („Wenn Ihr sterben wollt fahrt nach Mexico“) und Aussagen, wie „El Salvador? Dort herrscht doch Krieg!!!?“ sowie vieler Versuche, uns von unserem Vorhaben abzubringen („Wollt Ihr da wirklich hin?!“, „Wie soll es denn danach weitergehen?!“) haben wir nach kurzer Zeit festgestellt: Reisen ist alles in allem recht easy. Viel einfacher, als wir je selbst gedacht hätten, als uns vorausgesagt wurde oder man versuchte uns weiszumachen. Reisen macht zudem wahnsinnig viel Spaß. Wir haben unglaublich schöne Landschaften gesehen und mehr nette, sympathische Menschen in den letzten 10 Monaten kennen gelernt, mehr als in den vergangenen 10 Jahren. Das vielleicht Beste an einer Auszeit wie dieser: frei von Verpflichtung sein.
Die größte Herausforderung, zumindest für uns, war es nicht, rund um die Uhr zusammen zu sein. Auch nicht sich einen wirklich winzigen Raum zu teilen, sondern die Tatsache, dass immerzu alles neu ist und wir uns ständig in diesem „Neu“ zurechtfinden mussten.
Erwartungen wurden runtergeschraubt. Ein Restfunken blieb natürlich und führte immer mal wieder zu Enttäuschungen.
Unser Herz sehr berührt haben arbeitende u/o bettelnde Kinder. 5, 6 jährige Steppkes, die schwere Eimer Bauschutt schleppen müssen oder sich als Schuhputzer verdingen gehören zum alltäglichen Straßenbild einer jeder größeren Stadt in Lateinamerika. Es schmerzt, das mit anzusehen.
Kinder, die ihre Hände nach uns ausstreckten, weil sie um Geld oder etwas zu essen bettelten. Wie soll man sich da verhalten? Wir konnten das nicht einfach ignorieren. Möglicherweise wurden sie von Älteren geschickt, möglicherweise leideten sie tatsächlich Hunger. Wie sollten wir das herausfinden, wie richtig damit umgehen? Wir haben in solchen Situationen immer spontan entschieden und allenfalls Essen verschenkt, nie jedoch Geld. Doch auch mit solchen kleinen Gesten fühlten wir uns nicht wohl. Die Misere Lateinamerikas – ungerechte Verteilung des Wohlstands – ist damit nicht gelöst, noch kann dies ein Beitrag zur Lösung sein. Fakt ist, dass es unglaublich viele Kinder gibt deren Eltern manchmal selbst noch Kinder sind.
Mit zunehmender Reisedauer wurde es nicht einfacher sich mit den Unterschieden zu daheim zu arrangieren. Im Gegenteil, was beim ersten, zweiten oder dritten Mal noch witzig war strapazierte irgendwann das eigene Empfinden. Die Frage „warum tue ich mir das eigentlich an?“ trat irgendwann auf, wir konnten das gar nicht verhindern (s. auch Artikel „Stille Örtchen...“).
Reisen kann ziemlich anstrengend sein. Auf keinen Fall ist es durchweg Urlaub. Die vielen, vielen schönen Dinge zu sehen entschädigte für so ziemlich alles. Auch, wenn es mitunter richtig Arbeit bedeutete, sie zu erreichen. Irgendjemand hat folgendes gesagt: Reisen ist nicht Urlaub, es ist ein Abenteuer! Wie recht derjenige welche doch hat.
Stichwort Abnutzungserscheinungen. Irgendwann hatten wir „alles“ gesehen. Ein Pferd auf der Straße, ein arbeitendes Kind, die zahnlose junge Frau, der Ochsenkarren, der rauchende Vulkan, die Schlange am Straßenrand … Irgendwann kannten wir das, es war nichts besonderes mehr, wir nahmen es als etwas „alltägliches“ wahr. Der Zauber Reise, die Magie, nahm an dieser Stelle ab. Auch das ist eine Wahrheit, die jetzt zu unserer Erfahrung dazu gehört.
Zum (fast-) Abschluss noch ein paar statistische Daten:
Die Reise wurde innerhalb von 4 Monaten vorbereitet (inkl. Kauf des Landys, Innenausbau, Wohnung unter vermieten ).
Der durchschnittliche Benzin- bzw. Dieselverbrauch lag bei 10 l/100 km.
Der Landy verbrauchte während des gesamten Trips (28.566 km) 3 Liter Öl.
Wir haben nie Bestechungsgeld bezahlt.
Der Liter Diesel kostete, je nach Land, zwischen 0,52 und 0,82 € Cent.
Wir haben ca. 2,5 Liter Autan (o.ä.) verbraucht und schätzungsweise 100 Mückenspirale verbrannt (das hielt die kleinen Blutsauger ab nicht wirklich ab uns zu piesacken).
Wir haben 9 Länder besucht, unzählige Provinzen und noch mehr Orte kennen gelernt.
Die gefahrenen Gesamtkilometer belaufen sich auf exakt 28.566 km, die wir alle mit dem gleichen Satz Reifen gefahren sind ohne auch nur einen einzigen Plattfuß bekommen zu haben.
Wir haben 124 Blogartikel veröffentlicht; wir können über 10.000 Klicks auf den Blog verzeichnen und kehren mit mehr als 20.000 Fotos heim.

Um nun noch einmal auf die Ausgangsfrage „wie war´s?“ zurückzukommen können wir, bei allen kritischen Punkten, immer noch sagen: phantatstisch und absolut empfehlenswert! Es ist unglaublich schön über einen langen Zeitraum Zeit zu haben und das zu tun, wonach einem der Sinn steht. Die Welt, die wir sahen, die Landschaften, die wir besuchten, aber auch die Menschen, die wir trafen haben diese Reise zu einem einzigartigen, unverwechselbaren und in dieser Form nicht wiederholbaren Erlebnis gemacht. Jede Mühe, jeder Staubkorn, der ins Auto gedrungen ist, jede Schweißperle, die sich auf unserer Stirn bildete, hat sich gelohnt.
Es gibt nichts schöneres, als die Welt zu entdecken, zu schauen, zu genießen, aber auch kritisch zu betrachten. Dort, wo es mal nicht so schön war, waren es dann die Menschen, die es angenehm machten, so dass wir feststellten: jeder Ort hat sein eigenes Gesicht, seine eigene Schönheit und ist es wert, besucht zu werden.
Wir können jedem, der sich mit diesem Thema auseinandersetzt nur einen Rat geben: Versuch macht klug!, denn, so heißt es

„man bedauert im Leben nicht das, was man gemacht hat, sondern das, was man nicht gemacht hat“.
 
 
We had a dream …
 
 
Bienvenidos en Alemania, adiós Américas! Wir kommen bestimmt wieder.
 
 
P.S. Inzwischen ist auch der Landy wohlbehalten in Deutschland angekommen :-)


Dienstag, 17. Mai 2011

Goodbye Bimbobrot

Was ist hell, soft, in eine Plastiktüte eingepackt und lässt sich mühelos auf die Hälfte des Volumens zusammenschieben? Es ist ein Brot, genauer gesagt ein Toastbrot. Man bekommt es überall in Lateinamerika, jeder noch so kleine Laden hat es im Sortiment. Man kann es in den Sorten „multigrano“, „integral“ oder „tradicional“ kaufen, es ist immer leicht gesüßt. Das tollste an diesem Brot ist

1. man kann es wirklich überall kaufen
2. es hat eine nahezu unbegrenzte Haltbarkeit
3. es passt in jeden noch so kleinen Schrank (Platz in einem Land Rover ist ja Mangelware), sprich es lässt sich aufgrund seiner soften Konsistenz überall problemlos hineinpressen
4. (wohl die beste Eigenschaft) nach dem Zusammenpressen entfaltet es sich sofort wieder und kehrt in die ursprüngliche Form und Größe zurück, so wie ein Schwamm. Mehr gute Eigenschaften hat es nicht.

Die Rede ist vom Bimbobrot (es heißt wirklich so). Dass das Brot ziemlich labberig ist, muss sicher nicht extra erwähnt werden. Gleich nach dem Rösten ist es zwar knusprig, verliert diese krosse Struktur aber schon nach wenigen Sekunden. Kaum liegt eine geröstete Scheibe des Brots auf dem Teller ist sie auch schon wieder labberig und man könnte sie glatt noch einmal toasten. Der einzige Unterschied zwischen einer gerösteten und einer ungerösteten Scheibe ist somit die Farbe. Bimbobrot hat uns die letzten 8 Monate begleitet, denn anderes Brot gibt es meistens nicht zu kaufen in Lateinamerika. Man kann sich vorstellen, dass wir uns sehr auf ein saftiges Vollkornbrot freuen, wenn wir wieder deutschen Boden unter den Füßen haben. Goodbye Bimbobrot!

Mmh, lecker, pan integral der Firma Bimbo
Für das Belegen einer Scheibe Bimbobrot stehen sowohl einheimische als auch importierte Leckereien wie Mortadella, Salami oder Käse zur Verfügung. Importierte Waren sind extrem teuer. Aber eben auch extrem lecker, verglichen mit lokalem Käse oder Aufschnitt. Die nationalen Sorten sind günstig, die Qual der Wahl stellt sich meist nicht, denn allzugroß ist die Auswahl selten. Beispiel Käse: es gibt weißen und gelben Käse, der sich nur in der Farbe, nicht jedoch im Geschmack unterscheidet. Doch das sind eher europäische Kümmernisse. Der Latino isst sowieso viel lieber Tortillas sowie Reis, am liebsten mit Bohnen. Morgens, mittags und abends kommt das auf den Tisch. Es ist günstig und die Menschen sind daran gewöhnt. Seit über 3.000 Jahren. Wer lässt schon gerne von seinen Gewohnheiten? Wir ja auch nicht. Ganz fleischlos leben die Leute allerdings nicht. Am meisten findet sich Hühnchen auf dem Teller, und zwar in allen denkbaren Varianten, wobei pollo frito (frittiert) wohl am verbreitesten ist. Wir werden sicher kaum etwas davon vermissen, freuen uns schon auf die Wurst- und Käsetheke in einem guten deutschen Supermarkt.

Diese Käseverpackung ziert eine Gebrauchsanweisung
Außerdem sagen wir tschüß zu kalten Duschen. Sich unter kaltes Wasser zu stellen kostet – auch nach mehreren Monaten – noch immer Überwindung. Wenn die Außentemperatur entsprechend hoch ist ist das natürlich nicht so schlimm. Doch nicht immer ist es so warm, dass eine kalte Dusche angenehm ist. Okay, oft waren wir einfach froh, überhaupt eine Dusche zu haben.

Wir sagen auch goodbye zu Megaschlaglöchern und freuen uns, dass der Landy ab demnächst geschont wird. Dann müssen wir auch nicht mehr um 18 Uhr Zuhause sein bzw. einen Stellplatz gefunden haben, weil das Licht buchstäblich ausgeknippst wird, sich Dunkelheit über Lateinamerika legt und es extrem gefährlich ist auf den schlechten Straßen zu fahren.

Wir sagen adios zu nächtlichem Hundegekläffe, frühmorgendlichem Hahnenschrei, werden aber sicher die Grillenkonzerte, das Blinken der Leuchtkäfer und das Rauschen der Meeresbrandung vermissen. Nicht vermissen werden wir dagegen die Mücken, gegen die fast kein Kraut gewachsen ist.

So weit der Himmel ...
Besonders gut gefallen haben uns die tollen Landschaften, die wir viel lieber viel öfter zu Fuß erkundet hätten... naja, beim nächsten Mal.

Das Blau des Himmels scheint hier intensiver zu sein. Zumindest kommt es uns so vor. Und mehr als einmal glaubten wir ihn hier viel größer zu erleben als irgend sonst, wo wir bisher waren. Vor allem in den Weiten Arizonas war der Himmel immer sehr beeindruckend.

Bis auf wenige Ausnahmen hatten wir schönes, sonniges Wetter. Ohne es bewusst geplant zu haben, sind wir der Regenzeit quasi immer hinterhergefahren. Zum Glück. So konnten wir unser Setup genau so nutzen, wie wir es uns vorgestellt haben. Sprich wir haben, abgesehen vom Fahren, draußen gelebt. Wir haben soviel Sonne wie noch nie zuvor in unserem Leben gehabt und verabschieden uns schweren Herzens von nahezu einem Jahr Sommer.

Das türkisfarbige Meer der Karibik hat es uns besonders angetan. Es ist unglaublich schön, vor allem, wenn der Strand dazu weiß ist und sich – ganz bilderbuchmäßig – eine Palme darüber neigt.

Die Nationalparks, vor allem in Costa Rica, warten mit einer unglaublichen Tiervielfalt auf, auf die wir uns bei einem nächsten Besuch wieder freuen. Es hat schon was, Affen aus nächster Nähe zu beobachten, Aras um sich herum zu haben oder topflappengroßen, blauen Morphos mit der Kamera hinterherzujagen.

In den vergangenen Monaten haben wir fast ausschließlich in unserem Dachzelt geschlafen. Die Liegefläche beträgt 1,30m x 2,10m ist damit gerade so ausreichend für uns zwei. In den ersten Wochen gab es einige kleine Verteilungskämpfe, bis wir uns an die kleine Liegefläche gewöhnt hatten. Was liegt da näher, als sich auf ein großes Bett zu freuen? Apropos schlafen: Zuhause werden wir in unseren Wohnungen „sicher“ schlafen. Wir müssen keine unangenehmen nächtlichen Überraschungen fürchten, der Geräuschpegel wird um ein vielfaches niedriger sein und uns einen erholsamen Schlaf bereiten.

Ein Jahr Sommer!
Alles in allem haben wir eine tolle Zeit gehabt, die wir auf keinen Fall missen möchten. Dennoch - vielleicht auch gerade wegen all unserer Erlebnisse und Erfahrungen - freuen wir uns nun auf Daheim. Allerdings nicht ohne einen Gedanken an eine Fortsetzung. Irgendwann. Denn: nach der Reise ist schließlich vor der Reise.

Rückverschiffung - Teil 2

Panama City, Büro von Wallenius Wilhelmsen im neuen Business Destrict Panama Pacifico, 08.00h morgens. Der Termin mit unserer Verschiffungsagentin Evelyn steht an. Es wird sozusagen Ernst.

Im Termin mit Evelyn erfahren wir nochmal ganz detailliert, was wir an Dokumenten benötigen und wo wir vorstellig werden müssen, um die notwendigen Papiere für die Verschiffung des Autos zu erhalten.
Zunächst werden jeweils 5 Kopien von Freds Pass und Führerschein gemacht sowie 5 Kopien von der Wilhelmsen-Buchungsbestätigung, dem KFZ-Schein und der temporären Auto-Einfuhr-Erlaubnis, die wir wie in jedem Land, bei der Einreise nach Panama bekommen hatten.
Außerdem händigt uns Evelyn eine Anfahrtskizze für zwei Polizeistellen in Panama City aus, die nacheinander besucht werden müssen, sowie für das Wilhelmsen-Büro in Manzanillo, wo wir uns später mit einem Agenten treffen sollen, der uns durch die Hafen-Prozedur begleiten wird.
Um 09.00 Uhr verabschieden wir uns bei Evelyn, um zur ersten Polizeidienststelle in der Stadt zu fahren. Wir schließen uns der etwas kleiner gewordenen Blechlawine, die weiterhin Richtung City strebt, nochmals an und versuchen uns anhand von Evelyns Anfahrtsskizze durch den Großstadtdschungel zum richtigen Ort zu kämpfen. Fast sind wir schon da, sehen das erste Polizeigebäude bereits vor uns; Fred will rechts abbiegen, als wir durch jähes Hupen, wildes Gestikulieren eines Passanten und einen entgegenkommenden Bus daran gehindert werden. Außerdem hupt ein vollbesetzter Bus hinter uns. Durch Fred´s abruptes Bremsmanöver hätten wir den fast auf der Stoßstange gehabt … Doch hier geht nichts, es ist eine Einbahnstraße und die Leute wollten uns darauf aufmerksam machen. Ein entsprechendes Hinweisschild wäre an dieser Stelle hilfreich gewesen, aber es gibt keins. Wir halten vielleicht 400m weiter an einer Bushaltestelle um zu fragen und müssen eine Schleife drehen, um auf korrekte Art und Weise zum Gebäude der Policia Nacional zu gelangen. Dabei durchqueren wir einen Teil Curundús. Die Dienststelle liegt am Rande dieses Elendsviertels. Bereits Evelyn hatte uns gewarnt, dieses Viertel nicht zu besuchen. Wir sollen auf jeden Fall auf dem Parkplatz der Polizei bleiben. Der sei, im Gegensatz zur roten Zone, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite beginnt, sicher. Anstelle einer Begrüßung bei den Beamten erhalten wir diese Aussage bei unserem Eintreffen im Polizeigebäude nochmals. Sehr beruhigend.
Während eines einstündigen Slots zwischen 10 und 11 Uhr am Vormittag kann man bei dieser Dienststelle eine Ausfuhrgenehmigung für ein KFZ beantragen. Dazu überreicht man einem Revisor einen Satz der zuvor angefertigten Kopien, öffnet die Motorhaube des zu exportierenden Fahrzeugs und erhält nach einem kurzen Blick des Revisors auf Fahrgestell- und Motornummer den Hinweis, dass die hiesige Inspektion abgeschlossen sei und man ab 14 Uhr des gleichen Tages die Genehmigung bei der Dienststelle gegenüber abholen könne. Vorausgesetzt, das Fahrzeug wird freigegeben, was z.B. nicht passiert, wenn die Polizei herausfindet, dass der Wagen in einen Unfall verwickelt ist. Der ganze Vorgang dauert ca. 10 Minuten.
Die Zeit bis 14.00 Uhr verbringen wir auf angenehme Weise in der Albrook Mall. Die liegt nicht weit entfernt, weshalb wir eine zweite Shoppingrunde einlegen. Beladen mit einigen Plastiktüten Neuerstandenem fahren wir gegen 13.30 Uhr zur nächsten Dienststelle, um die Ausfuhrgenehmigung abzuholen. Wir tragen uns in ein Besucherbuch ein und suchen das Secretaria General auf. Dort erwartet man uns nicht gerade, denn ausgerechnet heute ist Hochbetrieb. Ein Autohändler der gleich ein Dutzend Fahrzeuge abwickelt sowie 4 weitere Partien schieben sich in dem Büro hin und her und sind vor uns dran. Vordrängeln ist hier nicht.
Die Sekretärin hat eben angefangen die notwendigen Schriftsätze zu erstellen, als wir kurz vor 14 Uhr eintreffen. Es ist klar, dass es dauert und wir in dem fensterlosen, von Neonlicht beleuchteten Raum einige Zeit verbringen werden. 2 Stunden später, unterschrieben und abgestempelt, halten wir das wichtigste Dokument für unsere Verschiffung in Händen: die polizeiliche Ausfuhrerlaubnis für unser Auto!


Obwohl unser Schiff erst am 03. Mai ablegen soll, werden wir den Wagen bereits am Freitag, dem 29. April abgeben. Das hängt damit zusammen, dass am 01. Mai Feiertag ist. Dieser fällt dieses Jahr auf einen Sonntag, so dass der freie Tag auf Montag, den 02. Mai verschoben wird, d-h. es arbeitet niemand, ergo ist der Wagen nicht abzugeben. Der Gedanke, den Wagen im Hafen abzugeben, macht uns ein wenig nervös. In all der Zeit, in der der Landy uns ein mehr als treuer Begleiter war, er unser Zuhause der vergangenen 10 Monate war, haben wir ihn schließlich schätzen und lieben gelernt. Und nun sollen wir ihn aus der Hand geben. Emotionen kommen in uns auf.
Wir fahren noch am selben Nachmittag Richtung Colon und biegen kurz vorher nach Portobelo und Puerto Lindo ab, denn bis zum 29. haben wir noch 2 Tage Zeit. Dort, an der Karibikküste, haben wir eine Empfehlung für ein Appartement. Die Idee ist, dort auch nach der Autoabgabe noch einige Tage am Karibikstrand zu verbringen, bis unser Flieger nach Deutschland geht. Als wir im Dunkeln ankommen sind wir todmüde, treffen aber ein Lübecker Paar dort wieder, dass wir zuvor in El Valle kennengelernt hatten. Es wird ein feuchtfröhlicher Abend, der für nicht unerhebliches Unwohlsein am kommenden Morgen führt. Das hochpreisige Appartement, das wir nun bei Tageslicht in Augenschein nehmen, sagt uns überhaupt nicht zu. Der Wagen, ebenfalls am Abend nicht zu erkennen gewesen, parkt im Müll und die Bucht, an der sich das Appartement befindet, eignet sich nur bedingt für einen Badeaufenthalt. Darüber können auch in Aussicht gestellte Bootsausflüge nicht hinwegtrösten, denn wir wollen ja gerne ein paar Tage nicht unterwegs sein. Auch der nächstgrößere Ort, Portobelo, übt keine Anziehung auf uns auf. Er ist einfach zu schmuddelig bzw. wirkt ziemlich heruntergekommen und vernachlässigt. Wir sind enttäuscht, denn die letzten Tage wollten wir ja „Urlaub“ machen und es uns gut gehen lassen. Das erscheint uns hier nicht möglich. Noch am frühen Vormittag machen wir uns auf den Weg nach Colon. Dort soll der Wagen morgen abgegeben werden und wir müssen ihn noch leerräumen. Ein Blick in die Hotelempfehlungen des Reiseführers lässt es uns beim Melia Panama Canal versuchen. Das Hotel liegt mitten in der ehemaligen Kanalzone und war Teil des ehemaligen Fort Gullick, einer Militärschule der USA im frühen 20. Jahrhundert. Wir haben nicht nur einen guten Eindruck, im Gegenteil, er ist sehr gut. Genau das, was wir uns vorgestellt hatten: ein schönes Zimmer, ein riesiger Pool in einem Palmengarten ein Luxushotel mit entsprechendem Ambiente, direkt am Ufer des Gatún-Sees. Wir bleiben, finden im Internet sogar eine günstige Rate inkl. Frühstück. Nachdem wir unseren Aufenthalt klar gemacht haben beginnt die große Ausräumaktion des Landys. Alles, was wir nicht mehr benötigen wandert in eine Mülltüte oder wird verschenkt. Sogar unsere blaue Schüssel findet einen Abnehmer. Aufmerksame Blog-Leser wissen welche Schüssel gemeint ist. Nach 4 Stunden räumen ist auch das erledigt und wir gleich mit!


29.04., 07.50h: Start zum Hafen Manzanillo. Die Einfallstraße nach Colon besteht aus 4 Spuren. Jetzt, so früh am Morgen, herrscht eine besondere Einfahrregelung in die Stadt bzw. in die Freihandelszone, denn da wollen fast alle hin: drei Spuren stadteinwärts, eine stadtauswärts. Massen an Autos und Bussen sowie LKW quälen sich über den Asphhalt, um die vielen, vielen Pendler an ihren Arbeitsplatz in der Zona Libre zu bringen. Die Freihandelszone soll inzwischen die größte ihrer Art weltweit sein. Wir fahren an endlosen Hallen vorbei, die die Geschäfte beherbergen. Der Verkehr stockt immer wieder und Evelyns Anfahrtsbeschreibung zum Büro in Manzanillo, wo wir ihren Kollegen Alfredo treffen sollen, der uns bei allen nun anstehenden Gängen begleitet und hilft, entpuppt sich zwar als hilfreich, doch wirklich finden lässt sich das Büro danach nicht. Instinktiv fahren wir dennoch richtig, so dass wir um 08.30h im International Terminal Manzanillo auf dem Parkplatz bei Wilhelmsen stehen, wo wir sogleich alte Bekannte entdecken: rechts von uns parken das bayerische Expeditionsmobil sowie der Unimog aus Warnemünde, die den VW-Bus aus Bergisch Gladbach in ihre Mitte genommen haben.


Während wir noch den Wagen abschließen, kommt die ganze „Combo“, die wir am Ostermontag in Santa Clara kennen gelernt hatten, schon auf uns zu. Auch die 6 geben heute ihre Autos ab. Allerdings geht deren Reise weiter, weshalb wir jetzt zwar zusammen das Fahrzeug abgeben, sich die Wege dann aber, zumindest für uns, trennen. Alle anderen verschiffen nach Cartagena in Kolumbien, um irgendwann in Ushuaia ihr Ziel zu erreichen (später gesellt sich noch ein schweizer Paar dazu, dass ebenfalls nach Cartagena verschifft).
Im Büro von Wilhelmsen werden einige Papiere angefertigt und Kopien erstellt, danach steht ein Besuch in einem anderen Teil des Hafens bei den Kollegen vom Zoll an, genauer der Dienststelle Customs Control Vehicles. Dort sitzen wir in einem klimatisierten Büro. Der Hauptteil unserer Visite besteht aus Warten, während eine Zoll-Mitarbeiterin Dokumente ausstellt, die die Halter der KFZ anschließend abzeichnen müssen. Der im Pass, bei der Einreise nach Panama, eingetragene Wagen wird hier ebenfalls ausgestempelt. Anschließend fahren wir zu einer weiteren Zolldienststelle, um eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 6 USD zu bezahlen. Die Wartezeit hier ist sicher eine Stunde und wir sind alle froh über das weit ausladende, schattenspendende Dach, denn die Sonne brennt inzwischen sehr heiß.
Zurück bei den Autos auf dem Wilhelmsen Parkplatz steht ein neuerlicher Besuch im Wilhelmsen

Büro an um wieder einmal Kopien von den neu erhaltenen Dokumenten zu erstellen. Um diese Fotokopien reicher fahren zum Gate des RoRo-Hafen, dass wir nach ca. 2 Kilometern erreichen. Alle Fahrzeuge stellen sich in Reihe nebeneinander auf. Der Unimog, der VW-Bus, der Landy, der umgebaute Möbelwagen und der Schweizer Pick-Up mit Wohnkabine. Es ist schön, nicht allein hier zu sein. Denn hier werden wir den Landy das erste mal für längere Zeit verlassen! Ein komisches Gefühl. Nicht nur für uns.

Gleich hinter dem Gate werden die Fahrzeuge vom Zoll inspiziert. D.h. alle Klappen und Wohnkabinen inkl. des Dachzeltes, müssen geöffnet werden für die Revision. Zusätzlich schnuppert sich ein Drogenspürhund durch die Reisemobile (der vor ein paar Tagen mit der Erschnüffelung von 10 Kilo Koks ziemlich erfolgreich war, wie wir vom stolzen Hundeführer erfahren). Irgendwann schaut dann noch jemand vorbei, um die Fahrgestellnummern zu überprüfen, den Kilometerzähler zu fotografieren und einen Zettel mit einem Barcode sowie der Verschiffungsdestination an die Windschutzscheibe zu heften. Der Rest der insg. 5 Stunden dauernden Angelegenheit verbringen wir mit Warten und erzählen, nur kurz unterbrochen durch das Einholen von Unterschriften, Fotos machen und Cola besorgen.


Ja, und dann, um 14.00 Uhr, ist es soweit. Wir stecken den Schlüssel ins Türschloss und verabschieden uns von unserem Landy! Unser Wagen tritt seine vorerst letzte Reise an. Am 03. Mai legt das Schiff ab. Wir werfen noch einen letzten Blick auf den Wagen, bevor wir uns mit einem Taxi ins Hotel fahren lassen, um dort die restlichen Tagen auch unserer vorerst letzten Reise zu verbringen.


Donnerstag, 5. Mai 2011

Der Abschied beginnt

Nach vier Tagen Panama City haben wir genug vom Großstadtlärm. Ostern steht vor der Tür und wir wollen ein paar Tage im schönen El Valle de Antón verbringen. Der Ort, auf rund 600 Meter Höhe gelegen, zeichnet sich durch ein sehr mildes, angenehmes Klima aus. Durch die Höhe ist es tagsüber sommerlich warm und nachts gerade so kühl, dass einem erholsamen Schlaf nichts entgegen steht. Der Ort ist niedlich, adrett, sehr gepflegt. Selbst der Rasen am Straßenrand ist gemäht, kein Gitter vor den Fenstern nimmt den Blick, keine hohe Mauer versperrt die Sicht. Hier, im ländlichen Panama, scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Wir parken im Garten der Cabanas Potosi, den wir 2 Tage völlig für uns alleine haben. Sogar eine Hängematte wird extra für uns aufgehängt. Einziger Wermutstropfen: Dusche und Toilette befinden sich im Haus, weshalb wir jedesmal klingeln müssen um sie benutzen zu können. Besonders spät abends ist es uns unangenehm, nämlich dann, wenn uns Hausherr Dennis im Schlafanzug die Tür öffnet. Als es über Ostern zu voll wird (alle Cabanas und Zimmer sind vermietet) siedeln wir in den Garten des Schwagers über. Dort, inmitten eines tropischen Gartens mit Bananenpalmen, vielen Blumen, Mangobäuman und Palmen, dürfen wir bleiben so lange wir wollen.

Die Bäume hängen voller Mangos
Es gibt reichlich Platz für uns, so dass wir die Gelegenheit nutzen, um den Wageninnenraum gründlich auf Vordermann zu bringen. Für die anstehende Verschiffung soll er nämlich picobello sauber sein. Das RoRo-Schiff läuft auf seinem Weg nach Bremerhaven einige US-Häfen an. Die dortigen Behörden sind sehr streng, was Erde, Insekten, Samen etc., die am Wagen kleben und dort zufällig abfallen könnten, betrifft. Bei der Hinverschiffung vor fast einem Jahr hatten wir die Anforderung wohl knapp verfehlt. Auf jeden Fall tauchte auf der Rechnung ein Posten „Soil Treatment“ auf. Der Wagen bekam seinerzeit im Hafen in Florida eine Unterbodenwäsche und der Spaß kostete 100 Dollar extra, Geld, das wir lieber gerne selbst ausgeben. Also legen wir uns mächtig ins Zeug. Mehrere Stunden verbringen wir damit alles aufzuräumen, auszumisten und widmen uns engagiert den Staubschichten in den verwinkelten Ecken, die im Laufe der Tour ins Auto gedrungen sind. Einiges, was wir nicht mehr gebrauchen können, landet ohne Umweg im Müll. Anderes verschenken wir. Jedes Teil, das uns verlässt, erinnert uns daran, dass die Reise bald zu Ende ist. Es tut richtig ein bisschen weh. Ein Abschied auf Raten.

Osterprozession
El Valle selbst ist gar nicht so groß. Rund 7000 Menschen leben hier, jedoch die Grundstücke sind groß, womit sich der Ort sehr weitläufig erstreckt. Wir unternehmen ausgedehnte Spaziergänge zum bemalten Stein, der die Geschichte des Tals erzählt, gehen in den Zoo und genießen die schöne Umgebung von der Hängematte aus. Sogar einen der selten gewordenen goldenen Frösche bekommen wir zu Gesicht. Der täglich stattfindende Markt erweist sich als überschaubar, doch das Angebot ist sehr gut. Nirgends sonst haben wir so knackig-frisches Obst und Gemüse bekommen wie hier. Sogar frisches Basilikum und andere Kräuter finden wir. Das allererste Mal in Lateinamerika. Die Tage vergehen wie im Flug. Wir wundern uns einmal mehr, wie schnell die Zeit vergeht. Uns kommt es gar so vor, als wären wir erst kürzlich zu unserer großen Reise aufgebrochen.

Petroglyphen erzählen die Geschichte des Tals
Nach El Valle zieht es uns an den Strand. Wir machen uns auf nach Santa Clara, wo wir mitten in einer riesigen Strandparty landen. Klar, es ist Ostern, alle feiern. Anders als bei der Prozession am Karfreitag in El Valle geht es hier allerdings laut-fröhlich zu, was uns too much ist. Wir machen gleich wieder kehrt, um bei XS Memories, einem Campingplatz unweit des Strandes, zu übernachten. Als wir uns dem Platz nähern glauben wir unseren Augen nicht zu trauen. Dort stehen 3 Wagen mit deutschen Kennzeichen: Adolf und Jitka aus Regensburg sind mit einem riesigen, zum Camper umgebauten, Möbelwagen unterwegs. Die blau-weißen bayerischen Karos, die das Gefährt zieren, leuchten uns schon von weitem entgegen. Gegenüber steht ein, ebenfalls nicht klein zu nennender, Expeditons-Unimog mit Rostocker Kennzeichen. Er gehört Alexander und Christiane. Außerdem findet sich noch ein VW-Campingbus, der uns größenmäßig um einiges sympathischer ist und von Nicole und Martina aus Bergisch Gladbach seit einem Jahr gefahren wird. Wir parken unseren „Floh“, denn so kommt uns der Landy zwischen diesen „Riesen“ vor, genau dazwischen. Einem Deutschen Abend steht nichts im Wege, als wir später alle zusammen sitzen ...

Während die Anderen am nächsten Morgen aufbrechen haben wir noch einiges am Auto zu tun. Hier in Santa Clara sind nun Dachzelt, Solarmodule und Autodach dran geschrubbt zu werden. Wir leihen uns eine Leiter sowie den Gartenschlauch des Campingplatzes und legen los …

El sapo dorado - der selten gewordene Goldfrosch
Am Nachmittag dann beschließen wir nochmals zum Strand zu fahren. Inzwischen ist Ostermontag, der hier kein Feiertag ist, so dass die Partymeute abgereist sein dürfte. Tatsächlich liegt der weite Pazifikstrand ganz ruhig vor uns. Nur Philippe und Sofia, ein französisch-panamesisches Paar, läuft uns über den Weg. Die beiden planen ebenfalls eine längere Reise und campen am Strand gerade auf Probe. Da den Zweien gerade Ihre Küche abgebrannt ist und wir sie nur noch rauchend im Abfalleimer gleichermaßen bewundern wie bedauern können, beschließen wir spontan unsere Gasflasche zu verschenken. Wir können und wollen das große Dinge nicht mitverschiffen. Nun heißt es also auch „Tropigas adiós!“. Ein bewegender Augenblick, denn mit der Gasflasche verlässt uns ein wichtiger Teil unserer Küche und somit ein nicht unerhebliches Ausstattungsmerkmal, das uns sehr viel Unabhängigkeit bescherte. Ohne diese Gasflasche wären wir nicht in der Lage gewesen, uns morgens Kaffee zu kochen, Brot zu rösten oder leckere Nudelgerichte zu zaubern. Es zeigt sich, dass uns während der Reise nicht nur der Wagen ans Herz gewachsen ist... Sollen wir vielleicht doch „Verlängern“? Das ganze Unternehmen noch ausweiten? Kolumbien liegt ja quasi vor der Tür… Solche und ähnliche Gedanken gehen uns durch den Kopf. Einerseits. Andererseits freuen wir uns sehr auf Zuhause. Darauf, alle Freunde, Bekannten und die Familie wieder zu sehen. Es ist klar: wir nehmen mit einem lachenden und einem weinenden Auge Abschied. Und: nach der Reise ist vor der Reise!

Besuch im Garten
Am 27. April haben wir unseren zweiten Termin bei unserer Verschiffungsagentin Evelyn in Panama City. Da wir für den Besuch um 08.00h morgens einen möglichst kurzen Anfahrtsweg haben wollen, reisen wir bereits am Vortag in Arraijan, kurz vor den Toren der Hauptstadt, an. Dort lassen wir den Wagen gründlich von Außen waschen. Besonders in den Radkästen und sicher auch am Unterboden haftet Erde aus nunmehr 8 Ländern. Die muss weg. Wir sprechen ausführlich mit dem Besitzer der Autowäscherei über unser Anliegen und warum es notwendig ist, dass der Wagen nach der Wäsche auch von unten absolut clean sein muss. „Si, si. No Problema“, sagt er. Dazu nickt er eifrig. Noch bevor wir uns in den Warteraum, das Familienwohnzimmer, gesetzt haben, beginnt die Putzaktion. Die Aktion, so haben wir abgesprochen, soll 4 Dollar kosten. Die gründliche Handwäsche, unterstützt durch einen Hochdruckreiniger, dauert 1,5 Stunden und die Dauer überrascht am Ende nicht nur uns. Auch der Autowaschunternehmer hätte nicht gedacht, dass sein fleißiger Mitarbeiter (der das wirklich äußerst gründlich macht) so lange dafür benötigt. Er wittert seine Chance auf ein Zusatzgeschäft und fordert kurzum das Doppelte des vereinbarten Preises. Wäre er halbwegs freundlich mit dieser Nachforderung auf uns zugekommen und hätten wir uns nicht angemacht gefühlt, hätten wir uns sicher irgendwie geeinigt. Doch die Art und Weise, seine neue Preisvorstellung bei uns durchzusetzen, hat das genaue Gegenteil bewirkt, weshalb wir auf den ursprünglich vereinbarten Preis bestehen. Aus dem lauten Wortgefecht gehen wir schließlich als Sieger hervor, diskutieren aber noch lange darüber. Es ist nicht das erste Mal, dass Vereinbarungen einseitig gebrochen wurden, wovon wir ja bereits mehrfach berichtet haben. Es nervt allerdings jedes Mal wieder und die Bereitschaft bei solchen Aktionen nachzugeben und sich einvernehmlich und gütig zu arrangieren hat bei uns sehr nachgelassen.

In Arraijan beziehen wir am Abend Quartier im neu errichteten Hotel Vista Alegre, übrigens der einzigen Herberge weit und breit. Wie der Name treffend verheißt soll man hier freudige Aussichten haben, die sich für uns allerdings als nicht ganz so freudig herausstellen. Neben einem abgebrochenen Zehennagel, den wir zwischen den Laken finden, stellen wir fest, dass der Bettbezug nach Parfum duftet. Nein, es ist kein Ammenmärchen, Bettwäsche wird nicht immer gleich gewechselt.

Trotz der Nähe zum Bürogebäude von Wilhelmsen/Wallenius schaffen wir es am kommenden Morgen nur knapp, pünktlich um 08.00 Uhr bei Evelyn am Besprechungstisch zu sitzen. Die vierspurige Autopista ist knüppeldicke voll. Auto reiht sich an Auto. Wir stecken mitten im allmorgendlichen Berufsverkehr der Pendler. Wir unken und deuten das als eine weitere, uns auf Deutschland vorbereitende, Aktion.

Dienstag, 3. Mai 2011

Panama City


Mitten im freitäglichen Feierabendverkehr erreichen wir die Hauptstadt Panamas. Es herrscht dichter Verkehr. Wir fahren über die riesige Puente de las Americas und obwohl der Himmel grau ist, es jeden Augenblick zu regnen anzufangen droht, sind wir ganz begeistert über dieses großartige Bauwerk am Pazifik, das sich weit über die Einfahrt des Panamakanals spannt. Der Kanal, der das Land, ja den gesamten amerikanischen Kontinent wie eine Wunde teilt und die Brücke, die beides wie eine riesige Klammer zusammenhält.

Wir stecken im Stau auf unserem Weg zu unserem Quartier, das wir erst noch finden müssen. Vor uns liegt ausgebreitet ein Stadtplan, doch es ist nahezu unmöglich, sich in dem dichten Verkehr und dem Straßenwirrwarr ohne Straßenschilder oder sonstiger Orientierungspunkte zurechtzufinden. Einmal mehr merkt Fred an, dass er eine nächste Reise nur mit einem GPS antreten werde.

Inzwischen hat es zu regnen begonnen; des Himmels Schleusen sind binnen Sekunden mindstens so weit offen wie die Schleusen des Kanals. Das Wasser läuft in Strömen die Straße hinab, was das Vorwärtskommen nicht gerade erleichtert. Wie durch Zufall landen wir dann aber doch dort, wohin wir wollen, nämlich zwischen der Avenida Central Espana und der Avenida Peru. Dort, im Stadtteil Caledonia, befinden sich einige Mittelklasse-Stadthotels. Wir finden ein Zimmer im Hotel Acapulco; der Landy bekommt einen sicheren Stellplatz auf dem Hotelparkplatz, was mindestens genauso wichtig ist wie ein sicherer Schlafplatz für uns. Vom kleinen Balkon aus können wir das laute Treiben auf der Straße beobachten: zwei Autowäscher streiten und meckern sich lautstark an, eine Bordsteinschwalbe flattert vorbei, eine Familie in Festkleidung erscheint und weil auch in der kleinen Straße, an der unser Hotel liegt, starker, aber stockender Verkehr herrscht, ertönt immer wieder Gehupe genervter Autofahrer. Hier sind wir mitten drin. Willkommen in Panama-City.

Wir bemerken viele Polizisten die in unsere Straße patroullieren und sind nicht sicher, ob uns das beruhigen oder eher beunruhigen soll. Die Gegend gilt weder als die beste noch als die schlechteste der Stadt, also scheint sie ganz in Ordnung zu sein. An der Rezeption erhalten wir die Auskunft, dass man nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr weiter als bis zur nächsten Straßenecke zu Fuß gehen soll. Klingt ja „beruhigend“, denken wir uns. Damit ist Panama-City keine Ausnahme, denn in den allermeisten Großstädten anderer lateinamerikanischer Länder verhält es sich ähnlich. Nach Einbruch der Dunkelheit wird’s gefährlich auf den Straßen. Uns stellt sich einmal wieder die Frage, wer eigentlich freiwillig in einem solchen Ort leben möchte. In einer Stadt, in der Taxifahrten ziemlich billig sind, wird generell nur ungern auf einen fahrbaren Untersatz verzichtet, der zudem den Vorteil einer Klimaanlage bietet, was bei dem hiesigen feucht-heißen Wetter durchaus von Vorteil sein kann. Aber natürlich bietet ein Auto auch einen gewissen Schutz vor unliebsame Überraschungen. Sich per Pedes von einem Punkt zum nächsten zu bewegen ist daher meist nicht die Mühe wert und einen Überfall schon mal gar nicht. Als Rebecca am Morgen Brötchen holen will und sich bei einem privaten Wachmann nach einer Bäckerei erkundigt, bietet der sogleich seinen Begleitschutz an und heftet sich an Rebeccas Seite. Ob diese Vorsichtsmaßnahme notwendig ist oder der Mann lediglich an einem kleinen Zusatzverdienst interessiert ist, lässt sich nicht eindeutig sagen. Es ist beides gleichermaßen zu vermuten wie auch sehr wahrscheinlich. Die Warnungen jedenfalls sind deutlich und wer einmal mit dem Taxi in rasendem Tempo (das sei sicherer, heißt es) durch eines der Elendsviertel gefahren wurde, beherzigt das gerne. Dort sieht es aus wie in einem US-Krimi, Spielort Harlem. Brennende Mülltonnen, herumlungernde Jugendliche, heruntergekommene Wohnhäuser, Möbel mitten auf der Straße, Müllhalden … nicht schön. Kein Hauptstädter läuft da freiwillig durch, weshalb auch wir es gar nicht erst versuchen, wenngleich es reizvoll wäre, hier ein paar einzigartige Fotos zu machen.


84 Banden soll die Stadt haben, erzählt uns ein Taxifahrer, der selbst 25 Jahre als Polizist in Panama City tätig war. 10, 11jährige, die mit Tötungsdelikten auffällig wurden, seien nicht so selten, erzählt er uns. Die Regierung kümmere das nicht, meint er. Die sei nur am eigenen Geldbeutel interessiert. Als wir aus dem Taxi aussteigen mahnt er uns noch eindringlich: „lauft in diese Richtung. Auf keinen Fall in die andere“, wobei er auf eine Kirche zeigt. Wer kann, meidet diese roten Zonen, die dem bloßen Augenschein und aus sicherer Distanz schon nicht zum Verweilen einladen. Santa Ana ist so eine Zone. Allerdings nur noch zum Teil. Bis vor wenigen Jahren galt Santa Ana als einer der heruntergekommensten Viertel Panama Citys. Heute zieht sich die Armutsgrenze mitten hindurch. Der eine Teil gehört den Investoren, die den alten Häusern neuen Glanz verleihen. Es wird saniert, restauriert und renoviert was das Zeug hält. Das Ergebnis in „Casco Viejo“, wie der Stadtteil Santa Ana auch genannt wird, kann sich sehen lassen. Das einstige „Alt Panama“ erstrahlt hier in neuem Glanz und lässt das Herz eines jeden Besuchers höher schlagen. Geschmackvoll restaurierte Bausubstanz, niedliche Plätze, Cafés, Restaurants und Bars wechseln sich mit kleinen Läden ab. Da macht es richtig Spaß durchzuschlendern. Die Touristenpolizei grüßt freundlich und passt auf. Wir tauchen ein, bewundern von hier aus Panamas Skyline, die ziemlich einzigartig ist in Lateinamerika. Ein Hochhaus reiht sich ans nächste. Unverwechselbar der US-amerikanische Einfluss, der insbesondere in der ehemaligen Kanalzone seinen Fußabdruck hinterlassen hat. Kein Wunder bei 100jähriger Anwesenheit des „großen Bruders“.


Insgesamt finden wir Panama ziemlich modern. Die Straßen sind wohl die besten, die wir in ganz Lateinamerika fanden. Sie lassen nichts zu wünschen übrig; die Panamericana, die sich wie eine Hauptschlagader durch das Land zieht, ist gar vierspurig.

 
Riesige Shoppingmalls mit großen Restaurantbereichen laden zum Einkaufen ein. Man findet alles. Wir tauchen in die Albrook Mall ein und lassen uns zum Shoppen vom breiten Warenangebot verführen, das sich leisten kann, wer das nötige Kleingeld in der Tasche hat. Und das scheinen ziemlich viele zu sein, wie sich anhand der Käuferscharen ablesen lässt. Wir hätten nicht gedacht, dass eine so große Kaufkraft in Panama vorhanden ist und das bei Preisen, die fast das europäische Niveau erreichen, dabei aber sehr schwanken können. Vergleichen lohnt sich, nicht nur im Boutiquebereich: für das Waschen einer Hose im Hotel werden laut Preisliste 6 Dollar fällig, was wir ziemlich unverschämt finden in einem Land, in dem ein Handwerker 10-12 Dollar am Tag verdient. In der ersten Reinigung, die wir mit unserer Tüte Schmutzwäsche aufsuchen und die schätzungsweise 30 Teile umfasst, werden 0,75 Dollar pro Wäschestück verlangt, was immer noch ein stolzer Preis ist. Bei der dritten Anlaufstelle fragen wir dafür dreimal nach, denn dort will man nur 1,60 Dollar von uns haben, für die ganze Ladung wohlbemerkt. Das ist nun wieder mehr als günstig. Der Wäschereiinhaber weist unseren „Billigeinwand“ von sich. Wir schlagen in den Handel sofort ein, zahlen auch gleich, um am Abholtag nicht doch noch eine Überraschung zu erleben. Die haben wir dann prompt auf unserer Seite, als wir die „Lavanderia Felix“ am Folgetag wieder aufsuchen, um das vollbrachte Waschwerk abzuholen. Die Wäsche befindet sich halb getrocknet in die Tüte gestopft, so dass wir später eine Wäscheleine durch´s Hotelzimmer spannen, um alles nochmal aufzuhängen.


Den Menschen, die hier und andernorts arbeiten, scheint ihr Job allerdings nicht viel Freude zu bereiten. Nirgendwo sonst haben wir so sehr den Eindruck, bei der Arbeit zu stören, wenn wir z.B. einen Laden oder ein Restaurant betreten. Die Angestellten erheben sich widerwillig, mit langem Gesicht, von ihren Stühlen und schlurfen uns entgegen, um dann, ebenso widerwillig, das gewünschte aus den Tiefen des Geschäfts zu holen oder nachzuschauen, ob es da ist. Viele Geschäfte sind nämlich keine Selbstbedienungsläden sondern erinnern eher an einen Tante-Emma-Laden, in dem Tante Emma eben selbst noch losläuft. Hat das Geschäft den gewünschten Artikel und will man ihn bezahlen, ist garantiert gerade das Wechselgeld ausgegangen. Das trägt nicht unbedingt zur Aufheiterung des Mitarbeiters bei, denn nun muss dieser ja los, um Wechselgeld zu besorgen. Man glaubt es kaum, aber auch am späten Nachmittag war man offensichtlich der einzige Kunde, so dass in der Kasse soviel Ebbe herrscht wie schon zur Öffnungszeit am frühen Morgen. Anders lässt sich dieses Phänomen nicht erklären, das uns bereits seit Mexiko begleitet. Geschäfte haben ansonsten fast rund um die Uhr geöffnet. Insofern ist Lateinamerika ein wahres Kundenparadies. Das gilt auch für Samstage oder Sonntage. Nur Feiertage sind den Latinos heilig. Allen voran der 01. Mai, Tag der Arbeit. Und weil der dieses Jahr auf einen Sonntag fällt gibt es zum Ausgleich einen freien Montag. Damit wäre das lange Wochenende dann gerettet. Hat der Mitarbeiter des Geschäfts erfolgreich Wechselgeld besorgen können, wird einem dieses ausgehändigt. Man selbst wird schnell verabschiedet und noch bevor man wieder zur Tür raus ist, lässt sich der Mitarbeiter laut seufzend in einen bereitstehenden Sessel plumpsen. Ganz so, als habe er oder sie gerade Schwerstarbeit verrichtet.

Auch Fragen zu stellen scheint in vielen Geschäften mehr als lästig zu sein, manchmal lassen sie sich allerdings nicht vermeiden. Die Erwartungen auf eine plausible Antwort bereits heruntergeschraubt , bleiben wir oft gänzlich ohne Antwort oder – was eigentlich viel schlimmer ist – erhalten eine falsche, denn ein Latino gibt nicht gern zu, etwas nicht zu wissen. Alle wollen helfen, wobei die Hilfsbereitschaft oft keine Grenzen kennt, so dass man auch mal mit Fehlinformationen konfrontiert wird. Im Falle einer Tour durch den Panamakanal, die wir machen wollen, haben wir allerdings Glück. Wir können die Tour nicht mehr buchen, da wir zu spät dran sind und erhalten an der Hotelrezeption die Empfehlung doch einfach zum Anleger zu fahren und dort direkt vor Abfahrt des Schiffes zu fragen, ob wir mit können. Gesagt getan. Am Samstagmorgen um 07.15h stehen wir an Muelle 19, Amador Causeway und haben Glück. Wir können mitfahren! In den folgenden sechs Stunden fahren wir Boot, bestaunen die Puente de las Americas und die Puente de la Amistad, durchfahren die Schleusen von Miraflores und Pedro Miguel.

Ein tolles Erlebnis, welches in vielen Fotos mündet, von denen wir Euch eine kleine Auswahl zusammengestellt haben.


Am Abend treffen wir Metin und Zehra wieder, das schweizer Paar, das wir aus Monteverde kennen und die uns den Tipp mit Evelyn, der Verschiffungsagentin, gegeben hatten. Wir verabreden uns zum Essen. Es wird ein fröhlicher Abend, bis wir uns verabschieden. Fred und ich fahren am kommenden Tag nach El Valle, um dort Ostern zu verleben, die Schweizer verbringen die restliche Tage ihrer Tour in Panama City, ein Wiedersehen in Europa ist nicht ausgeschlossen.

Rueckverschiffung - Teil 1

Rückblick: Granada, Nicaragua, 06. März. Nur noch zwei Länder – Costa Rica und Panama - liegen auf unserer Reise vor uns. Der Plan, in Panama unser großes lateinamerikanisches Abenteuer zu beenden, wollen wir auf jeden Fall beibehalten. Mitte Mai, so unsere Idee, soll es spätestens zurück gehen. Es wird also langsam Zeit, sich mit dem unvermeidlichen Thema der Rückverschiffung des Landys zu beschäftigen. Ein Thema, das uns nicht wirklich Spaß bereitet, denn mit jedem näheren Gedanken an das Reiseende macht sich auch ein wenig Wehmut breit, kommt die Frage auf: was dann?

Wir haben verlässlichen Internetzugang und beginnen mit einer simplen Recherche im Internet. Stichwörter wie „Autoverschiffung“, „Rückverschiffung“ und „Verschiffung Panama Deutschland“ werden fleißig von uns in die Goggle-Suchmaske eingegeben. Sogar eine Anfrage im Weltreiseforum starten wir, in der Hoffnung, das sich andere Reisende melden, die bereits Erfahrungen mit diesem Thema haben. Außerdem hatten uns andere Traveller einen Kontakt bei Wallenius Wilhelmsen direkt in Panama gegeben, den wir ebenfalls ausprobieren.

Die Trefferliste im Internet ergibt 5 vielversprechende Adressen, die wir via Skype anrufen. Eine Firma erweist sich als Ente, eine andere Agentur, die im Internet mit „Weltweit“ wirbt, verschifft tatsächlich nur zwischen Europa und den USA und bei den restlichen drei erklärt man uns:“ Kein Problem. Das kriegen wir hin!“. Wir machen unsere Angaben (Marke, Baujahr, Höhe, Breite und Länge des Landys, Verschiffungstermin Anfang bis Mitte Mai) und bitten um ein Angebot für eine Verschiffung von Manzanillo nach Hamburg oder Bremerhaven.

Eine Woche verstreicht, ehe wir wieder Internet-Zugang haben. Gespannt öffnen wir unseren Account und sind enttäuscht. Keine der von uns kontaktierten Agenturen hat ein Angebot geschickt. Wir schreiben alle an, um nachzufragen. Das wirkt. Zumindest bei zwei der Kontaktierten. Firma GCT schickt ein All Inclusive Angebot. Außer einem Komplettpreis steht allerdings nichts weiter in dem Mail, was uns ein wenig stutzig macht. In den vergangenen Monaten hatten wir oft unsere liebe Not, den zuvor ausgehandelten Preis bei allerlei Geschäften „durchzusetzen“. Taxifahrern, Hotelbesitzern, Tourveranstaltern oder Autowäschern fällt fast immer etwas ein, um das abgesprochenen Entgelt am Ende doch noch in die Höhe zu treiben. Wir können uns das von einer deutschen Firma eigentlich nicht vorstellen, wollen aber auf Nummer sicher gehen und fragen nach den Details. Wir wollen wissen, ob im genannten „All Inclusive-Preis“ auch alle Hafengebühren hüben wie drüben enthalten sind, Steuern, Gebühren und was immer man auch sonst noch so zu bezahlen hat. Schließlich konnten wir vor knapp einem Jahr bei der Verschiffung des Landys von Deutschland nach Florida ein paar Erfahrungen auf diesem Gebiet sammeln. Die Antwort kommt prompt. Es sei alles drin in der All-In-Offerte - außer der THC (Terminal Handling Charge – was wir hier mit Hafengebühr übersetzen), die sei immer vor Ort zu zahlen, heißt es lapidar. Die Höhe der Hafengebühren für Panama und Deutschland wurde nicht genannt. „Liebe GTC – das ist unseriös!“ Die Hafengebühren in Deutschland sind nämlich nicht unerheblich, wie wir wissen.

Das zweite Angebot erhalten wir kurz nach dem ersten. Absender ist die Firma Wallenius Wilhelmsen bzw. die Person dort, die uns empfohlen wurde. Die Offerte ist für uns nicht verständlich. Sie besteht ausschließlich aus uns nicht verständlichen Daten, Fachchinesisch und Angaben, die offensichtlich Abkürzungen sind. Bloß, wofür stehen die? Wir schreiben direkt zurück und bitten um Erklärung. Wieder verstreichen einige Tage, bis wir erneut Internetzugang haben, doch auf unsere Nachfrage erhalten wir keine Antwort. Wir sind enttäuscht, das hätten wir nicht gedacht, dass einer der größte Autoverschiffer weltweit so agiert. Vielleicht sind wir für Wilhelmsen auch nur ein kleiner Fisch und es gibt kein Interesse an uns.

Um keine Zeit zu verlieren, rufen wir zweimal bei unserem panamesischen Kontaktmann an, stellen konkret unsere Fragen und erhalten teilweise Antworten. Im ersten Gespräch können wir einen Verschiffungstermin für den 03. Mai vereinbaren, woraufhin wir eine Reservierungsbestätigung bekommen. Im zweiten Telefonat wird uns versichert, dass wir alles weitere (Antworten auf unsere Fragen, Ablauf der gesamten Prozedur, notwendige Unterlagen etc.) schriftlich per Mail erhalten. Wir warten, schauen, so oft es geht, in unseren elektronischen Posteingang. Doch Pustekuchen. Da tut sich nichts. Der panamesische Mitarbeiter rührt sich nicht. Um ihn nicht weiter unnötig telefonisch zu strapazieren, wenden wir uns an Wilhelmsen in Bremerhaven. Wir schildern unser „Leid“ und unser dortiger Ansprechpartner erweist sich als wahrer Segen. Er ist äußerst kompetent, zuverlässig und auch noch sehr nett. Leider kann er aus Bremerhaven nur bedingt helfen, denn die Verschiffung unseres Autos von Panama aus muss von seinen Kollegen vor Ort bearbeitet werden.

Bei allen nun folgenden Mails an den zuständigen Sachbearbeiter in Panama setzen wir seinen deutschen Kollegen in Kopie. Damit erreichen wir, dass zumindest auf unsere Mails geantwortet wird, wenn auch die Antwort-Mails immer nur neue Fragen aufwerfen. Mit Unterstützung Bremerhavens können wir schließlich doch die eine oder andere Frage klären. Immerhin steht die Frachtrate schon mal fest, was ja kein unwichtiges Detail ist. Der genannte Preis erscheint uns sogar recht günstig. Insgesamt ist die Kommunikation jedoch äußerst schleppend. Auf unsere Fragen bekommen wir kaum eindeutige Antworten bzw. gar keine. Bald stellen wir fest: so geht das nicht. Es ist nur nervig, die Ergebnisse sind alles andere als zufriedenstellend. Wir haben den Eindruck, dass der panamesische Kollege von Tuten und Blasen keine Ahnung hat bzw. wir mit unserem Anliegen überhaupt nicht ernst genommen werden. Ernste Zweifel regen sich bei uns, ob wir die richtige Agentur ausgewählt haben. Zum Glück ist ja noch ausreichend Zeit, so dass wir unseren Trip erstmal wie geplant fortsetzen. Am 12. März überqueren wir die Grenze nach Costa Rica.

Wir sind schon fast 3 Wochen in Costa Rica, haben eine feste Buchung für das Auto, wissen aber noch immer nicht, wie das genaue Verschiffungsprozedere erfolgt. Unsere Planung für Panama und auch für die Buchung unseres eigenen Rückfluges hängt aber davon ab, wie sich der Prozess detailliert gestaltet. Möglicherweise benötigen wir ja auch noch Unterlagen, die wir gar nicht mit uns führen. Irgendwo hatten wir gehört, dass wir z.B. den original Kaufvertrag vorlegen müssen, um das Auto aus Panama auszuführen.

Der Umstand, nicht regelmäßig über einen Internet-Zugang zu verfügen, vereinfacht die Kommunikation auch nicht gerade. Wir sind sauer, teilweise verunsichert. Unser panamesischer Ansprechpartner hat sich als Luftblase erwiesen. Wir schreiben ihm eine ziemlich gepfefferte Mail, in der wir ihn unter anderem fragen, ob er wirklich glaubt der Richtige für diesen Job zu sein. Wir müssen sicher nicht erwähnen, dass er uns auch hierauf keine Antwort sendet… Was sollen wir tun? Je länger wir warten, desto hektischer und stressiger wird es rechtzeitig alle nötigen Papiere beizubringen und ein Rückflug kommt uns sehr wahrscheinlich teurer als gedacht.

Wir verbringen die letzten Tage in Costa Rica. Am 10. April fahren wir über die Grenze nach Panama und machen erstmal ein paar Tage „frei“ in Boquete. Uns wird klar, dass wir uns einen neuen Agenten suchen müssen. Der, den wir haben, ist nicht in der Lage seinen Job zu machen. Der Preis jedoch ist okay und die Schiffe von Wilhelmsen/Wallenius sind nach unserer Recherche die einzigen RoRo-Schiffe zwischen Panama und Deutschland. Wir beschließen, direkt zu Wallenius in Panama City zu fahren. Wieder einmal kommt uns der Umstand zu Gute unterwegs andere Traveller kennen gelernt zu haben. Ein Schweizer Paar, das wir in Monteverde trafen, will ebenfalls mit Wallenius nach Bremerhaven verschiffen. Wir stehen in regelmäßigem Kontakt zu den Zweien und sie schreiben uns, dass sie mit Evelyn, ihrer Agentin, sehr zufrieden seien. Fred und ich überdenken den ganzen Schriftverkehr der vergangenen Wochen nochmals, doch egal wie wir es drehen oder wenden: unser Agent ist nicht fähig eine organisierte Verschiffung zu garantieren. Wir beschließen, Evelyn kennen zu lernen, machen uns auf den Weg ins rund 400 Kilometer entfernte Panama City und werden direkt bei Evelyn vorstellig. Unser Entschluss erweist sich als gute Entscheidung (mal abgesehen von all den Orten, die wir dadurch im Nordosten des Landes auslassen müssen), Evelyn als Glücksfall, wie sich schon bei unserem Erstbesuch herausstellt. Evelyn ist sehr freundlich, macht einen sehr kompetenten und professionellen Eindruck. Es stellt sich heraus, dass unser bisheriger Agent ausschließlich im operativen Bereich tätig ist. Sein Job ist es, Buchungen zu machen und Reservierungen zu bestätigen, nicht aber Kunden durch den Shippingprozess zu begleiten. Er kann also gar keine Ahnung vom Auto-Verschiffungsprozess haben. Nur: weshalb sagt er uns das nicht?!

Das spontane Gespräch hingegen beseitigt alle unsere Zweifel, ob Wilhelmsen/Wallenius die richtige Reederei für uns ist. Binnen einer Stunde haben wir alle Fragen geklärt!
Erleichtert – und mit einem Folgetermin für den 27.04. - verlassen wir das Büro, um, wo wir nun schon einmal hier sind, einen vorgezogenen Besuch in der Hauptstadt Panamas zu machen.

Wie es weiter geht erfahrt Ihr demnaechst ...

Dienstag, 26. April 2011

Fisch im Überfluss

An unserem ersten Tag in Panama zeigt sich das Land mit dem berühmten Kanal von seiner schönsten Seite: auf unserem Parkplatz des Stundenhotels (siehe „24 Stunden geöffnet“), wo wir letztlich doch eine recht ruhige Nacht verbringen, erwachen wir bei strahlend blauem Himmel und Sonnenschein. Einem ausgedehnten Frühstück, unserem täglichen Morgenritual, steht nichts im Wege. Der Supermarkt, den wir am Vortag besucht hatten, hat uns Köstlichkeiten wie italienische Salami und eine weitere Variante gelben Käses „Cheddar Ahumado“ beschert (neben den gelben Käsesorten gibt es noch weißen Käse, der meistens nach nichts schmeckt, dafür aber beim Kauen quietscht als würde man in ein Stück Gummi beißen). Der gelbe Cheddar Ahumado schmeckt tatsächlich etwas herzhafter als die anderen Sorten gelben Käses, die wir sonst erstehen, weshalb wir ganz zufrieden sind, als wir in unseren ersten panamesischen Tag starten. Und wir starten auch gleich durch, wollen keine Zeit verlieren, denn schließlich haben wir bereits ein Rückverschiffungsdatum (03. Mai) für den Landy sowie den Rückflug (06. Mai) für uns selbst gebucht. Allzuviel Zeit, um das Land zu erkunden und am Ende noch eine Woche „Urlaub“ dranzuhängen bleibt also nicht.


Wir beginnen mit der Besichtigung der Rumfabrik „Carta Vieja“, rund 20 Kilometer von David entfernt. Sowohl wir als auch unserer Guide in dieser kleinen, feinen, traditionsreichen Rum-Destille haben Spaß beim Rundgang durch die Produktionsstätte, in der noch vieles per Hand erledigt wird. Wir bestaunen die vielen, vielen kanadischen Eichenfässer, in denen zunächst Bourbon Whiskey reifen muss, bevor sie mit dem Zuckkerrohrschnaps von Carta Vieja gefüllt werden dürfen, die dann für das tolle Aroma des Rums, besonders des Anejo, sorgen. Eine Note nach tropischen Früchten, Kakao, Tabak und Vanille. Wer hätte gedacht, dass Kanadas Wälder diese Geschmacksnoten hervorbringen können!?. Wir kaufen sofort eine Flasche und selbst Becci, die eigentlich gar keinen Rum mag, ist begeistert.


Die schwüle Hitze in der Küstenregion lässt uns ganz schön schwitzen. Wie gut, dass das nächste Ziel – Boquete - rund 1000 Meter hoch in den Bergen liegt. Wir parken bei der Pension Topas im Garten, wo wir es richtig gut haben. Dem Regen am ersten Abend begegnen wir mit einer zusätzlichen Plane an der Heckklappe und der kühle Wind kann unsere Jacken sowieso nicht durchdringen. Am nächsten Morgen hat sich der Regen gelegt. Der Tag scheint vielversprechend schön zu werden. Einer Wanderung zum Wasserfall San Ramón steht nichts im Wege. Dort nämlich, so sagte man uns, solle es einige Exemplare der sagenumwobenen Quetzales geben. Obwohl wir keine ausgemachten Bird Watcher sind (wir haben nicht mal dran gedacht ein Fernglas mitzunehmen) haben wir schon soviel über diesen Vogel gehört, dass wir nun zu gerne auch mal einen sehen möchten. Das ist schwierig, denn fast gibt es sie nicht mehr. Wegen ihrer schönen, langen Schwanzfedern wurden sie gejagt und die Gier nach dem Federschmuck hat die Populationen an den Rand des Kollapses gebracht.

Wir wandern also erstmal fröhlich los, freuen uns über ein bisschen Bewegung und genießen die schöne Umgebung: die Berghänge sind mit Nebelwald drapiert, es gilt einige Flüsse zu überqueren, Schmetterlinge zu bewundern und Unmengen an bunten Blumen. Das Bergpanorama wird vervollständigt von der Bajo Mono Schlucht und dem Rio Caldera.

Das Klima eignet sich hervorragend für den Anbau von Gemüse; der beste Kaffee des Landes soll von hier kommen.

Am Wasserfall rasten wir für eine Brotzeit, bevor es zurück geht. Wir treffen auf andere Wanderer und fragen sicherheitshalber mal nach, ob die denn den besagten Vogel gesichtet hätten. Haben sie nicht, was wir zähneknirschend zur Kenntnis nehmen. Wir sind also nicht die Einzigen, die kein Glück haben. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er ausgerechnet uns beehren würde. An einer lichten Stelle halten wir nochmal an und spähen in die Bäume. Wie soll man bei all dem Grün – es wächst ja immer alles übereinander – einen kleinen bunten Vogel erkennen? Plötzlich, siehe da, fliegen zwei türkisfarbene Vögel in etwa 50 Meter Entfernung über die Lichtung! Wir sind nicht ganz sicher, denken aber, dass es sich um zwei Quetzales gehandelt haben könnte. Von der Farbe her müsste es hinkommen, nur fehlen die langen Schwanzfedern. Genau in diesem Moment taucht ein dritter auf. Der hat einen langen Schweif; kein Zweifel, es ist ein Quetzal!

Beschwingt von diesem seltenen Erlebnis laufen wir langsam nach Boquete zurück. Obwohl der Tag schon weit vorangeschritten ist können wir uns treiben lassen, müssen uns nicht beeilen, denn die Uhr ist in Panama eine Stunde vorgestellt. Das bedeutet für uns einen sehr begrüßenswerten Zugewinn an Tageslicht.

Gar nicht lange nach unserer Rückkehr von unserer Wanderung fährt ein Motorrad in den Garten der Pension. Unser mittlerweile geübter Kennerblick sieht sofort: das ist ein Traveller. Das Nummernschild ist nicht von hier und es gibt 2 Motorradkoffer aus Aluminium links und rechts der Maschine. Für einen Traveller sieht es sehr aufgeräumt aus, sprich: da ist jemand mit ziemlich wenig Gepäck unterwegs. Dieser jemand ist Luc aus Belgien und er ist nicht der langsamste, hat es in 5 Monaten geschafft von Ägypten bis Kapstadt zu fahren und dann weiter von Buenos Aires nach Panama. Über dieses Abenteuer erhalten wir bei einem gemeinsamen Abendessen in der örtlichen Pizzeria mehr Einblick und können nur sagen: nicht schlecht! (wenngleich wir froh sind, uns mehr Zeit zu nehmen). Daher beschließen wir auch gleich einen Tag dranzuhängen. So bleibt Zeit, Bertram und Nathalie, die in Panama Urlaub machen, von den Vorzügen des Anejo-Rums aus dem Hause Carta Vieja bei einer kleinen Degustation zu überzeugen.

Trotzdem wir erst ein paar Tage im Land von „Fisch im Überfluss“ sind, so lautet nämlich die gängige Übersetzung für Panama aus einer längst vergessenen Indianersprache, gefällt es uns schon ziemlich gut.



Einziger Wermutstropfen: mit der Vorbereitung der Rückverschiffung des Landys geht es nur schleppend voran. Dazu mehr im nächsten Artikel.