Aktueller Standort

Aktueller Standort seit 07. Mai 2011: Wedel und Hamburg, Deutschland

Mittwoch, 23. Februar 2011

La Tigra


Trotzdem wir uns fest vorgenommen hatten die Hauptstädte großräumig zu umfahren müssen wir durch Tegucigalpa einmal quer durch, um unser nächstes Ziel, den Nationalpark La Tigra, zu erreichen. Mangels Ausschilderung und einer wenig detaillierten Karte landen wir allerdings nicht dort, wo wir hin wollen, sondern finden uns am südöstlichen Stadtrand in einer Polizeikontrolle wieder. Bevor die Beamten auch nur ein Wort sagen können starten wir unser Ablenkungsmanöver, breiten großzügig das Kartenmaterial auf dem Lenker aus und fragen nach dem Weg. Es funktioniert. Die Papiere müssen warten, um schließlich durch die vielen Erläuterungen, die wir bekommen, komplett vergessen zu werden. Die Ordnungshüter geben sich sehr viel Mühe. Einer nach dem anderen gibt uns seine Beschreibung zum Besten. Bevor der dritte Beamte an die Reihe kommt und loslegt schwirrt uns schon der Kopf von den vielen „adelantes“, „más derechos“ und „doblas“. Aus reiner Höflichkeit nicken wir irgendwann nur noch und sind froh, als der dritte Polizist nach Stift und Papier fragt. Fortan werden die Beschreibungen durch eine Skizze veranschaulicht, was uns aufatmen und hoffen lässt, den Weg nach La Tigra doch noch zu finden. Der Polizist versichert sich mehrmals bei uns, ob wir auch ja alles verstanden haben, was wir mit eifrigem Nicken bejahen. „Bueno“, sagt er zum Schluss, verabschiedet uns per Handschlag, zückt seine Trillerpfeife, hält den Verkehr an, so dass wir gefahrlos auf der zweispurigen Straße wenden und seiner Zeichnung folgen können.


Die Skizze des Polizisten erweist sich ganze 15 Minuten lang als hilfreich, dann sehen wir uns erneut im dichten Verkehr der Hauptstadt wieder, wo wir abermals nach dem Weg fragen müssen. Einige weitere „más adelantes“ und „doblas“ folgen, dank derer wir schließlich bis zu einem Ort namens Valle de Angeles vordringen, wo laut unserer Karte die Straße endet. Resigniert halten wir an einem Restaurant. Innerlich sind wir bereits darauf eingestellt hier die Nacht zu verbringen und fragen leise bei einem Mann an, der gerade aus dem Gebäude kommt, ob das auf dem Parkplatz vor dem Lokal denn möglich wäre. Wir berichten von unserer Odyssee, klagen unser Leid über fehlende Ausschilderungen und hoffen ganz nebenbei auf einen Stellplatz. Unserer Bitte nach einer Übernachtungsmöglichkeit wird nicht stattgegeben, dafür wird uns versichert, dass es sehr wohl eine Straße von Valle de Angeles zum Nationalpark gäbe. Unser Gegenüber bittet um Papier und Stift, so dass wir nach ein paar Minuten Skizze Nr. 2 in Händen halten. Eine Viertelstunde später erreichen wir den kleinen Ort San Juancito, der sich am Fuße von La Tigra befindet. „Na also, geht doch“, denken wir, als wir auf die Dorfmitte zu fahren. San Juancito, von Hurrikan Mitch arg in Mitleidenschaft gezogen, war einstmals ein bedeutender Minenort, genauso wie das heute größtenteils verlassene El Rosario, das sich oberhalb von uns befindet und wo wir eine Idee für einen Stellplatz haben. Die Sandpiste ist z.T. stark ausgefahren. Große Bodendellen, noch weich vom letzten Regen, machen es uns nicht leicht den Berg hinauf zu kommen. Trotz 4x4 schalten wir in den Geländegang und Landy zieht uns langsam in die Höhe. Dann und wann steigen wir aus, um die Durchfahrtshöhe der herabhängenden Äste zu prüfen. Wäre blöd, wenn wir an einem dicken Ast hängenblieben und uns ein Loch in die Dachbox reißen würden. Eine halbe Stunde benötigen wir, um das Bergdorf zu erreichen.


Hier stehen die z.T. verlassenen Holzhäuser der einstigen Arbeiter, die in den Minen schufteten. Die Häuser sind umgeben von kleinen Gärten, in denen es grünt uns blüht. El Rosario wird auch als Geisterstadt bezeichnet, doch ganz so tot ist es nicht, wie die Menschen beweisen, die neugierig unseren Weg verfolgen. Wir steuern den Mirador El Rosario an. Er wird von dem deutschen Paar Monika und Jörg, die es vor 12 Jahren hierher verschlug, geführt. Mitten am steilen Hang mit einem atemberaubenden Blick über das Tal haben sie sich ihr schönes Refugium geschaffen. Zwei Cabanas stehen für Gäste bereit, Marmelade, Brot und Wein – selbstgemacht – werden zum Kauf angeboten. Wir schlagen zu, stocken unsere Vorräte auf und weil das Brot so köstlich ist bitten wir Jörg uns noch eines nachzubacken, was er gerne tut.


Der Naturpark selbst ist ein kleines Wanderparadies. Mitten durch den Bergnebelwald führen die Pfade bis auf über 2000 Meter Höhe und erlauben immer wieder schöne Fern- und Aussichten in die Umgebung. Ein klein wenig werden wir an unseren Wanderurlaub in den Schweizer Alpen erinnert. Wir genießen unseren, wenn auch nur kurzen Aufenthalt in La Tigra, der in einen gemütlichen Abend bei indischem Essen im Hause unserer Gastgeber mündet.

Erkenntnis: Es sind nicht immer die Superlative, die einen Aufenthalt unvergesslich machen.

Telenerema, Canal 22


Plaza Mayor in Comayagua
"Ui, was ist denn das? Etwa ein gläsernes Studio wie in Hamburg“?, fragen wir uns, als wir neugierig näher treten. Durch eine Glasscheibe sehen wir Mikrofone, ein hellblaues, altertümliches Telefon, eine Frau, die offenbar in eines der Mikros spricht und einen Mann, der aufgeregt von seinem Stuhl aufspringt, als er uns sieht und uns winkt hereinzukommen.

Denis Martinez
Bereitwillig folgen wir der Aufforderung. Wir treten in die, nur von Kameras observierte, Eingangshalle. Weit und breit ist kein Wachmann zu sehen, was ziemlich ungewöhnlich für Honduras ist. Normalerweise steht vor jedem noch so kleinen Supermarkt, vor jeder Apotheke ein bewaffneter Wächter, fahren auf jedem Cola- und Wassertransporter Bewaffnete mit, um die kostbare Fracht zu schützen. Wir fragen bei Denis, der uns so freundlich hereingewunken hat, nach. Er versichert uns, in einer Stadt wie Comayagua seien Wächter nicht notwendig. „Alles sano hier“, also sicher, wie er meint. Die Nachbarschaft funktioniere gut, man würde einander vertrauen. Das kennen wir schon. Die Verbrechen finden immer woanders statt. Die Restaurantbesitzer ein paar Häuser weiter sehen das offenbar anders. An der Tür hängt ein Schild, auf dem darauf hingewiesen wird, dass aus Sicherheitsgründen sämtliche Aktivitäten innerhalb- und außerhalb des Lokals aufgezeichnet werden würden. Außerdem ist es verboten, Waffen mitzubringen. Wir unterhalten uns eine ganze Weile mit Denis. Irgendwie sind die Rollen vertauscht, denn eigentlich ist ja er es, der berufsmäßig Leute interviewt. Doch heute muss er Rede und Antwort stehen. Vor allem interessiert uns die Sicherheitslage, denn noch immer wissen wir nicht, für wie gefährlich wir Lateinamerika halten sollen. Also fragen wir ein bisschen weiter zur Sicherheitslage der Nation. Denis Martinez, der uns so freundlich hereingebeten hat und Sohn der Sendereigentümer ist, gibt uns ein paar Infos, die sehr interessant sind:

Eingang zum Restaurant: Waffen verboten; Gespräche werden aufgezeichnet ...
Laut seiner Aussage ist die honduranische Polizei manchmal selbst in Verbrechen - sogar Entführungen - verstrickt. Wenn Journalisten solche Fälle aufdecken und darüber berichten würde das zwar allgemein zur Kenntnis genommen, nicht aber weiterverfolgt werden, weshalb es für Journalisten in Honduras nicht gefährlicher sei als für andere Berufsgruppen. Sollten doch einmal Opfer zu beklagen sein, dann nur deshalb, weil sich die Kollegen der schreibenden Zunft zufällig im „Kreuzfeuer“ befunden hätten. „Manche haben eben Glück und andere Pech“, meint Denis lakonisch.

Das gläserne Studio gehört zu Telenerema, einem Lokalsender, der auf Canal 22 sendet. Hier wird Radio und Fernsehen gemacht, auch eine Zeitung gehört dazu und wir erhalten eine kostenlose Hausführung durch alle Einrichtungen. Die beiden Jungmoderatoren Daniel und Emerson sind noch nicht mal volljährig, stehen aber schon in Lohn und Brot bei Telenerema. Sie haben gerade mal die Schule hinter sich und würden bei uns als Quereinsteiger bezeichnet werden. Ihren Job haben sie sich aufgrund ihres Interesses für Musik und ihrer guten Stimmen ergattert. Eine Ausbildung im klassischen Sinn, wie wir sie kennen, gibt es weder für Radiomoderatoren noch für andere Berufe. Man wird halt das, was man kann, glaubt zu können oder weil man jemanden kennt, der einen beschäftigt. So einfach ist das.

Wir erleben live mit, wie hier Musik über den Äther geschickt wird, welche Hörerkommentare reinkommen und welcher Film gerade ausgestrahlt wird. Während es im Moderatorenraum ausgesprochen ruhig zu geht ist es im Gang davor ziemlich hektisch, denn gleich beginnt die Nachrichtensendung.

Die einzelnen Senderäume sind vollgestopft mit Technik. Zahlreiche Monitore stehen in Regalen über- und nebeneinander, Kabel ziehen sich quer durch die Räume, irgendwo klingelt ein Telefon. Denis, der ja an sich im Dienst ist, springt immer wieder mal schnell an seinen Arbeitsplatz zurück, um ein paar Regler zu verschieben und die Tonqualität zu optimieren, um sich dann wieder uns zu widmen. Hier kommt nichts aus der Konserve. Entsprechend hektisch geht es zu.

Der grüne Gartenschlauch



Eines fällt in Honduras bereits nach sehr kurzer Zeit auf: die Menschen nehmen uns noch staunender wahr als anderswo, vielen bleibt buchstäblich der Mund offen stehen, wenn wir vorbeifahren. Sie halten wie paralysiert für eine Sekunde in ihren Bewegungen inne. Es ist, als ob wir vom Mars kämen, grüne Gesichter hätten und Antennen auf dem Kopf. Das hält uns nicht davon ab fröhlich zu winken und siehe da, die Starre löst sich, wir ernten Lachen und niemand scheut sich unseren Gruß zu erwidern. Ein Lächeln ist doch manchmal Gold wert!



Außerdem sind Honduraner außergewöhnlich hilfsbereit und – wenn man erstmal auf sie zugegangen ist – offene Menschen. Manchmal geht die Hilfsbereitschaft soweit, dass jemand keine Zeit mit langen Erklärungen vertrödelt, sondern uns kurzerhand quer durch die Stadt vorausfahrend zum gesuchten Ziel bringt. In Acht nehmen muss man sich hier allerdings, wie auch schon in den übrigen Ländern Lateinamerikas, vor „fliegendem Wasser“. Es wird nämlich sehr häufig recht intensiv das Heim geputzt, wobei sehr viel Wasser benutzt wird. Um das Schmutzwasser dann wieder loszuwerden wird es – ohne Ankündigung - in hohem Bogen vor die Haustür geschüttet. Wehe dem, der in diesem Moment vorbeikommt.
Erfahrungen mit Wasser kann man auch machen, wenn man sich an der Karibikküste von Honduras aufhält.
Strand, Sonne, Palmen, türkisfarbenes Meer, Cocktails schlürfen, Sonnenuntergang angucken – alles möglich in Tela, dem Badeort des Landes. Also nichts wie hin und gleich noch ein paar Tage bleiben, weil´s so schön ist. Obdach gewährt uns das Pelican Resort, ein Aqua Park inmitten eines tropischen Gartens direkt am Strand. Perfekt! Unsere „Gastgeber“ helfen noch schnell, einen geeigneten Stellplatz auf dem großen Gelände zu finden und wir beschließen, uns das karibische Meer gleich mal aus der Nähe anzusehen. Doch was ist das? Dicke graue Wolken brauen sich über uns zusammen. Es ist sehr windig und auch gar nicht mehr so warm wie bei der Ankunft. Das Wasser, das eben noch türkis schimmerte, ist nun aufgewühlt grau und erinnert stark an die heimische Ostsee. Dafür also sind wir mehr als 20.000 km gefahren! Na, super. So hatten wir uns das nicht gedacht, so dass wir einigermaßen enttäuscht sind. Die Enttäuschung nimmt weiter zu, als wir uns nach den Duschen erkundigen. 5 sind vorhanden und alle 5 sind „gerade kaputt“. „Ach“, heißt es, „nehmt doch den grünen Gartenschlauch. Der liegt da drüben“. Obwohl wir nach 7 Monaten Reise bereits einiges gewohnt sind, machen uns solche Aussagen nach wie vor perplex. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als den Schlauch, aus dem ein dünner Bindfaden Wassers rinnt, zum Duschen zu benutzen. Beäugt von drei neugierigen Hunden und durch eine Bananenpalme dürftig vor Blicken geschützt, starten wir unser Duschabenteuer. Wer kommt bei einem Aqua Park schon auf die Idee beim Check-In nach einer Dusche zu fragen? Wir demnächst schon. „Immerhin, es gibt einen Gartenschlauch“, trösten wir uns.


„Na, hoffen wir mal, dass es nicht regnet“, denken wir, als wir am Abend einen kritischen Blick Richtung Himmelszelt werfen. Kein Stern ist zu erkennen; der Himmel bedeckt. Mit einem unguten Gefühl schlüpfen wir ins Zelt. Gegen Morgen scheinen sich sämtliche Schleusen des karibischen Himmels zu öffnen. Es prasselt nur so. Innerhalb weniger Minuten bildet sich eine teichgroße Pfütze um den Landy, in der unsere FlipFlops schaukeln. Die hatten wir am Abend zuvor vor dem Wagen ausgezogen und als der Regen kam schwammen sie davon, befinden sich nun gute 30 Meter von uns entfernt. Wir harren 2 Stunden aus, bevor wir es wagen nach unten zu klettern. Tropfnass erreichen wir das Wageninnere. Zu allem Überfluss sind die Toiletten gute 50 Meter entfernt und nur einigermaßen trocken in den kurzen Regenpausen zu erreichen. Als das Wetter auch nach 3 Tagen keine Besserung verspricht beschließen wir die Karibik Karibik sein zu lassen und wenden uns wieder dem Inland zu. Da ist es ja auch ganz schön, vor allem so grün.


Fazit: Es kommt immer alles anders als man denkt.


Dienstag, 15. Februar 2011

Kaffee und Orangen


Eine Fahrt durch Honduras ist nicht nur eine fahrerische Herausforderung, es ist auch ein Genuss für die Sinne. Die Landschaften sind schön, vor allem grün. Je dichter man der Küste kommt desto grüner wird es, desto satter sind die Farben. In den Bergen wachsen, bedingt durch das milde Klima, Kiefern gleich neben Kaffeepflanzen. Die Beeren liegen an vielen Stellen zum Trocknen aus, aus kleinen Kaffeeröstereien duftet es köstlich. Es ist Erntezeit eines bedeuntenden Exportguts in Honduras.






Am Yojoa See ergattern wir einen schönen Stellplatz auf der Finca Las Glorias. Um von der Hauptstraße zur Finca zu gelangen fahren wir zunächst durch Kaffeepflanzungen und dürfen dann zwischen den vielen, vielen Orangenbäumen parken. Die Obstwiese ist riesig und die Orangenblüten verströmen einen köstlichen Geruch.







Sehr zu unserer Freude treffen wir hier die französische Familie wieder, die wir in Guatemala kennen gelernt hatten. Schnell beschließen wir gemeinsam zu Abend zu essen. Doch woher die Zutaten nehmen? Ein Ausflug ins nahe gelegene Städtchen Pena Blanca soll den Kühlschrank und den Teller füllen. Wir fahren los, kaufen frisches Gemüse, mini-Muffins und machen uns in den zentralen Supermarkt auf, um noch Fleischiges einzuladen. Hühnchen soll es sein, am liebsten frisch. „Haben wir nicht“, heißt es, als wir fragen, „nur tiefgefroren“. „Ok, dann gefroren“, beschließen wir. Beherzt heben wir den Deckel der Tiefkühltruhe und lassen ihn nach einem kurzen Blick ins Innere genauso beherzt wieder fallen. Dort drinnen liegen Hunderte von Hühnchenschenkeln in einem heillosen Durcheinander. Keines ist eingepackt, an allen backen bereits Eiskristalle und gefrorenes Blut mäandert in dünnen Fäden über die tiefgefrorene, weiße Hühnchenhaut. „Wir  müssen ja kein Fleisch essen“.

Das Abendbrot fällt entsprechend einfacher, deswegen aber nicht weniger gemütlich mit Greg und Leticia aus.







Coleman dankt ab



Nach 6 Monaten im Amt, von denen die vergangenen 2 durch einige Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet waren, wurde vor 3 Wochen unser Coleman-Kocher durch ein Modell namens Gasimaster abgelöst. Wir bedauern das sehr, denn mit Coleman hatten wir bis dato gute Erfahrungen gemacht. Vermutlich ist durch die permanente Nutzung des für Campingzwecke gebauten Ofens eine Überbeanspruchung eingetreten. Coleman zeigte sich nicht nur reparaturresistent, sondern auch gegenüber guten Zuredens.

Nach langer Suche haben wir einen Butangas-Kocher gefunden. Das Modell Gasimaster überzeugt durch ein kleines Format mit starkem Brenner. Es kann außerdem auch mit Propangas betrieben werden (also Dual Gas). Seit kurzem freuen wir uns daher über zusätzliches Gewicht in Form einer 10-Pfund-Propangasflasche :-)
 
Damit die Küche nicht kalt bleibt!

Dienstag, 8. Februar 2011

Aras in Copán



Im Slalom, immer wieder Schlaglöchern, Erdrutschen und Fahrbahnabsenkungen ausweichend, nähern wir uns den Maya-Ruinen von Copán, um nach 24 Stunden in Honduras erstmals in einer Polizeikontrolle zu landen. Bevor die Polizisten auch nur ein Wort sagen können fragen wir sie auch schon aus, erkundigen uns nach dem Weg sowie der Sicherheitslage, denn die „Ruta Copán“ gilt als Überfallstrecke. „Alles ruhig heute“, meint einer der Beamten, aber die Strecke sei nicht ungefährlich. Wir sollten aufpassen, ansonsten „más adelante, todo derecho“.

Wie so häufig in Lateinamerika fehlt es an vielen Stellen an Wegweisern oder Schildern. Wir sind daher oft gezwungen anzuhalten, um Leute nach dem Weg zu fragen. Die Antworten, vor allem wenn wir, um sicher zu gehen, mehrere Leute befragen, können manchmal widersprüchlicher nicht sein. Der eine schickt uns nach links, der andere geradeaus oder zurück usw. Oft stellen wir fest, dass die Menschen es nicht gewohnt sind Wege zu beschreiben. Wozu auch, sie wissen ja wo´s lang geht. Lateinamerikaner sind außerdem dafür bekannt lieber etwas verkehrtes zu sagen als zuzugeben, dass sie es nicht wissen.

Es kommt auch vor, dass wir Menschen begegnen, die sich offenbar nur äußerst selten aus ihrem Ort fortbewegen und das, was wir suchen, obwohl in unmittelbarer Nähe gelegen, gar nicht kennen, zumindest noch nie dort gewesen sind. Die gängiste Erklärung lautet:“ Más adelante … todo derecho, doble y sube por allá“, was soviel bedeutet wie „Weiter vorne … immer geradeaus/immer rechts, biegen Sie dann ab und dann da rauf“. Das ganze unterstrichen von wenig eindeutigen Gesten. Insbes. das Wörtschen „derecho“ macht es schwierig dieser Erklärung zu folgen, denn es bedeutet ebensoviel geradeaus wie rechts...

Schilder, so stellen wir fest, sind ebenfalls keine Erfindung Lateinamerikas. Sie dienen nur einer groben Orientierung. Die Installation von Wegweisern scheint wenig intelligent, eher willkürlich, weil vielleicht noch irgendwo ein Schild übrig war. Es kommt durchaus vor, dass ein Wegweiser zum Abbiegen auffordert, aber man nicht erkennen kann, wo das sein soll, weil nichts da ist, wohin man abbiegen könnte. Viele Hinweisschilder stehen an den unmöglichsten Stellen, aber garantiert nicht dort, wo man sie erwartet. Aufgemalte Pfeile sind so uneindeutig, dass rechts genauso in Frage kommt wie geradeaus oder oben. Sehr spannend, vor allem, wenn diese bereits einige hundert Meter vor der eigentlichen Stelle, an der man abbiegen soll, angebracht sind. Oft fehlen Beschilderungen komplett oder die Schilder sind bis zur Unkenntlichkeit verwittert, so dass man auch dann nur mit Mühe entziffern kann, was einmal drauf stand, wenn man sich direkt davor befindet. Von einem fahrenden Auto aus zu lesen ist ein Ding der Unmöglichkeit, ganz besonders dann, wenn das Schild auch noch so klein beschriftet ist, dass man eine Brille benötigt, um es überhaupt auch aus kurzer Distanz, lesen zu können. Schilder scheinen eine besondere Anziehungskraft auf andere Schilder auszuüben, denn nicht selten werden sie mit Werbung für „Brathühnchen“ oder „Reifenflicken“ zugestellt; Straßenhändler scheuen sich nicht sie als Befestigung für ihre Planen, mit denen sie ihre Verkaufsstände überspannen, zu benutzen, weshalb sie dann auch nicht zu sehen sind. Natürlich kann es dann auch mal passieren, dass zuviel Zug auf den Befestigungsseilen ist und das ganze Schild gedreht wird. Die Richtungweisung stimmt dann nicht mehr. Besonders arg ist es innerhalb von Ortschaften. Straßenschilder in kleinen Dörfern finden sich höchst selten. Größere Städte sind da schon besser ausgestattet. Meist werden Hauswände verwendet, um die Straßenbezeichnungen anzubringen oder direkt auf die Hauswand zu malen. Manchmal muss die Bordsteinkante für den Straßennamen herhalten. Der ist dann nur zu erkennen, wenn nicht gerade an dieser Stelle ein Auto parkt. Auch hier gilt: die Einheimischen kennen ihr Pflaster. Schwer vorstellbar, dass Fremde den Ort einmal besuchen. Sollten sie es doch tun: wer weiß schon, aus welcher Richtung sie kommen? Also stellt man ein Schild mal hier, mal dort auf. Irgendwer wird’s schon sehen. Wir merken oft, dass der entscheidende Wegweiser nun nicht in unserer Fahrtrichtung liegt und wir ihn nur dann wahrgenommen hätten, wären wir aus einer anderen Richtung angereist. Immerhin: es gibt welche. Man muss sie nur finden. Zur Not fragen wir.




Nach unserem kleinen Ablenkungsmanöver lassen uns die Polizisten weiterfahren, so dass wir Copán und damit die bedeutendsten Maya-Ruinen auf honduranischem Boden recht zügig an unserem 2. Tag in Honduras erreichen. Wie jede Maya-Stätte, die wir bisher besucht haben, hat auch Copán Besonderes zu bieten. Waren es in Uxmal die Leguane, in Lamanai die Brüllaffen und in Bonampak die Fresken sind es hier die roten Aras, die schönen, reich verzierten Stelen sowie die tollen Bäume, die einen Besuch der Ruinen von Copán so einladend machen.

Erkenntnis: Jede Maya-Site hat ihr eigenes Gesicht und lohnt einen Besuch.

Im Slalom durch Honduras

Nichts los am Grenzübergang El Poy
Der Übergang El Poy an der Grenze El Salvador/Honduras ist einer coolsten, die wir bisher hatten. Kaum Betrieb, alles ruhig und geordnet. Jeder weiß, was zu tun ist, wenn auch etwas langsam. Die Beamten sind freundlich und nett. Sie vertreiben sich die Zeit zwischen den einzelnen „Kundenbesuchen“ mit Zeitung lesen oder unterhalten sich. Als wir den Raum betreten, in dem wir unseren salvadoranischen Ausreisestempel in den Pass gestempelt bekommen, wird erstmal die Musik leiser gedreht. Der junge Beamte scheint seine Lieblingsmucke zu hören, denn Lounge-Rhythmen hüllen den, wegen der starken Sonneneinstrahlung abgedunkelten Raum, ein. Er winkt uns zu sich, erledigt die Formalitäten und – zack – sind wir auch schon durch, kriegen noch schnell ein „buen viaje“ mit auf den Weg. Noch bevor wir wieder draußen sind wird die Musik wieder lauter gedreht. Ein kurzer Blick zurück lässt uns zusehen, wie der Beamte, kaum 20 Jahre alt, fröhlich im Takt mitwippt. Alles ganz locker hier!



Bei der Einreise nach Honduras geht es ähnlich leger zu. Auch hier ist keiner in Hektik. Wir sind es auch nicht, haben sogar vorgesorgt in dem wir einige der geforderten Kopien unserer Dokumente bereits mitgebracht haben (je 3 von Führerschein, KFZ-Schein und Pass). Vielleicht liegt es daran, dass die restlichen Kopien, nämlich je 3 vom Visum und von der Autoimporterlaubnis, die wir ja erst hier bekommen, von einer Zollbeamtin angefertigt werden. Wir sehen sie mit unseren Papieren die Straße entlang laufen, während wir im kühlen Schatten des Abfertigungsgebäudes auf ihre Rückkehr warten. Es ist ganz und gar ungewöhnlich, dass wir die Fotokopien nicht selbst besorgen müssen. Wir sind ehrlich überrascht, denn gerade von Honduras hätten wir das nicht erwartet, dafür kursieren einfach zu viele negative Geschichten. Überraschend auch, dass wir für Honduras ein eigenes 90-Tage-Visum erhalten. Eigentlich existiert ein gemeinsames, insgesamt 3 Monate gültiges Visum, für die Länder Guatemala, El Salvador, Nicaragua und eben Honduras über das sog. C4-Abkommen...

Die Wartezeit, bis unsere Formalitäten erledigt sind, nutzen wir, um uns bei einem Verkehrspolizisten nach den erforderlichen Ausstattungsmerkmalen für den Landy zu erkundigen. Von anderen Reisenden wissen wir, dass die Polizisten äußerst korrupt sind und sich alle möglichen und unmöglichen Dinge ausdenken, um die Gehaltskasse aufzubessern. Da ist die Rede von 2 Warndreiecken (was stimmt, weshalb wir im nächstgrößeren Ort eines dazu kaufen), einem Feuerlöscher (den haben wir schon) sowie reflectores, also reflektierende, selbstklebende rot-weiße Streifen, die am Wagen angebracht werden müssen. Angeblich. Die reflectores machen vor allem zu schaffen. Wir haben schon welche, wissen aber nicht, ob sie a) ausreichen und b) korrekt angebracht sind. Der Polizist beruhigt uns. Die reflectores, die wir haben, seien genau richtig und wir sollten uns nicht soviele Gedanken machen. Ha, wenn der wüsste, wieviele Traveller deswegen angehalten werden, nachrüsten und eine Menge „Trinkgeld“ bezahlen, um ihren Weg fortsetzen zu können. Wir haben gehört, dass die Selbstklebestreifen an manchen Grenzübergängen meterweise an selbstfahrende Touristen von der Rolle verkauft werden, die ihren Wagen eben nicht damit „dekoriert“ haben. Der Meter zu 18 Dollar!, ein echtes Schnäppchen. Besonders schlimm muss es mit der „Taschengeldaufbesserung“ auf der kürzesten Verbindung zwischen El Salvador und Nicaragua sein. Das relativ kurze Stück von 120 Kilometern soll an „guten“ bzw. „schlechten“ Tagen 10 Polizeikontrollen beinhalten. Vielleicht, so unsere Hoffnung, haben wir Glück, denn wir wollen Honduras ja insgesamt kennenlernen, so dass wir von vornherein andere Wege fahren.

Nach 1,5 Stunden, um 41 USD ärmer (je 3 für uns und 35 für den Landy) halten wir alle notwendigen Einreisepapiere für Honduras in den Händen. Der Schlagbaum öffnet sich und wir fahren unsere ersten Kilometer durch das zweitgrößte lateinamerikanische Land, wobei fahren übertrieben ist. Wir hätten nicht gedacht, dass nach den teilweise schlechten Straßenverhältnissen in Guatemala eine Steigerung möglich ist. Doch es geht. Honduras Straßen sind zum Großteil in einem erbärmlichen Zustand. Teilweise geht es im Slalom über die komplette Fahrbahnbreite und wir wissen manchmal nicht, ob wir lieber das rechte Schlagloch nehmen sollen oder doch besser das linke. Irgendeines erwischen wir nämlich immer, wobei wir dabei nicht davor gefeit sind, die Fahrbahnabsenkungen auch gleich noch mitzunehmen, so dass der Landy immer mal wieder in eine Schräglage gerät. Die ersten 70 Kilometer Fahrt gleichen eher einem ADAC-Fahrsicherheitstraining als einem entspannten Reisen. Da bringt es auch nichts, dass Kinder, mit einer riesigen Schaufel in der Hand, mitten auf der Straße stehen, um Erde und Sand in die Löcher zu bugsieren. Nach jeder Schaufelladung, die in den Höhlen des brüchigen Straßenbelags verschwindet, stehen die Kleinen, bereits komplett eingestaubt, als wären sie in einen Mehlsack gefallen, mit offener Hand da, in die geplagte Autofahrer hoffentlich ein paar Münzen fallen lassen (die hier übrigens Lempira heißen), während sie an den Kleinen vorbeischaukeln. Abgesehen davon ist es ganz schön: saftig grüne Wiesen, von Palmen umstanden, leuchten in der Sonne und alles ist umgeben von einem tollen Bergpanorama über das sich ein azurblauer Himmel erstreckt.






In Santa Rosa de Copán halten wir an einer Tankstelle. Mit dem Besitzer kommen wir ins Gespräch. Den kurzen Talk nutzen wir für unsere üblichen Fragen nach Übernachtungsmöglichkeiten sowie der Sicherheitslage. Unser Dilemma, einen sicheren Stellplatz in einem Land zu finden, dass fast keine Campingmöglichkeiten kennt sowie als ziemlich gefährlich gilt, bereitet ihm einiges Kopfzerbrechen. Santa Rosa selbst bezeichnet er zwar als ruhig, möchte aber natürlich auch nicht dafür garantieren, dass hier nichts passiert. Wir fragen ihn, was es denn sei, dass Honduras so unsicher mache. Seine Antwort kommt prompt: „Der Hunger und die Gier!“. Schließlich erhalten wir einem Tipp für ein neu eröffnetes Hotel mit Restaurant ca. 14 km entfernt. Wir finden das Hotel Betel sofort und sind begeistert, denn es befindet sich ca. 200 Meter oberhalb der Straße, es gibt keine Hunde und Hühner, so dass die Nacht ruhig zu bleiben verspricht. Denis, der Besitzer, war bis vor ein paar Jahren Kaffeebauer. Als die Preise für Kaffee sanken entschloss er sich seine Plantage, immerhin 16 Hektar, zu verkaufen. Von dem Erlös baute er „Betel“, ein Hotel mit 10 einfachen Zimmern sowie ein Restaurant, in dem platos típicos angeboten werden. Alkohol muss mitgebracht werden. Denis und seine Familie sind Christen, wie er uns erzählt, weshalb Alkohol tabu sei (übrigens gibt es auch keine Softgetränke). Wir bestellen einmal ein typ. Abendessen, das aus Maistortilla, Bohnenmus, Avocado, Käse und etwas gebratenem Chorizo besteht. Dazu gibt’s dünnen Milchkaffee. Was den Alkohol betrifft: wir haben Bier im Kühlschrank. Schnell wandert es auf unseren Tisch. Im Radio spielt ein christlicher Sender religiöse Popmusik immer wieder unterbrochen von kurzen Predigten, die nicht zu überhören sind, denn auch der angrenzende Hof, auf dem wir parken, wird gleich mitbeschallt. Nach dem Abendessen dämmert es bereits; bald schon ist die Sonne komplett hinter den umliegenden Bergen verschwunden (nach wie vor sind wir jeden Abend erstaunt, dass es um 18.30h stockfinster ist). Wir beschließen, früh schlafen zu gehen. Aus dem Restaurant tönen Predigten und moderne Kirchenlieder zu uns herüber. „Da hat Denis wohl noch Gäste“, denken wir. Das denken wir auch noch 1 und sogar noch 2 Stunden später. 3 Stunden nach dem wir uns schlafen gelegt haben sind wir etwas nervös, denn im Restaurant brennt kein Licht mehr, das Radio aber spielt noch immer. „Was ist da los?“. Wir hegen eine Vermutung, getrauen uns jedoch nicht, sie wirklich zu glauben, bis wir am kommenden Morgen mit Denis sprechen: er lässt das Radio absichtlich die ganze Nacht hindurch spielen, um sich mit dieser „intelligenten Methode“, wie er betont, ungebetene Gäste vom Leib zu halten. Wir sind stinkesauer, denn wir konnten wieder einmal nicht richtig schlafen. Entsprechend kurz fällt unsere Verabschiedungszeremonie aus. Mit einem, im wahrsten Sinne des Wortes, müden Lächeln machen wir uns auf den Weg Richtung Copán und üben uns weiterhin im Slalom-Fahren.


Lago de Yojoa

Freitag, 4. Februar 2011

So go!

Plaza in Suchitoto

Das Wetter ist wie immer klasse, als wir Perquin verlassen und uns auf den Weg in das rund 220km entfernte Suchitoto machen, das als koloniales Highlight El Salvadors (das einzige!) im Reiseführer genannt wird. Wir sind gespannt und finden ein kleines, koloniales und etwas verschlafen wirkendes Städtchen vor, das direkt an einem Stausee liegt. Niedlich ist es hier. Nichts und niemand hat es eilig, wirkt gestresst oder sonstwie in Eile als wir am Nachmittag auf die Plaza einbiegen. Über andere Reisende haben wir von einem Stellplatz am See erfahren und erkundigen uns im Internetcafé nach dem Weg. Dort werden wir mit langen, freundlichen Erklärungen inkl. einer Anfahrtsskizze zu „El Mangal“, dem betreffenden Platz am See, versorgt. Der Kaffeehausbesitzer bietet sich sogar an, uns zu dem betreffenden Platz zu bringen, was wir gerade noch verhindern können. An der nächsten Ecke, keine 100m vom Café entfernt, werden wir angehalten. Die Skizze war doch nicht so gut, wie wir feststellen, denn wir waren falsch abgebogen. Neben unserem Wagen steht nun Miguel und erklärt uns nocheinmal in Seelenruhe den Weg zu unser Übernachtungsstelle. Wie zufällig macht er ein Foto von unserem Landy, um es einem Freund, der so ganz nebenbei der Präsident der salvadoranischen Land Rover Assoziation ist, zu schicken. Wer weiß, wofür es gut ist!? Dank Miguels Wegbeschreibung ist es weiter kein Problem El Mangal zu finden. Wir lernen hier Dona Isabel, die Chefin und Köchin im kleinen Restaurant, kennen und etwas später Isaia, ihren Mann, der mal Bürgermeister von Suchitoto war. Natürlich können wir bleiben, natürlich sollen wir den Pool benutzen, die sanitären Anlagen und uns „a la casa“ (wie Zuhause) fühlen. Das ist sicher nur im übertragenen Sinn gemeint, aber deswegen nicht weniger nett. Für 8 Dollar die Nacht schlagen wir ein.

"In diesem Haus wollen wir ein Leben frei von Gewalt"

Bei einem Spaziergang durch den Ort fallen uns immer wieder Anti-Gewalt-Schilder auf. Diese beziehen sich auf Gewalt im Allgemeinen, aber auch auf häusliche, die sich vorrangig gegen Kinder und Frauen richtet.

Wir verbringen 3 Tage in Suchi am See. 3 Tage, in denen wir uns entscheiden Honduras zu besuchen und nicht nur hindurchzufahren, wie soviele andere vor uns. Wir hatten schlimme Dinge über Honduras gehört und einer unserer Mitreisenden nannte es ein mühseliges Land. Die Polizei gilt als äußerst korrupt, denkt sich immer wieder neue Dinge aus, um Bußgelder zu „verdienen“ und ziert sich nicht alle paar Kilometer Kontrollstellen zu installieren, um Autofahrer auszunehmen. Jugendbanden und Drogenkriminalität sind weit verbreitet; nicht nur nachts soll es gefährlich unsicher sein. Was also liegt näher als so wenig Zeit wie möglich hier zu verbringen?

Die Nachrichten für einen Campingaufenthalt verheißen nichts Gutes, wenn es nicht andere Traveller gäbe, die genau gegenteilige Erfahrungen gemacht hätten.

Erna & Rinus ganz entspannt
Und genau solche treffen wir in Suchi: Rinus und Erna aus Holland. Beide in den 60ern, fahren sie seit 1,5 Jahren mit einem ausgebauten Mercedes Sprinter durch die Amerikas und warten mit wertvollen Tipps für Honduras und die übrigen Länder auf. Da sie keinerlei negative Erfahrungen gemacht haben bestärken sie uns in unserem Wunsch einmal selbst nachzuschauen, frei nach dem Motto: „All you´ve got to do is decide to go and the hardest part is over. So go!“ (Philosophie der Gründer von Lonely Planet Tony und Maureen Wheeler).




Erkenntnis: Schade, dass El Salvador so ein kleines Land ist. 


Überraschendes El Salvador


Vulkan San Vincente

Nach einer knappen Woche in El Salvador haben wir (auch) hier viel Positives erlebt und erfahren. Unsicher haben wir uns zu keinem Zeitpunkt gefühlt und viele freundliche, hilfsbereite Menschen getroffen, die nicht nur von uns etwas erfahren wollten, sondern auch gerne ihre eigene Geschichte erzählten:

Mitten in den Bergen beim Örtchen Perquin, nur mit einem Geländewagen zu erreichen, liegt die Finca Las Veraneras. Wir sind nicht wenig überrascht, als wir nach 1 Stunde Schüttelei und Rüttelei auf einer großen, gepflegten Rasenfläche stehen, die von drei Wohnhäusern flankiert wird. Der Rasen, der gerade gesprengt wird, entpuppt sich als Fußballplatz. Davor befindet sich eine Palapa sowie ein riesiger Swimmingpool, alles hübsch eingerahmt von blühenden Bäumen und Büschen. Dona Nilda, die Besitzerin, lässt nicht lange auf sich warten. Eine elegante, stolze Salvadoranerin kommt auf uns zu und nachdem wir eine Weile geplaudert haben beginnt sie zu erzählen: 9 Kinder hat sie groß gezogen. 1981 ist die Familie vor dem Bürgerkrieg nach Honduras geflohen und Anfang der 90er Jahre, als der Krieg beendet war, zurückkehrt. Die Familie hat quasi bei Null begonnen und sich im Laufe der Zeit eine Subsistenzwirtschaft aufgebaut, von der sie auch heute noch lebt. Angebaut werden Café, Kakao, Mais und Gemüse. Etwas Vieh weidet auf den umliegenden Wiesen. Mit finanzieller Unterstützung zweier Kinder, die in den USA leben, kommt die Familie, die sich fast ausschließlich selbst versorgt, über die Runden. An den Wochenenden oder zu Feiertagen befinden sich manchmal Gäste auf dem Grundstück, die hier campen und den Pool nutzen, kleine Ausflüge in die Umgebung unternehmen und das Einkommen ein wenig aufbessern. Seit dem vergangenen Jahr gibt es Strom auf Las Veraneras, was Dona Nilda sehr begrüßt, denn vieles wurde dadurch einfacher.


Beste Infrastruktur auf Las Veraneras

Nach dem Ende des Bürgerkrieges kamen allmählich demokratische Prozesse in Gang, die u.a. auch dazu führten, dass Schulen, Kliniken und Straßen gebaut wurden. So auch in Perquin. Vor 20 Jahren war der Bergort nur über einen Eselspfad erreichbar und eine weiterführende Schule fehlte, genauso wie ärztliche Versorgung, wie wir in einem Gespräch mit einem ex-Guerillakämpfer im Kriegsmuseum von Perquin erfahren. Der Besuch geht unter die Haut und stimmt nachdenklich.
 
 

Im ehemaligen Guerrillero-Camp

Kriegsmuseum von Perquin

Ochsengespanne sind nicht selten

 
Üblicher Personentransport, wenn kein Bus in der Nähe ist

Berlin ist immer eine Reise wert

Bei einer länderübergreifenden Reise bleibt es nicht aus eine Grenze zu überschreiten, an der Grenzformalitäten erledigt werden müssen. Aus Europa kommend und sich innerhalb der EU bewegend ist man so etwas kaum noch gewöhnt. Wir fahren einfach zu Hause los und machen uns auf den Weg. Weder benötigen wir ein Visum für einen Besuch in Frankreich, noch eine Importerlaubnis für den Wagen in Italien. Hier ist das etwas anders. Immerhin haben es Guatemala, El Salvador, Honduras und Nicaragua geschafft ein Visa-Abkommen zu treffen. Das bedeutet, dass wir uns mit unserem in Guatemala erworbenen 90-Tage-Visum auch in den anderen sog. C4-Ländern bewegen dürfen. Einzig für den Landy brauchen wir ein neues Permit.

An der Grenze trifft man sich ...
Die Grenzformalitäten werden von vielen als äußerst nervig betrachtet. Wir können nur sagen, dass es idR recht zügig vonstatten geht, denn es gibt genau einzuhaltende Prozesse, wenngleich auch nicht immer klar ersichtlich ist, wer wofür zuständig ist. Nervig an den Grenzen sind daher nicht die Formalitäten an sich, sondern, wie wir finden, die sog. Tramites oder Tramitadores. Das sind Leute, die Dinge für einen übernehmen, z.B. in einer Schlange anstehen oder eben bei Grenzangelegenheiten helfen. Kaum nähern wir uns einem Grenzübergang stürzen sie aus allen Winkeln wie die Geier auf uns zu, um uns anschließend wie die Hyänen zu umkreisen. Dabei reden sie unaufhörlich auf uns ein, um uns mit vielen nützlichen und noch mehr unnützen Infos zu versorgen. Die Hoffnung besteht natürlich darin, gegen ein Entgelt die Formalitäten erledigen zu dürfen. Sie warten nur darauf, dass wir eine Unsicherheit zeigen, die sie zu ihrem Recht kommen lässt. Doch wer gibt schon gerne seinen Pass aus der Hand oder den KFZ-Schein des Autos? Also machen wir alles selbst, immer dicht gefolgt von einer Traube Tramites, die einen wirklich Nerven kosten können. Beim Grenzübertritt nach El Salvador war es besonders schlimm. Während wir uns noch darüber auslassen, wie blöd diese Sache mit den Tramites ist, lernen wir Tim aus Schottland kennen und Adam aus England. Ersterer ist mit einem Bus sowie 9 anderen unterwegs, Adam hat sich vor 5 Jahren auf die Socken, pardon Räder gemacht, und umkreist seither mit einem Motorrad den Erdball. Wie es der Zufall will treffen wir Adam am Abend in El Imposible wieder, wo wir zusammen 2 Tage verbringen, die wie im Flug vergehen. Wir wandern im Nationalpark, baden in einem Naturpool (natürlich wieder nur kaltes Wasser …) und quatschen, quatschen, quatschen.

Adam, ein alter Hase in Sachen reisen


Octavio
Am Río Lempa finden wir einen wunderschönen Platz in La Pita 2 Kilometer vom einsamen, menschenleeren Pazifikstrand entfernt, den wir per Kanu besuchen. Das Hostal Lempa Mar, von Ocatavio Aguilar geführt, hat sich dem Öko-Tourismus verschrieben und erste Erfolge stellen sich, auch bei den übrigen Bewohnern des Ortes, ein. So hupen die Busfahrer nachts nicht mehr, wenn sie La Pita erreichen. Früher war das gang und gäbe „damit die Leute wissen, dass ich komme“. Hier die komplette Adresse: Hostal Lempa Mar, La Pita,
Tecoluca – San Vicente, El Salvador.


Die nicht asphaltierte Straße dorthin staubt die Landy Lady so richtig ein. Von der dunkelgrünen Farbe ist nichts mehr zu sehen. Vielmehr haben wir nun Tarnfarbe beige aufgelegt, womit wir uns perfekt der Umgebung anpassen. Einmal müssen wir ausweichen. So eine Straße ist ja für alle da. Zunächst sehen wir nur etwas auf unserer Fahrbahn stehen. Als wir langsam näher kommen entpuppt sich das Etwas als Schubkarre, hinter der Maiskörner zum Trocknen auf dem einzigen 30m langen asphaltierten Stück des Weges ausgebreitet sind.

Jede Gelegenheit mitzufahren wird genutzt
 sind nicht wenig erstaunt als wir in der El Salvador-Karte einen Ort namens Berlin finden. Da Berlin ja bekanntlich immer eine Reise wert ist beschließen wir uns das salvadoranische Pendant zur deutschen Hauptstadt doch einmal genauer anzuschauen. Wir stellen fest: unser Berlin ist eindeutig schöner. Ganz anders hingegen Alegría, was soviel wie Freude bedeutet. Zu Recht, wie wir finden. Alegría hat immerhin schon zweimal den Preis bei „Mein Dorf soll schöner werden“ gewonnen, was es auch ausstrahlt. Der Ort liegt inmitten von Kaffeeplantagen auf lauschigen 1500m Höhe, umgeben von Vulkanen. Mangels Übernachtungsmöglichkeit muss mal wieder die Polizeistation herhalten. Nach einer kurzen „Hausführung“ durch den Landy sind die Beamten so nett auf uns „aufzupassen“. Die Nacht verläuft angenehm ruhig, bis wir gegen 1 Uhr in der Früh durch laute Polizeisirenen jäh geweckt werden. Schüsse knallen, Stimmen rufen laut durcheinander. Erschrocken blinzeln wir nach draußen, doch dort ist nichts zu sehen, die Straße ist leer. „Hmm“, überlegen wir, “was könnte das gewesen sein?“. Während wir noch rätseln erscheint einer der Beamten von der Nachtschicht in der Tür der Polizeistation. „Keine Sorge“, sagt er mit einem breiten Grinsen im Gesicht“, wir schauen nur fern; Miami Vice“.

Hier geht´s nach Berlin

Zu allem Überfluss haben wir, wie sich am Morgen herausstellt, zwischen zwei Schulen geparkt. Als wir das Dachzelt öffnen stehen etwa 50 Schüler um uns herum und warten auf den Beginn des Unterrichts. Alles Schwatzen endet abrupt, als wir die Reißverschlüsse des Dachzeltes öffnen und Dutzende von Augenpaaren verfolgen unseren Weg über die Leiter nach unten …

Morgens um 7 in Alegría

Kirche in Berlin

Unverhofft kommt ja oft und so betrachtet hat El Salvador jede Menge Überraschungen parat. Die Menschen gelten als offen und halten angeblich nicht hinter dem Berg. Da kann es schon mal passieren, dass wir offen angebettelt werden. So hatten wir das noch nicht erlebt. Plötzlich steht jemand neben dem Auto und möchte Geld haben. Manchmal werden wir an der Schulter angetippt. Ob das unser Auto da draußen sei wollen die Leute wissen und wo wir denn herkämen. Warum wir hier herumreisen dürfen und sie selbst nicht nach Deutschland kommen können. Und wie wir das überhaupt machen können mit dem Reisen. Bei ihnen selbst würde es nur für das Notwendigste reichen. Es ist nicht leicht, hierauf zu antworten.






Laguna de Alegría

Kirche von Alegría










Überraschend ist die gute Infrastruktur, überraschend ist es nach 2 Stunden holperigster Piste, die wir nur im Geländegang fahren können, ein Idyll inkl. Pool fast olympischer Ausmaße zu erreichen und genauso überraschend ist es, dass hier jede Form von Korruption abgelehnt wird, es keine

Topes gibt und die Tacos Pupusas heißen. Mal sehen, was El Salvador noch so bereit hält. Bisher gefällt es uns nämlich ausnehmend gut.


Cashew - die Ernte ist extrem aufwändig