Aktueller Standort

Aktueller Standort seit 07. Mai 2011: Wedel und Hamburg, Deutschland

Samstag, 29. Januar 2011

Ploetzlich fehlt mal wieder Strasse


Man soll ja nicht schlecht über seine Gastgeber sprechen, doch auf unserer Tour fehlte nirgends soviel Straße wie in Guatemala. Vor beinahe einem Jahr (Mai 2010) tobte Tief Agata. Jede Menge Erdrutsche waren die Folge, ganze Hänge brachen ab. Unter den Erdmassen verschwanden Straßen und Brücken, was sehr deutlich zu sehen ist auf unserer Fahrt von Antigua nach Panajachel am Atitlán-See. Die Strecke, die wir uns ausgesucht haben, umfasst ca. 70 km, wofür wir ungefähr 5 Stunden benötigen. Die schmale Straße schlängelt sich in Serpentinen durch die Berge. Die Kurven sind teilweise so eng, dass wir die zweite Fahrbahn, wenn vorhanden, benutzen müssen, um die Kurve überhaupt meistern zu können. Dabei laufen wir Gefahr mit entgegenkommenden Autos zusammen zu stoßen. Fast alle Brücken auf unserem Weg haben die starken Regenfälle mit sich gerissen. Immerhin sind die wichtigsten provisorisch neu errichtet worden, so dass wir nicht umdrehen müssen. Sehr deutlich werden Agatas Schäden auf der Fahrt von Chichicastenango (kurz Chichi) nach Quetzaltango (kurz Xela). Die Straße ist an sich sehr gut. vierspurig, der Belag ohne Schlaglöcher, selbst auf die von uns „heißgeliebten“ Topes haben wie hier verzichtet. Trotzdem kommen wir nur langsam voran, denn immer mal wieder fehlt ein Stück Fahrbahn, ist den Abhang hinunter gerutscht oder durch Erdmassen, die sich darauf türmen, unpassierbar. Oft müssen wir, ohne vorherige Ankündigung, die Fahrbahn wechseln und die des Gegenverkehrs mitbenutzen. Der weiß natürlich nichts davon, so dass wir uns mit lautem Gehupe und Lichtzeichen behaupten müssen, oft nur knapp einem Frontalzusammenstoß entkommend. Das Risiko, auf Guatemalas Straßen umzukommen, schätzen wir inzwischen weitaus höher ein als auf offener Straße überfallen zu werden.

Es ist nicht unüblich, plötzlich ohne Straßenbelag auskommen zu müssen. Manchmal fehlt er nämlich komplett, d.h. er ist nicht verschüttet, er ist ganz einfach nicht da oder nicht mehr da. Wir wissen es nicht genau. Möglicherweise fehlte das Geld, die Straße weiter zu teeren. Vielleicht wurde der Belag auch geklaut (so wie viele Gullydeckel, weshalb man in Städten besonders aufmerksam den Gehsteig im Auge behalten sollte), vergessen oder ist ausgegangen. Autofahren in Lateinamerika ist und bleibt eine Aufgabe hoher Konzentration.
Durch die schweren Regenfälle, die Agata mit sich brachte, müssen wir spontan unseren Plan, die heißen Quellen von Georginas zu besuchen, ändern. Die sind nämlich auch durch Erdrutsche unzugänglich und wann sie wieder eröffnet werden ist ungewiss. Schade, denn dort oben wollten wir übernachten. Stattdessen suchen wir eine Tankstelle, wo wir nach Obdach anfragen, was uns sofort gewährt wird. Guatemalteken sind einfach unglaublich hilfsbereit, herzlich und freundlich. Sie schlagen einem kaum jemals eine Bitte ab und wenn sie selbst nicht helfen können kennen sie garantiert jemanden, der es kann. Zumindest ist das Bemühen da. Guatemala ist stets bemüht. Wie das Ergebnis dann ausfällt ist eine andere Sache.



Guatemala hat ein ernsthaftes Müllproblem, wobei es ein deutliches Nord-Süd-Gefälle gibt. So richtig wilde Müllkippen haben wir nur im Süden des Landes gesehen. In Monterrico, einem kleinen verschlafenen Ort an der Pazifikküste, bot uns die örtliche Polizei den öffentlichen Strand zum Kampieren an. Ein kurzer Blick auf die müllübersäte, schattenlose Fläche genügte und wir entschlossen uns spontan ein Hotel zu beziehen. Dort lernten wir Familie Binet aus Frankreich kennen – Vater, Mutter, 2 Kinder – seit einem Jahr unterwegs sowie 2 Österreicher, mit denen es sich herrlich plaudern ließ und unsere Literaturkiste Zuwachs erhielt. Vielen Dank nochmal an dieser Stelle!





Guatemala verfügt über ein großes Potenzial, leider oft ungenutzt. Die touristischen Highlights sind klasse, was da zwischen liegt ist oft hässlich und wird nicht gepflegt. Das Bemühen nimmt dann stark ab, die Ideen sind einfallsloser und die Menschen einfältig, wie folgender kurzer Dialog, den ich mit einem der Zimmermädchen in unserem Pazifik-Hotel führte, zeigt:

Ich: „ Ich glaube, sie haben vergessen heute unser Zimmer zu reinigen. Könnten Sie das bitte noch machen?“.
Zimmermädchen: „Ja, klar. Soll ich auch die Handtücher austauschen?“
Ich: „ Oh ja, das wäre großartig“.
Zimmermädchen: „Soll ich auch den Boden fegen und wischen?“
Ich, etwas erstaunt über diese Frage: “Gerne“.
Zimmermädchen: “Und was ist mit dem Bad?“
Ich:“ Nun, es wäre prima, wenn sie auch die Dusche, das Waschbecken sowie das Klo reinigen könnten. Nicht zu vergessen den Behälter benutzten Toilettenpapiers zu leeren. Halt alles.“
Zimmermädchen (guckt mich mit großen Augen an, nickt langsam): „???“


Monterrico ist übrigens nicht irgendein Küstenort, sondern einer der touristischsten überhaupt. Das verwundert ein wenig, denn besonders viel zu bieten hat er nicht (vielleicht war das ja mal anders!?). Der Strand wie auch viele Straßen innerorts, sind schmutzig. Einzig die Hauptstraße ist geteert. Die meisten Restaurants und Bars schließen früh, womit 20, 21 Uhr gemeint ist. Hühner und Schweine laufen überall herum, wobei letztere durchaus auch einmal durch die Straßenstände scharwenzeln, in denen Frauen mit Ausblick auf ein paar zusätzliche Quetzales Kleidungsstücke anbieten, an denen zuvor mehrere der Borstentiere neugierig geschnüffelt haben.




Der Ort am schwarzen, weil vulkanischen Sandstrand, ist per Sandpiste erreichbar oder per Fähre, wobei Fähre an sich etwas übertrieben ist. Man betet ziemlich viel, wenn man sie benutzt.
Einen wirkliches Naturerlebnis bietet Monterrico dann aber doch noch: in der örtlichen Station zum Schutz der Meeresschildkröten kann man gegen ein paar Quetzales Pate der frischgeschlüpften Kröten werden und sie behütet vor allerlei Räubern eigenhändig in die Freiheit entlassen.


Wir verlassen Guatemala nach 5 Wochen mit vielen tollen Bilder im Gepäck von Stätten wie Yaxhá oder Antigua, zusammen mit der Erkenntnis, dass hier mehr gehen könnte.

Immer wieder sonntags ...



… und donnerstags treffen sich die Händler in Chichicastenango.
Auf der Plaza sowie auf den angrenzenden Straßen reiht sich
ein Verkaufsstand an den nächsten. Angeboten wird so ziemlich
alles, was das Herz begehrt. Hier ein paar Kurzwaren, dort Schuhe
oder Souvenirs, T-Shirts, gewebte Decken, bunte Tücher und Stühle wechseln den Besitzer genauso wie kiloschwere Säcke voller Mais oder Bohnen, die Lastenträger zu den Bushaltestellen schleppen.




Die Treppe vor der Iglesia de Santo Tomás gehört den Blumenhändlerinnen. Es ist auch der Ort, wo sich sonntags die Bruderschaften (cofrades) treffen. Weihrauch wird entzündet, der das ganze Geschehen in duftenden Rauch hüllt. Es ist, als sei man um 100 Jahre zurück versetzt. Dann setzt sich langsam eine Prozession in Bewegung. Auf den Schultern der cofrades werden zentnerschwere Heiligenfiguren in einem langen Zug durch Chichi getragen, begleitet von Flötenspielern, Trommlern und gezündeten Knallkörpern, die Wünsche und Gebete schneller in den Himmel tragen sollen.



Es ist Markttag in Chichicastenanago.








Donnerstag, 13. Januar 2011

Stille Örtchen oder wenn Chili 2 Mal brennt

Eine vielgestellte Frage ist eher etwas intim, gilt aber letztlich einem sehr menschlichen Bedürfnis: „wie macht ihr das eigentlich mit der Toilette wenn ihr z.B. in einem kleinen Städtchen vor einer Polizeistation übernachtet?“ Nun, wir zogen los ohne eine eigene Toilette, weil einfach kein Platz war im Landy eine einzubauen. Eine transportable Chemietoilette hätte ebenfalls zu viel Platz weggenommen. Außerdem können wir in Mittelamerika die dafür benötigten Chemikalien nicht überall nachkaufen. So lange wir in den USA unterwegs waren, gab es keine Problem, da an Bedürfnisanstalten weit und breit sowie Tag und Nacht kein Mangel herrschte. Seit Mexiko sieht das etwas anders aus. Spätestens seit der Halbwüste Baja California kann auch keine Buschtoilette mehr benutzt werden, weil einfach kein Busch da ist. Was also tun? Wir haben jede Menge Läden und Märkte nach brauchbaren Alternativen abgesucht und jede Idee schließlich aus den unterschiedlichsten Gründen wieder verworfen. Ein Töpfchen, wie man es für Kinder benutzt, ist z.B. schlichtweg zu klein. Nun haben wir uns für eine „Trockentoilette“ des Herstellers „Eigenbau“, Marke „Einfach“, Modell „Supereinfach“ entschieden und kommen damit sehr gut zurecht. Letztendlich besteht die Lösung aus einer stabilen Kunststoffschüssel und einer eingespannten Einwegplastiktüte, letztere gut verschließbar und ebenfalls besser etwas stabiler.

Klar, wenn einer von uns muss muss der andere draußen oder oben warten, bis der Eine fertig ist. Da sich bei uns das „Schlafzimmer“ in der ersten Etage befindet, geht das recht gut, auch wenn es anfangs etwas gewöhnungsbedürftig war. Doch was will man machen, wenn man „sicher“ vor der Polizeistation parkt aber weit und breit kein Klo zu finden ist, dafür aber jede Menge Polizisten herumstehen?

Am Strand (Baja California)
Öffentlichen Toiletten Vertrauen zu schenken fällt sowieso nicht immer leicht. Neulich z.B. beobachteten wir, wie der Fußboden in einer Toilette mit einem Wischmopp gewischt wurde. Die Putzfrau trug Handschuhe, die ihr weit bis über den Ellenbogen reichten, Gummistiefel und zusätzlich einen Mundschutz, was entweder auf Ekel ihrerseits hindeutete oder aber der Tatsache geschuldet war, dass hier besonders aggressive Putzmittel zum Einsatz kamen. Der Mopp stellte sich überdies als multifunktional heraus, denn nachdem der Fußboden gereinigt war wurde damit kurzerhand auch über die Waschbecken gefahren. Es liegt die Vermutung nahe, dass ebenfalls die Klobrillen mit eben diesem Mopp behandelt wurden, was sich allerdings unserem Auge entzog. Verständlicherweise ziehen wir inzwischen oft unseren Eigenbau vor.
Manche der Toiletten sind mit einer Toilettenbrille ausgestattet. Wir sprechen hier nicht nur von öffentlichen Toiletten sondern auch von Toiletten in guten Restaurants, in Hotels, auf Campingplätzen, bei Gastgeberfamilien oder in staatlichen Gebäuden. Ist eine Brille vorhanden und sieht die Toilette insgesamt sehr sauber aus, kommt man schnell in Versuchung sich auf die Brille auch tatsächlich drauf zu setzen um sein Geschäft ganz entspannt angehen zu können. Natürlich wird ordentlich Klopapier auf die Brille gelegt um einen direkten Kontakt zu dem möglicherweise doch nicht ganz so sauberen Objekt zu vermeiden. Bei Temperaturen so um die 30 Grad und bei über 70% Luftfeuchtigkeit kommt man jedoch, sitzt man auf einem nicht atmungsaktiven Gegenstand wie einer Plastikklobrille, schnell in Schwitzen, ich jedenfalls! Vor allem dann, wenn am Vortag mal wieder ordentlich Chili im Essen war. Chili brennt nämlich 2 Mal und ist damit obendrein jedes Mal schweißfördernd. Möchte man endlich nach vollendetem Geschäft wieder aufstehen, klebt das Toilettenpapier sagenhaft fest am schwitzenden Po und an den Oberschenkeln. So richtig anfassen um es abzuziehen mag man es jetzt nicht. Schließlich war die eine Seite bereits in Kontakt mit der Klobrille.

Bei Bedarf ist die Klobrille selbstständig aufzulegen
Die meisten Toiletten besitzen hierzulande allerdings keine Klobrille, das nackte Porzellan findet man vielerorts vor, was vielleicht auch besser so ist. So kommt man nämlich erst gar nicht in Versuchung sich auf die Toilette zu setzen, man hockt sich einfach nur darüber. Das sieht dann vielleicht ein bisschen so aus als würde man für den nächsten Skiurlaub trainieren, dient aber alleine der eigenen Hygienevorsorge. Außerdem sieht es ja auch keiner und zudem kräftigt es täglich die Oberschenkelmuskulatur. Bei dieser Nummer muss man nämlich so tief wie möglich in die Hocke hinunter damit man auch trifft, man muss aber immer noch so weit wie möglich von der Kloschüssel entfernt bleiben um bloß keinen Kontakt damit zu riskieren. In dieser Haltung bleibt man dann schön ausbalanciert bei voller Muskelanspannung hocken, so lange es eben dauert. Wie einfach sind dagegen in arabischen oder asiatischen Ländern doch die echten „Hocktoiletten“, die mit dem Loch im Fußboden. Da hockt man ziemlich entspannt drüber, weil man eben keine Muskeln anspannen muss.

Dieses akrobatische Manöver ist an sich schon nicht ganz so einfach. Wenn die Toilettenzelle dann aber auch noch so klein geraten ist, dass man in der gebückten Haltung beim Ausbalancieren mit dem Kopf gegen die Tür zu stoßen droht, macht es einfach keinen Spaß. Wer nicht wirklich muss, der muss jetzt nicht mehr. Die meisten Toilettenwände oder Türen möchte man nämlich ebenfalls unter keinen Umständen berühren, schon gar nicht mit dem Kopf. Ein Problem stellt in den ganz kleinen Toilettenzellen auch das Wieder-hoch-kommen dar. Man kann ja nicht so richtig Schwung holen um wieder in eine aufrechte Position zu gelangen. Griffe zum Festhalten und hochziehen gibt es keine. Und gäbe es welche, würde man sie vermutlich ebenfalls allerhöchstens dann anfassen, wenn gewiss wäre, dass man sich hinterher mit Seife und viel Wasser ordentlich die Hände waschen könnte. Das mit den Waschbecken, sind überhaupt welche vorhanden, ist aber ein ganz eigenes Thema... Also trainiert man die Oberschenkelmuskulatur doppelt. Mit viel Anstrengung muss diese, nach vollendetem Geschäft, dafür sorgen die Beine durchzustrecken und den Oberkörper nach oben zu bringen. Wie gesagt, ohne dabei Wand oder Tür zu berühren.

Einige Kloschüsseln sind nahezu trocken, in anderen steht das Wasser so hoch, dass man befürchten muss eine kleine Fontäne auszulösen, lässt man sein Geschäft dort hinein plumpsen. Um zu vermeiden, dass einem das Wasser dabei an den Po spritzt, könnte man auf die Idee kommen zuvor ein paar Blätter Toilettenpapier auf die Wasseroberfläche zu legen. Hierzulande darf man das nicht. Das Toilettenpapier, jawohl auch das benutzte, wirft man hier in einen Papierkorb der meist neben der Toilette steht. Um die dünnen Abflussrohre nicht zu verstopfen, heißt es überall, und um keine unnatürlichen Dinge in die Kanalisation zu bringen (welche Kanalisation?). Ohnehin ist das Toilettenpapier hier derartig dünn, dass man hindurchsehen kann. Selbst dann wenn man das 4-lagige Papier kauft. Dieses Papier löst sich in Null-Komma-Nichts auf, kommt es mit Wasser in Berührung. Für die Kanalisation ist das sicherlich ganz toll, sollte aus versehen doch einmal etwas von dem Papier in der Kloschüssel landen und nicht im Papierkorb. Für die eigenen Hände ist das manchmal nicht so toll. Gerät man nämlich auf der Toilette ins Schwitzen, was durchaus schnell passieren kann, wie eben erwähnt, ist das Papier ruckzuck durchgerissen während des „Wisch-Vorgangs“. Das passiert selbst dann, wenn man das 4-lagige Papier nochmals 4 Mal übereinander legt. Es bleibt einfach am Po kleben und zerreißt zwischen den Fingern.


Die Geier warten schon
Dennoch kann man froh sein wenn man dieses Klopapier dabei hat. Vielerorts ist in den Toiletten nämlich gar kein Klopapier vorhanden. Es ist hier sogar die Regel, dass man sein eigenes Toilettenpapier mitbringt. In öffentlichen Toiletten wird das Klopapier manchmal von einer Toilettenfrau zugeteilt, ungefähr 8 - 10 Blatt, lose, unverpackt, von einer großen Rolle händisch abgerollt und zusammengelegt. Was mag die Dame wohl zuvor mit ihren Händen alles angefasst haben?

In ganz modernen öffentlichen Toiletten haben wir auch schon mal einen Klopapierautomaten gesehen. Da steckt man 5 Pesos oder so hinein und surrend kommt dann das Toilettenpapier heraus. Ebenfalls so 8 – 10 Blatt, das einlagige natürlich. Da die Menschen in Lateinamerika für gewöhnlich etwas kleiner sind als wir Europäer, sind diese Automaten meistens sehr niedrig installiert. Wenn der Automat die 8 - 10 Blätter abgespult hat, liegen davon mindesten 2 - 3 bereits auf dem Boden, ist man nicht schnell genug und fängt das Papier rechtzeitig auf. Und mag die Toilette auch noch so modern sein, die Böden sind nie sauber.

In älteren Toiletten kommt es oft vor, dass die Tür sich nicht verschließen lässt. Der Riegel, der an der Tür befestigt ist, ist schon mal 5 cm höher angebaut als das Schloss im Türrahmen. Das passt dann einfach nicht. Auch nicht mit ganz viel „good will“. Manchmal ist auch die Tür so gute 5 cm kleiner als der Türrahmen. Nicht in der Höhe sondern in der Breite. Da geht das mit dem Riegel dann auch nicht, der reicht nicht so weit, selbst wenn hier die Position stimmt. Dafür kann man durch den großen Spalt hindurchsehen und weiß sofort, ob besetzt ist. Das hat doch auch etwas. In anderen Toiletten gibt es erst gar keine Riegel. Soll man doch froh sein, dass immerhin eine Tür vorhanden ist. Macht ja auch nichts, wird schon keiner kommen, denkt man sich, während draußen ein Bus voller Touristen hält... Oft sind die Türen nicht im Lot angebracht. Da kann es schon mal sein, dass sich so eine Tür von ganz alleine bewegt. In diesem Fall geht die Tür, immer schneller werdend, garantiert nach außen auf und man hat keine Chance das Ding mit dem Fuß zu stoppen. In solchen Momenten ist man ja gerade mit „ausbalancieren“ beschäftigt und so richtig anfassen mag man die Tür auch nicht. Schwupps ist es zu spät und die Tür steht sperrangelweit offen. Schön sind auch die Toiletten, die statt einer Tür ein Tuch oder einen Duschvorhang besitzen. Den mag man zwar ebenfalls nicht anfassen, das Problem des Sich-Selbständig-Machens gibt es hier jedoch nicht, oder? Das Problem gibt es doch. Denn kaum hat man es sich in dem stillen Örtchen so richtig gemütlich gemacht, kommt ein Windstoß, woher auch immer. Der weht einem den Vorhang direkt an die Nase und das Tuch klebt einem im Gesicht. Kommt der Wind aus der anderen Richtung, bläht sich der Vorhang zunächst wie ein Spinnakersegel auf, um gleich danach wie eine Fahne in der Luft zu flattern und die komplette Toilette freizugeben. Welche Windrichtung mir lieber ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht.

Hochdruckspülungen, wie man sie aus Flugzeugen oder modernen Zügen in Europa kennt, sind in den USA überall der letzte Schrei und inzwischen vielfach gegenwärtig. In Lateinamerika ist man oft für den Hochdruck der Toilettenspülung selbst verantwortlich. Neben der Kloschüssel, die sehr wohl immer einen Abfluss hat, aber nicht immer über einen Spülwasseranschluss verfügt, steht dann ein Eimerchen welches mit Wasser aus einer großen Tonne zu füllen ist um es nach erfolgreichem Geschäft mit viel Schwung in die Toilette zu schütten. Will man selber trocken bleiben, muss man schon ein wenig zielsicher sein bei dieser Aktion, denn wenig Schwung nützt hier nichts. Das lässt höchstens den Wasserstand in der Kloschüssel ansteigen und der 2. Versuch alles Fortzuspülen, selber dabei aber trocken zu bleiben, wird ungleich schwieriger.

Okay, es gibt selbstverständlich auch Toiletten die einen Spülwasseranschluss besitzen. Oft ist hier allerdings gerade der Druckknopf kaputt und man muss irgendwie an einem kleinen Nippel herumfingern um den Spülvorgang auszulösen. Spült die Toilette endlich, kann es vorkommen, dass die Wassermenge viel zu gering ist um alles weg zu bringen. In diesen Fällen wartet man eine gefühlte viertel Stunde bis das Spülwasserbecken wieder aufgefüllt ist und der Spülvorgang von Neuem ausgelöst werden kann. Ist endlich alles weg, macht es doch plötzlich wieder „flop“ und ein alter Bekannter taucht aus den Tiefen des Abflussrohres wie ein Korken auf und kreist in der Schüssel. Ich habe es erlebt, auch nach 5-maligem Abziehen - flup – und der Kollege ist wieder da. In diesen Situationen hoffe ich, dass ich nicht gesehen werde wenn ich aus der Toilette herauskomme. Das ist einfach zu peinlich. Anderen ergeht es wohl manchmal ähnlich, es ist nämlich nicht selten, dass bereits etwas ausgefranstes Braunes in der Schüssel schwimmt, öffnet man den Toilettendeckel. Wie eingangs schon erwähnt, wer nicht wirklich muss der muss in solchen Momenten nicht mehr.

Hier wird noch selbst gespült
In manchen Aborten freut man sich darüber, dass man sich morgens zufällig für die Schuhe entschieden hat, die eine etwas dickere Sole besitzen. Bei der eigenhändigen „Hochdruckspülung“ kann nämlich schon mal etwas daneben gehen. Eigentlich möchte man gar nicht so genau wissen, ob der Boden der Toilette, die man betritt, feucht ist weil vielleicht gerade gewischt wurde oder weil zuvor doch etwas mehr daneben gegangen ist. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt und so hofft man immer, dass diese Toilette gerade mit ordentlich viel Wasser und Putzmittel gewischt wurde. Wenn man nun die Hose herunter lassen muss ist das schon wieder so eine Sache, denn die Hosenbeine sollen bitte unter gar keinen Umständen mit dem feuchten Etwas auf dem Boden in Berührung kommen. Sofort ist die gute Hoffnung wie weggeblasen und man ist krampfhaft bemüht in der viel zu engen Toilette die Hosenbeine so weit hochzukrempeln, dass sie bitte bei heruntergelassener Hose garantiert nicht auf dem nassen Boden aufsetzen. Keine leichte Übung. Zumal ich während diverser Touren gerne diese Cargohosen trage und die Taschen an den Hosenbeinen voll sind mit Mückenspray, Kameraersatzakkus, Speicherkarten, Stadtplan, Toilettenpapier und was da sonst noch so alles hineinpasst.

Über die Gerüche, die an einigen dieser stillen Örtchen meist schwer in der Luft hängen, fällt es etwas schwer zu schreiben. Mit ein wenig Phantasie kann man sich aber vielleicht vorstellen was einem an diversen Plätzen schon von weitem entgegen weht. Schließlich werden die Toiletten nicht an jedem Ort regelmäßig geputzt und gesäubert. Alleine das benutzte Klopapier das in einem oft viel zu kleinen und viel zu selten geleerten Körbchen landet, sorgt schon für ordentlich Gestank. Bei über 30 Grad und entsprechend hoher Luftfeuchtigkeit ist es auch nicht besonders verwunderlich das molekularen Zusammensetzungen und biologische Zersetzungsprozesse hier alles geben und innerhalb kürzester Zeit für ordentlich stinkende Gase sorgen.



Will man sich übrigens nach der Toilette die Hände waschen, findet man höchstwahrscheinlich kein funktionierendes Waschbecken vor. Aber wie gesagt, das ist ein eigenes Thema und wird wohl später, zusammen mit den Duschen die wir auf dieser Reise vorgefunden haben, ein eigenes Kapitel füllen.

Billiger als eine Fahrt mit der Achterbahn

Der Bus - Haupttransportmittel
Mit einem dieser altehrwürdigen, bunten, auf Hochglanz polierten Busse fahren wir nach Guatemala City. Die Fahrt an sich ist abenteuerlich. In halsbrecherischer Fahrt geht es die kurvenreiche, vierspurige Schnellstraße Richtung Zentrum von „La Capital“, wie die Hauptstadt Guatemalas von den Einheimischen genannt wird. Die Busse tragen Namen wie „Milagro“ (Wunder) oder „Esperanza“ (Hoffnung), oft zusätzlich noch den der Liebsten, etwa „Amandita“, „Camelia“ oder „Zarita“. Nicht selten baumelt ein Jesus am Kreuz vom Rückspiegel oder der Spruch „Dios me guía“ („Gott führt mich“) ziert das Blech. Was hier wem Mut geben soll bleibt unbeantwortet. Möglicherweise traut der Busfahrer seinen eigenen Fahrkünsten nicht (nur rund ein Drittel der Guatemalteken besitzt einen Führerschein). Die Fahrt im Bus jedenfalls gehört mit zu den eindruckvollsten Erlebnissen überhaupt. In jeder der engen Kurven klammern wir uns krampfhaft am Haltegriff des Vordersitzes fest, um unserem Sitznachbarn nicht noch dichter auf die Pelle zu rücken, als ohnehin schon auf den knapp bemessenen Sitzbänken, die immer für 3 Personen herhalten müssen. Sobald der Bus die Richtung ändert erheben sich alle Fahrgäste wie auf ein Kommando, um sich wieder in die ursprüngliche Position zu setzen, denn niemand ist wirklich in der Lage der Fliehkraft des eigenen Körpers mit Klammergriffen zu trotzen. Bis zur nächsten Kurve. Gedanken an eine Fahrt mit der Achterbahn auf einem Jahrmarkt werden wach, nur ist diese hier viel billiger! (30 Minuten Busfahrt gibt´s für 5 Quetzales, was ungefähr 50 Cent entspricht). Außerdem holen wir uns blaue Knie, denn der Guatemalteke an sich ist eher klein, weshalb die Sitzabstände entsprechend kurz ausgefallen sind und wir uns ständig an der Rücklehne des Vordersitzes stoßen.

Auf den Busbahnhöfen ist immer viel los
Verglichen mit dem Job des Ayudante, dem Helfer des Chauffeurs und Kassierers, befinden wir uns in ziemlich sicherer Obhut. Der Helfer hängt nämlich während der gesamten Fahrt halb aus der offenen Tür, um weitere Fahrgäste anzuwerben, wobei er sich lässig mit einer Hand an der aufgeklappten Tür festhält (wehe, die Arretierung löst sich) oder entschwindet kurzzeitig durch die Hecktür, um geschwind wie eine Katze eine der beiden Heckleitern hochzuklettern. Oben liegen ja die schweren, sperrigen Gepäckstücke wie Säcke, Körbe, Kisten, die für die Fahrt, besonders, wenn es über Land geht, festgezurrt werden müssen.

Die Kathedrale von La Capital
Unsere Fahrt führt vorbei an endlosen Reihen mit Straßenständen, an denen viel Essbares angeboten wird. Dann und wann springt einer der ambulanten Verkäufer in das Wageninnere und gibt eine kostenlose Vorführung seines Verkaufsprodukts zum Besten. Nach einigen einleitenden Worten zum persönlichen Schicksal beginnt die Bewerbung des Verkaufsartikels. Da kann man Minenbleistifte erwerben, Radiergummis, geschälte Orangen oder ein Tütchen Weingummis. Die Aktion endet immer mit einem „Gott segne sie“ und so schnell, wie der Verkäufer aufgetaucht ist verschwindet er auch wieder, meistens um ein paar Quetzales reicher, denn irgendwer lässt sich immer erweichen.

Der Nationalpalast
La Capital gilt als gefährliches Pflaster und ist nicht wirklich eine Schönheit zu nennen (im Gegensatz zu Antigua, die eine weitere koloniale Perle ist). Uns kann sie bei unserem Besuch nicht überzeugen. Viele Betonbauten ohne Charme lassen sie nüchtern erscheinen und erinnern eher an sozialistische Architektur als an eine Kolonialstadt. An vielen Ecken riecht es nach Urin. Der offizielle Werbeprospekt des guatemaltekischen Fremdenverkehrsamts verspricht „eine moderne Metropole, die von einer faszinierenden Vergangenheit auf dem Weg in eine viel versprechende Zukunft ist“. Was dazwischen liegt, die Gegenwart, lässt weder das Erste erahnen, noch das andere vermuten.

Guatemala City ist nicht besonders schön
"Wie ist es hier zu leben?“, frage ich den Taxifahrer, der uns nach unserer Sightseeingtour zum Busbahnhof zurückbringt und uns eindringlich davor warnt auch nur einen Schritt zu Fuß außerhalb des Zentrums zu gehen. „Hart“, lautet seine Antwort, die uns nicht überrascht. In diesem „duro“ drückt sich kurz und bündig aus, was viele Guatemalteken, die wir sprechen, bestätigen. Das Leben hier ist kein Zuckerschlecken. Die Gegensätze von arm und reich sind immens und scheinen unüberbrückbar. Gewalt, Verbrechen, Unsicherheit, Korruption, Drogen, Diskriminierung heißen die Schlagwörter, hierum rankt sich vielfach das (städtische) Leben und es soll in den vergangenen Jahren schlimmer geworden sein. Viele Fenster, auch in den oberen Stockwerken, sind vergittert, teilweise haben die Gitter Gitter. Wer es sich leisten kann beschäftigt bewaffnete Wächter, die Pumpgun gehört zum allgemeinen Erscheinungsbild. Viele Läden, vom kleinen Krämer über die Apotheke bis zum Eisenwarenhändler, haben Gitter um ihre Verkaufsräume gezogen. Als Kunde kann man das Geschäft selbst gar nicht betreten, sondern gibt quasi am Eingang seine Bestellung auf und ein Angestellter flitzt dann zu den Regalen, um alle Waren zusammenzusuchen. Ob es denn einen Ausweg gäbe aus dieser Misere frage ich den Taxifahrer und seine Antwort kommt auch hier spontan:“ Nur ein Wunder kann uns noch helfen!“.

Fazit: Guatemala City ist kein Muss. Antigua dagegen schon! - Hier geht´s zu den Fotos von Antigua




Silvester



Ein Land wie Guatemala ist natürlich nicht einfach nur schön. Unsere „Liebe auf den ersten Blick“ galt – und gilt noch immer – den unverwechselbaren Landschaften und den lieben Menschen. Nach gut 3 Wochen haben wir auch andere Gesichter des Landes kennengelernt: Kinderarbeit, wilde Müllkippen, rücksichtslose Autofahrer, Betrunkene und immer wieder Lärm unterschiedlichster Herkunft. Guatemala ist ein lautes Land, kaum jemand nimmt bei der Lärmerzeugung Rücksicht auf andere. Es vergeht kaum eine Nacht, in der wir nicht geweckt werden. Meist sind es bellende Hunde, die ihrem Job als Wächter nachgehen. Jeder, der Eigentum besitzt, besitzt auch mindestens einen vierbeinigen Aufpasser. Nicht selten sind es gleich 4 oder 5. Zusätzlich zu den bewaffneten zweibeinigen Wächtern, den hohen, oft mit Stacheldraht bewährten Mauern und vergitterten Fenstern versteht sich. In wie weit diese Sicherheitsmaßnahmen notwendig sind hat sich uns bisher nicht vollständig erschlossen. Es kursieren eine Menge Geschichten, die Zeitungen berichten schamlos über allerlei Tötungsdelikte, doch manchmal glauben wir, dass es sich um Paranoia handelt. Wer etwas auf sich hält hat halt einen Guardian, wer noch etwas mehr auf sich hält beschäftigt gleich mehrere Wächter und steckt sie zugleich in eine schicke Uniform. Natürlich darf der Revolver oder besser gleich noch eine Pump Gun dabei nicht fehlen. Eindruck schinden schreckt ja auch schon mal ab.

Das Zelt ist schon zugeklappt. Bloß weg hier!
Wir leiden vielerorts unter der Geräuschkulisse und weil es über Weihnachten und zwischen den Jahren besonders hoch her ging starten wir mit einem ordentlichen Schlafdefizit ins neue Jahr. An eine ausschweifende Silvesterparty war daher gar nicht zu denken. Uns war eher nach Ruhe und Stille, die wir am Izabal See zu finden hofften. Nach langer Suche fanden wir einen lauschigen, idyllischen Stellplatz bei einer Familie direkt am See und gingen auch tatsächlich früh schlafen. Die einzige Geräuschkulisse bildeten die Wellen des Sees. Herrlich. Die Knallerei um Mitternacht in der Nachbarschaft weckte uns jäh, was aber angesichts der Vertreibung der bösen Geister völlig in Ordnung war, so dass wir schnell weiterschliefen. Gevatter Hahn besagter Gastgeberfamilie fand nicht so schnell wieder in den Schlaf zurück und machte ab 3 Uhr morgens durch halbstündliches Gekrähe auf sich aufmerksam. Wie es in der Natur der Dinge liegt stimmte einer nach dem anderen der Hähne der Nachbarn in den nächtlichen Chor mit ein, bis die Reihe wieder an „unserem“ Hahn war. Mehr schlecht als recht verbrachten wir die restlichen Stunden bis zum Morgengrauen und schafften es sogar nochmal kurz einzuschlafen - bis uns Piepstöne weckten. Ich dachte mir sofort, dass es hier um ein schweres Fahrzeug beim Rückwärtsfahren handeln muss und war beeindruckt, dass die Guatemalteken sogar am frühen Neujahrsmorgen arbeiteten.

Doch dem war nicht so. Sage und schreibe drei Busse versuchten unweit des Landys zu parken und rangierten mit laut aufheulendem Motor auf dem Seegrundstück. Als wir schlaftrunken, gerädert und mit noch ganz kleinen Augen um 6 Uhr aus dem Zelt lugten, sahen wir die Überraschung: aus den Bussen strömten gut 120 Menschen fröhlich schwatzend in unsere Richtung. Kaum, dass sie das Seeufer komplett erreicht hatten, wurden Tische und Bänke angeschleppt sowie Picknickdecken rund um unseren Wagen am Seeufer ausgebreitet. Essen wurde ausgepackt, Kaffee ausgeschenkt und die ersten Kinder trugen bereits Badesachen. Völlig verdattert über diese Invasion die mit einer Annektierung „unseres“ Stellplatzes einherging, zogen wir uns zunächst unsere Schlafsäcke über den Kopf und glaubten zu träumen. Wir waren echt fassungslos. Die schwer erhaltene Ruhe und Stille fanden ein abruptes Ende. Es wurde sogar noch schlimmer: mehrere Jet-Skis und 2 Boote, an denen sogenannte Bananen hingen, kamen angeknattert und noch vor 7 Uhr morgens fanden sich bereits genügend Personen, die einen Ritt auf den Wellen wagen wollten, der dann unter lautem Gekreische der Teilnehmer stattfand. Auch die ersten Souvenirverkäufer fanden ihren Weg zu uns sowie Verkäufer für Schwimmhilfen, Picknickdecken und Hängematten (fast hätte der Landy sogar zur Befestigung einer hamaca herhalten müssen). Als schließlich noch Feuerholz, wohl für die ersten Grillstellen, im Morgengrauen herangetragen wurde, gaben wir auf... Alles in allem war es also kein ruhiges Silvester, so wie wir es geplant hatten.

 
 
 
P.S. Bei den Ausflüglern handelte es sich um Einwohner von Guatemala City. Sie waren bereits um 01.00 Uhr nachts aufgebrochen, um einen freien Tag fernab der Stadt zu verbringen.

Donnerstag, 6. Januar 2011

Río Dulce

Von Flores sollte unsere Route durch die Mitte Guatemalas führen. Über das Städtchen Cobán und eine große natürliche Kalksteinbrücke in Semuc Champey sollte es gehen, doch daraus wurde nichts. Im Department Cobán geht es hoch her; Drogenkartelle versuchen sich gegenseitig das Geschäft streitig zu machen und überhaupt haben in der Provinz Cobán Drogenbosse das Sagen. Die guatemaltekische Regierung sieht sich nicht mehr Herr der Lage und hat kurzerhand den Ausnahmezustand verhängt. Das bedeutet, das Militär ist nun hier am Zuge, Straßen sind gesperrt und wir beschließen, lieber einen Bogen um die Gegend zu machen. Dazu fahren wir eine Alternativroute im Osten des Landes und landen schließlich in Río Dulce.

Der Ort besteht fast nur aus einer staubigen Hauptstraße, auf der sich ein Geschäft ans andere reiht. Kurz vor Silvester sind einige Stände mit Feuerwerkskörpern darunter. An einem von ihnen bleibt unser Blick an einigen besonders großen Böllern hängen: das Konterfei Osama Bin Ladens schaut uns entgegen. Von diesem Marketing-Gag angezogen kaufen wir zwei und jagen sie an Silvester genüsslich in die Luft. Beim Anblick des Flusses und Izabal Sees mit seinen Marinas werden sofort heimatliche Gefühle in uns wach. Es ist, als würden wir an Hamburgs Elbe stehen und den Seglern und Jachten zuschauen, die auf den sanften Wellen schaukeln. Wir finden einen Stellplatz bei Bruno´s Restaurant und unternehmen eine Bootstour nach Livingston. Der Ort wurde von ehemaligen, geflohenen Sklaven gegründet und ist auch heute noch ausschließlich auf dem Wasserweg erreichbar.

Ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk



Ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk habe ich dieses Jahr bekommen. Es war so toll, so klasse, dass mir richtiggehend flau im Magen wurde und meine Körpertemperatur anstieg. Das ungewohnte Essen vielleicht (die letzten Tacos, die wir an einem Straßenrand aßen, fand ich schon vom bloßen Angucken unappetitlich) oder vielleicht das – zugegebenermaßen – leicht bräunliche Duschwasser der letzten Unterkunft … Die Muskelschmerzen allerdings wollten nicht so recht zu einem verdorbenen Magen passen. Etwas besorgt wegen der Symptome beschlossen wir einen Arzt aufzusuchen und an der Hotelrezeption empfahl man uns das Hospital Privado, eines der wenigen privat geführten Kliniken, die als die Topadresse in Flores gilt. Bei unserer Ankunft sah das Gebäude ziemlich verlassen aus und wir schätzten unsere Chancen, auf medizinisches Personal zu treffen, nicht besonders groß ein. Die Klinik lag fast völlig im Dunkeln. Nur über der Eingangstür blinkte leuchtend bunt ein Rentier. Zögernd gingen wir in die weihnachtlich dekorierte Eingangshalle. Außer einem geschmückten Weihnachtsbaum, der uns ebenfalls anblinkte, herrschte gähnende Leere. Auf unser lautes „Hola“ hörten wir Schritte. Eine Frau rief uns freundlich ein „Adelante“ entgegen. Wir traten näher und wurden von der pummeligen Schwester (wir nahmen jedenfalls an, dass es eine war. Sie trug keine Schwesternkluft, sondern einen Jeansrock mit weißer Bluse und schwarzen Pumps) begrüßt und in eine Untersuchungskabine geführt. Nachdem wir kurz meine Symptome geschildert hatten sagte sie uns, der Arzt (der einzige?) würde sich gerade nach einem Kaiserschnitt erholen (waren wir in einer Geburtsklinik gelandet? Gab es sonst keinen Arzt?) und in ein paar Minuten kommen.

Die Wartezeit nutzten wir, um uns ein wenig in dem kargen Raum umzuschauen: hellblau gestrichene Wände, von denen an einigen Stellen die Farbe abblätterte, blaue Fensterrahmen, ein klapperiger Holzschreibtisch mit einem ebenso klapperigen Metallstuhl davor, ein kleiner metallener Medizinschrank, fleckiger Linoleumfußboden und z.T. angegraute Fliesen an den Wänden. Die Liege, auf der ich saß, war genauso verrostet wie der Infusionsständer daneben. Ganz ehrlich: so richtig vertrauenerweckend sah das nicht aus.

Der Arzt, Doctor Valle, ein Mittfünfziger, ziemlich lockerer Typ in Designer-Jeans, Polo-Shirt und Puma-Turnschuhen kam nach ungefähr 15 Minuten. Nochmals schilderte ich mein Befinden. Nach kurzer Untersuchung stand das Ergebnis fest: Amöben. Die kleinen Biester sind hier allgegenwärtig und halten sich bevorzugt im Wasser auf, weshalb es eben nicht ratsam ist, z.B. Salat zu essen. Fast jeder Guatemalteke hat sie.

Auch, wenn der erste Eindruck etwas schmuddelig war, so erwies der Arzt sich doch als kompetenter Vertreter seines Fachs und ließ keinen Zweifel an seiner Diagnose aufkommen. Die verschriebenen Medikamente wirkten sehr schnell und nach 3 Tagen gehörten die Beschwerden schon wieder der Vergangenheit an. Ob sich der Notfall, der zur gleichen eingeliefert wurde, als wir uns dort befanden, auch so schnell erholt hat?:

Als die Liege mit dem älteren Mann vom Rettungswagen herein gerollt wurde herrschte sofort richtiger Trubel in der Untersuchungskabine neben mir und zusammen mit dem Patienten kam auch gleich die ganze Familie mit, um dem Kranken beizustehen. Etwa 10 Personen hielten sich fortan vor den beiden Kabinen auf. Warum auch immer, die Vorhänge der Kabinen, die ja wahrscheinlich als Sichtschutz dienen, blieben offen, so dass jeder sehr genau mitverfolgen konnte, was gerade so beim anderen ablief. Dazu klingelten immer mal wieder diverse Handys, die meisten mit weihnachtlichen Klingeltönen wie „Jingle Bells“. Der Eingelieferte hatte vermutlich etwas falsches gegessen. Er hatte Schaum vorm Mund und bekam ein Brechmittel eingeflößt. Durch die räumliche Nähe zueinander konnten wir akustisch sehr genau mitverfolgen, wie sich das Gegessene seinen Weg aus seinem Körper wieder nach draußen bahnte, begleitet von heftigen Gurgel- und Würgegeräuschen. Dazu stieg ein säuerlicher Geruch auf, der den ganzen Raum einhüllte. Wir waren ziemlich froh, als wir uns recht bald verabschieden und die Rückfahrt ins Hotel antreten konnten. Na, dann: Merry Christmas!

Unser Weihnachten in Flores




Statt Schneechaos und Glühwein können wir im weihnachtlichen Flores im Peten Itza See die Sonnencreme auspacken und Cocktails trinken. Die Tagestemperaturen liegen bei lauschigen 25 Grad, die Sonne lacht vom Himmel, der See schimmert türkis im hellen Licht und unser Hotel erinnert an eine südfranzösische Unterkunft. Meldungen über Schneemassen, die uns hier erreichen, können wir fast nicht glauben; die geschilderten Probleme über verspätete Züge, stillgelegte Flughäfen oder gesperrte Straßen erscheinen uns unwirklich auf dieser kleinen Insel mitten im See, auf der sich ein buntes Haus ans andere reiht. Der Ort ist touristisch, keine Frage. In den vergangenen 3 Monaten haben wir nirgends sonst soviele Reisende getroffen, was sich äußerst positiv für Infrastruktur erweist. Die kleinen bunten Häuser beherbergen jede Menge Cafés, Bars und Restaurants, weshalb wir gänzlich auf´s Kochen verzichten, zur Abwechslung essen gehen und uns bedienen lassen. Unser Hotel Casona de la Isla liegt, nur von der Uferstraße getrennt, direkt am See. Wir beziehen ein großes Zimmer, genießen es, ein Bad sowie eine heiße Dusche (24 Stunden!) zu haben und – jeder von uns kriegt sein eigenes Bett. Die Liegefläche von 2 Meter x 1,30 Meter, die wir uns normalerweise im Dachzelt teilen, kann ein jeder in den kommenden 6 Nächten sein eigen nennen. Beide wachen wir am Morgen nach der ersten Nacht quer auf der Matratze liegend auf!



Auch, wenn die Sonne scheint, so ist nicht wirklich alles sonnig. Rund ein Drittel der guatemaltekischen Bevölkerung lebt in Armut. Weihnachten oder Silvester finden für diese Familien, die z.T. mit 20 Quetzales (etwa 2 €) am Tag auskommen müssen, nicht statt. Wie jeden Tag wird es hier nichts anderes zu essen geben als Tortillas und Bohnen. Wer etwas mehr Geld zur Verfügung hat kann an Weihnachten Tamales zubereiten. Dieses traditionelle Gericht, dass es in nahezu allen lateinamerikanischen Ländern gibt, wird hier sehr gerne zur Weihnachtszeit gegessen. Es handelt sich um eine Masse aus Mais- oder Kartoffelteig, die in Bananenblättern gegart wird. Der Teig wird häufig mit Fleisch oder Gemüse gefüllt.



Einen Besuch in einem der Restaurants in Flores kann sich der durchschnittliche Guatemalteke sicherlich nicht leisten. Wir aber genießen diesen Luxus und werden schnell fündig im „La Luna“. Es sei jedem zu empfehlen, der gerne gut isst. Besonders empfehlen wir die Rinderrouladen inkl. Rotkohl, Salzkartoffeln und Soße. Sie sind vorzüglich in diesem von Deutschen geführten Restaurant und schmecken tatsächlich wie Daheim!

Die Tage in Flores verbringen wir angenehmerweise mit Nichtstun am Pool, schaffen es, mal wieder einen Roman zu lesen, gehen gemütlich spazieren, ohne uns etwas anzugucken, bummeln durch die Sträßchen des Ortes, ohne uns das nächste Ziel überlegen zu müssen.



Ansonsten scheint sich Weihnachten nicht besonders von dem zu unterscheiden, was wir so kennen. Je nach Geldbeutel gibt es Geschenke, aufwändiges Essen und Getränke. Die Deko ist nahezu identisch und wurde, so unsere Vermutung, aus den USA übernommen; bunt und reich geschmückte (Plastik-) Tannenbäume, an denen Kugeln, Sterne, Schleifen, Schneemänner oder Lichterketten befestigt sind, schmücken Entrées von Banken, Grenzstellen, Hotels oder stehen in irgendeiner Ecke des Ladens bzw. mitten im Wohnzimmer. Viele Bäume sind kitschig-bunt geschmückt, andere Ton-in-Ton und eher dezent. Der größte steht idR auf dem Hauptplatz eines Ortes oder vor einer Kirche und nicht selten sehen wir die Bäume als Reklametafel missbraucht. Da hängt z.B. Bierwerbung an den künstlichen Zweigen. Beliebt sind auch leuchtend bunte, blinkende Figuren, die Rentiere darstellen oder Sterne.



Traditionell werden zu Weihnachten Feuerwerkskörper entzündet. Die Knallerei beginnt vereinzelt bereits ein paar Tage vor dem Heiligen Fest und findet seinen Höhepunkt in einem großen Feuerwerk um Mitternacht des 24. Dezember. Danach wird privat weiter geknallt. Dazu treffen sich ganze Familien mitten auf der Straße. Es wird laut erzählt, gelacht und getrunken und es ist keine Seltenheit, dass die Böller bis 3, 4 oder gar 5 Uhr morgens durch die Straßen fliegen, um in den engen Gassen mit lautem Getöse zu explodieren. Bei einer dieser Entzündungen hat es uns sogar die Abdeckung der Klimaanlage von der Wand gehauen. Wir saßen kerzengerade im Bett, denn der Knall war besonders laut. Wie Ihr Euch vorstellen könnt war an Schlaf in dieser Nacht nicht mehr zu denken.