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Aktueller Standort seit 07. Mai 2011: Wedel und Hamburg, Deutschland

Dienstag, 8. Februar 2011

Im Slalom durch Honduras

Nichts los am Grenzübergang El Poy
Der Übergang El Poy an der Grenze El Salvador/Honduras ist einer coolsten, die wir bisher hatten. Kaum Betrieb, alles ruhig und geordnet. Jeder weiß, was zu tun ist, wenn auch etwas langsam. Die Beamten sind freundlich und nett. Sie vertreiben sich die Zeit zwischen den einzelnen „Kundenbesuchen“ mit Zeitung lesen oder unterhalten sich. Als wir den Raum betreten, in dem wir unseren salvadoranischen Ausreisestempel in den Pass gestempelt bekommen, wird erstmal die Musik leiser gedreht. Der junge Beamte scheint seine Lieblingsmucke zu hören, denn Lounge-Rhythmen hüllen den, wegen der starken Sonneneinstrahlung abgedunkelten Raum, ein. Er winkt uns zu sich, erledigt die Formalitäten und – zack – sind wir auch schon durch, kriegen noch schnell ein „buen viaje“ mit auf den Weg. Noch bevor wir wieder draußen sind wird die Musik wieder lauter gedreht. Ein kurzer Blick zurück lässt uns zusehen, wie der Beamte, kaum 20 Jahre alt, fröhlich im Takt mitwippt. Alles ganz locker hier!



Bei der Einreise nach Honduras geht es ähnlich leger zu. Auch hier ist keiner in Hektik. Wir sind es auch nicht, haben sogar vorgesorgt in dem wir einige der geforderten Kopien unserer Dokumente bereits mitgebracht haben (je 3 von Führerschein, KFZ-Schein und Pass). Vielleicht liegt es daran, dass die restlichen Kopien, nämlich je 3 vom Visum und von der Autoimporterlaubnis, die wir ja erst hier bekommen, von einer Zollbeamtin angefertigt werden. Wir sehen sie mit unseren Papieren die Straße entlang laufen, während wir im kühlen Schatten des Abfertigungsgebäudes auf ihre Rückkehr warten. Es ist ganz und gar ungewöhnlich, dass wir die Fotokopien nicht selbst besorgen müssen. Wir sind ehrlich überrascht, denn gerade von Honduras hätten wir das nicht erwartet, dafür kursieren einfach zu viele negative Geschichten. Überraschend auch, dass wir für Honduras ein eigenes 90-Tage-Visum erhalten. Eigentlich existiert ein gemeinsames, insgesamt 3 Monate gültiges Visum, für die Länder Guatemala, El Salvador, Nicaragua und eben Honduras über das sog. C4-Abkommen...

Die Wartezeit, bis unsere Formalitäten erledigt sind, nutzen wir, um uns bei einem Verkehrspolizisten nach den erforderlichen Ausstattungsmerkmalen für den Landy zu erkundigen. Von anderen Reisenden wissen wir, dass die Polizisten äußerst korrupt sind und sich alle möglichen und unmöglichen Dinge ausdenken, um die Gehaltskasse aufzubessern. Da ist die Rede von 2 Warndreiecken (was stimmt, weshalb wir im nächstgrößeren Ort eines dazu kaufen), einem Feuerlöscher (den haben wir schon) sowie reflectores, also reflektierende, selbstklebende rot-weiße Streifen, die am Wagen angebracht werden müssen. Angeblich. Die reflectores machen vor allem zu schaffen. Wir haben schon welche, wissen aber nicht, ob sie a) ausreichen und b) korrekt angebracht sind. Der Polizist beruhigt uns. Die reflectores, die wir haben, seien genau richtig und wir sollten uns nicht soviele Gedanken machen. Ha, wenn der wüsste, wieviele Traveller deswegen angehalten werden, nachrüsten und eine Menge „Trinkgeld“ bezahlen, um ihren Weg fortsetzen zu können. Wir haben gehört, dass die Selbstklebestreifen an manchen Grenzübergängen meterweise an selbstfahrende Touristen von der Rolle verkauft werden, die ihren Wagen eben nicht damit „dekoriert“ haben. Der Meter zu 18 Dollar!, ein echtes Schnäppchen. Besonders schlimm muss es mit der „Taschengeldaufbesserung“ auf der kürzesten Verbindung zwischen El Salvador und Nicaragua sein. Das relativ kurze Stück von 120 Kilometern soll an „guten“ bzw. „schlechten“ Tagen 10 Polizeikontrollen beinhalten. Vielleicht, so unsere Hoffnung, haben wir Glück, denn wir wollen Honduras ja insgesamt kennenlernen, so dass wir von vornherein andere Wege fahren.

Nach 1,5 Stunden, um 41 USD ärmer (je 3 für uns und 35 für den Landy) halten wir alle notwendigen Einreisepapiere für Honduras in den Händen. Der Schlagbaum öffnet sich und wir fahren unsere ersten Kilometer durch das zweitgrößte lateinamerikanische Land, wobei fahren übertrieben ist. Wir hätten nicht gedacht, dass nach den teilweise schlechten Straßenverhältnissen in Guatemala eine Steigerung möglich ist. Doch es geht. Honduras Straßen sind zum Großteil in einem erbärmlichen Zustand. Teilweise geht es im Slalom über die komplette Fahrbahnbreite und wir wissen manchmal nicht, ob wir lieber das rechte Schlagloch nehmen sollen oder doch besser das linke. Irgendeines erwischen wir nämlich immer, wobei wir dabei nicht davor gefeit sind, die Fahrbahnabsenkungen auch gleich noch mitzunehmen, so dass der Landy immer mal wieder in eine Schräglage gerät. Die ersten 70 Kilometer Fahrt gleichen eher einem ADAC-Fahrsicherheitstraining als einem entspannten Reisen. Da bringt es auch nichts, dass Kinder, mit einer riesigen Schaufel in der Hand, mitten auf der Straße stehen, um Erde und Sand in die Löcher zu bugsieren. Nach jeder Schaufelladung, die in den Höhlen des brüchigen Straßenbelags verschwindet, stehen die Kleinen, bereits komplett eingestaubt, als wären sie in einen Mehlsack gefallen, mit offener Hand da, in die geplagte Autofahrer hoffentlich ein paar Münzen fallen lassen (die hier übrigens Lempira heißen), während sie an den Kleinen vorbeischaukeln. Abgesehen davon ist es ganz schön: saftig grüne Wiesen, von Palmen umstanden, leuchten in der Sonne und alles ist umgeben von einem tollen Bergpanorama über das sich ein azurblauer Himmel erstreckt.






In Santa Rosa de Copán halten wir an einer Tankstelle. Mit dem Besitzer kommen wir ins Gespräch. Den kurzen Talk nutzen wir für unsere üblichen Fragen nach Übernachtungsmöglichkeiten sowie der Sicherheitslage. Unser Dilemma, einen sicheren Stellplatz in einem Land zu finden, dass fast keine Campingmöglichkeiten kennt sowie als ziemlich gefährlich gilt, bereitet ihm einiges Kopfzerbrechen. Santa Rosa selbst bezeichnet er zwar als ruhig, möchte aber natürlich auch nicht dafür garantieren, dass hier nichts passiert. Wir fragen ihn, was es denn sei, dass Honduras so unsicher mache. Seine Antwort kommt prompt: „Der Hunger und die Gier!“. Schließlich erhalten wir einem Tipp für ein neu eröffnetes Hotel mit Restaurant ca. 14 km entfernt. Wir finden das Hotel Betel sofort und sind begeistert, denn es befindet sich ca. 200 Meter oberhalb der Straße, es gibt keine Hunde und Hühner, so dass die Nacht ruhig zu bleiben verspricht. Denis, der Besitzer, war bis vor ein paar Jahren Kaffeebauer. Als die Preise für Kaffee sanken entschloss er sich seine Plantage, immerhin 16 Hektar, zu verkaufen. Von dem Erlös baute er „Betel“, ein Hotel mit 10 einfachen Zimmern sowie ein Restaurant, in dem platos típicos angeboten werden. Alkohol muss mitgebracht werden. Denis und seine Familie sind Christen, wie er uns erzählt, weshalb Alkohol tabu sei (übrigens gibt es auch keine Softgetränke). Wir bestellen einmal ein typ. Abendessen, das aus Maistortilla, Bohnenmus, Avocado, Käse und etwas gebratenem Chorizo besteht. Dazu gibt’s dünnen Milchkaffee. Was den Alkohol betrifft: wir haben Bier im Kühlschrank. Schnell wandert es auf unseren Tisch. Im Radio spielt ein christlicher Sender religiöse Popmusik immer wieder unterbrochen von kurzen Predigten, die nicht zu überhören sind, denn auch der angrenzende Hof, auf dem wir parken, wird gleich mitbeschallt. Nach dem Abendessen dämmert es bereits; bald schon ist die Sonne komplett hinter den umliegenden Bergen verschwunden (nach wie vor sind wir jeden Abend erstaunt, dass es um 18.30h stockfinster ist). Wir beschließen, früh schlafen zu gehen. Aus dem Restaurant tönen Predigten und moderne Kirchenlieder zu uns herüber. „Da hat Denis wohl noch Gäste“, denken wir. Das denken wir auch noch 1 und sogar noch 2 Stunden später. 3 Stunden nach dem wir uns schlafen gelegt haben sind wir etwas nervös, denn im Restaurant brennt kein Licht mehr, das Radio aber spielt noch immer. „Was ist da los?“. Wir hegen eine Vermutung, getrauen uns jedoch nicht, sie wirklich zu glauben, bis wir am kommenden Morgen mit Denis sprechen: er lässt das Radio absichtlich die ganze Nacht hindurch spielen, um sich mit dieser „intelligenten Methode“, wie er betont, ungebetene Gäste vom Leib zu halten. Wir sind stinkesauer, denn wir konnten wieder einmal nicht richtig schlafen. Entsprechend kurz fällt unsere Verabschiedungszeremonie aus. Mit einem, im wahrsten Sinne des Wortes, müden Lächeln machen wir uns auf den Weg Richtung Copán und üben uns weiterhin im Slalom-Fahren.


Lago de Yojoa

1 Kommentar:

  1. Das Slalom-Fahren geht dann hier in Deutschland weiter. Ihr macht euch keine Vorstellung, wie die Straßen hier aussehen. Schon nach dem letzten Winter war es schlimm, aber jetzt hat JEDE Straße Löcher, mehr oder weniger notdürftig geflickt. Oder die Gemeinden machen es sich einfach, stellen ein 30 Km/h Schild auf, weisen so auf Strassenschäden hin und reparieren nichts.
    Also in der Beziehung nicht so ein grpßer Unterschied zu Mittelamerika ;o))
    Liebe Grüße Monika

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