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Aktueller Standort seit 07. Mai 2011: Wedel und Hamburg, Deutschland

Samstag, 2. Oktober 2010

Unser 1. Schultag

Je weiter wir auf der Baja südwärts kommen, desto weniger werden wir auf Englisch angesprochen und jedes spanische Wort, das wir kennen, macht sich bezahlt. Was liegt näher, als vorhandene Sprachkenntnisse aufzufrischen (Becci) bzw. eine solide Basis (Fred) dafür zu schaffen. In La Paz, dem kleinen Hauptstädtchen der Baja California Sur (BCS), haben wir uns sofort wohl gefühlt und uns auf die Suche nach einer entsprechenden Lehrstätte gemacht. Angemeldet haben wir uns im CICC (Centro de Idiomas, Cultura y Comunicación)! Gute 2 Wochen werden wir in La Paz bleiben, drücken ab 08.30h morgens die Schulbank (sofern unserer Lehrerinnen pünktlich sind) und büffeln nachmittags Vokabeln, wie alle anderen Schulkinder auch. Der einzige Unterschied ist, dass wir keine Schuluniform tragen.

Morgendliche Begrüßung in der Schule


Was tue ich hier?









Ein Wort noch zur Pünktlichkeit: wie in vielen anderen Ländern Lateinamerikas ist eine Einladung zu einer genannten Uhrzeit nicht unbedingt genau einzuhalten. Heißt es, die Party beginnt um 20.00h sollte man tunlichst vermeiden um Punkt 20.00h auf der Matte zu stehen, um die Gastgeber bei den Vorbereitungen nicht zu überraschen. Auch mit der bekannten „akademischen Viertelstunde“ würde man hier keinen Treffer landen, da die ersten Gäste nicht vor 21.00 Uhr eintreffen würden, eher noch später. Übrigens heißt es bei denjenigen, die in Mexiko pünktlich sind (oder zumindest nahezu): „ Du kommst mir vor wie ein Deutscher!“

Die Schule befindet sich ca. 15 Gehminuten von unserer Unterkunft entfernt. Wir können also bequem zu Fuß gehen und machen jeden Morgen sehr angenehme Erfahrungen mit den motorisierten Verkehrsteilnehmern. Die halten nämlich bereitwillig an, sobald sie einen Fußgänger erblicken, und bedeuten einem, über die Straße zu gehen. Manchmal wollen wir das gar nicht, sondern stehen am Straßenrand, um Fotos zu machen, uns zu orientieren oder überlegen, wie wir am Besten einen Bürgersteig „erklimmen“. Diese sind manchmal einen halben Meter hoch, gar nicht vorhanden oder in einem derartig erbärmlichen Zustand, dass Fußgänger die Straße vorziehen. Die Gehsteige allerdings, die intakt sind, werden von den Anwohnern gehegt und gepflegt und allmorgendlich beobachten wir Hausherren, wie sie den Besen schwingen.

VW ist beliebt - auch, wenn die Modelle schon etwas älter sind
Wegen der vielen negativen Berichte, die im Ausland über Mexiko erscheinen und weil hier noch Nebensaison ist, gibt es nicht besonders viele Schüler. Um genau zu sein gibt es nur Fred, eine Französin vietnamesischen Ursprungs und mich. Während Fred Einzelunterricht genießt bzw. erleidet bilden die Französin und ich die zweite Lerngruppe. 22 Stunden pro Woche beschäftigen wir uns mit spanischen Vokabeln und Grammatik, wobei es für uns ziemlich komisch ist in einem Raum zu hocken. An das Unterwegssein hatten wir uns schon gewöhnt und nach ein, zwei Tagen an einem Ort kribbelt es auch schon wieder und wir würden am liebsten weiterziehen, schauen, was es sonst noch so gibt.

Am Malecón, der Uferpromenade von La Paz
Die Abendsonne genießen
Übrigens hatten ja auch wir uns wegen der schlechten Berichterstattung fast schon ins Hemd gemacht und sind mit vielen Vorbehalten und etwas nervös über die mexikanische Grenze gefahren. Alles, was wir je gehört haben, hat sich nicht bestätigt. Wir wollen nicht leugnen, dass es keine Überfälle, Einbrüche und ausgeraubte Touristen gibt, aber uns sind bisher alle Mexikaner mit großer Freundlichkeit, Respekt und Zuvorkommenheit begegnet. Wir haben auf der gesamten Baja kein komisches Gefühl gehabt und denken, dass das in anderen Bereichen des Landes nicht anders sein wird.



Skulpturen nehmen Bezug auf den Artenreichtum des Golfs von Kalifornien
 Der Unterricht ist ziemlich straff organisiert und es gibt nur wenige Pausen. Da ist eine kleine Unterbrechung willkommen, etwa dann, wenn ein fliegender Händler am Klassenfenster stehenbleibt und fangfrischen Fisch verkaufen möchte oder ein junger Bursche fragt, ob er für ein paar Pesos das Auto waschen darf.

Die Hauptsaison geht übrigens los, wenn hier der erste Grauwal gesichtet wird. Die Riesensäuger kommen alljährlich an die Küsten der Baja California um sich zu paaren und ihre Nachkommenschaft auf die Welt zu bringen. Dann soll hier der Trubel so richtig los gehen. Im Moment ist das schwer vorstellbar, alles ist ruhig und gemütlich. Wir werden die Ankunft der Wale vermutlich nicht erleben, da wir kurz vorher auf´s Festland übersetzen, aber wer weiß.



Stadtstrand von La Paz

Türkis schimmerndes Wasser lädt zum Baden ein
Untergekommen sind wir in La Paz im B&B „La Casa Buena“, einem kleinen, privat geführten Hotelkomplex mit Pool, dem ewig schläfrigen Hund Luna und dem neugierigen Kater Spuki, der es sich auch schon auf unserem Bett gemütlich gemacht hatte (Fred hasst Katzen). Wir haben ein recht großes, sehr helles Zimmer mit zwei Außentüren, wobei man bei keiner weiß, ob sie wirklich abgeschlossen ist (das Grundstück wird von einer hohen Mauer umschlossen, weswegen wir uns keine Sorgen machen) und einer kleinen Küche mit großem Kühlschrank. Einer unserer ersten Wege in La Paz führte daher in einen Supermarkt, wo wir richtig zugeschlagen haben und endlich mal für eine ganze Woche eingekauft haben. Mit dem kleinen Fridge im Landy geht das ja nicht. Hier haben wir sogar einen Ofen. Besonders angenehm: der Landy parkt im Hof direkt unter unserem Fenster. So ist er sicher abgestellt. Immerhin ist er auf unserem Trip nicht nur unser Reisemobil, sondern auch unser Zuhause. Er ist uns inzwischen sehr ans Herz gewachsen, so dass wir ihn nur ungern allein lassen. Die 2. schöne Annehmlichkeit ist ein Internetzugang, 24 Stunden, 7 Tage die Woche. Damit sind wir in der Lage deutsches Radio zu hören und Fernsehen zu schauen. Wunderbar, bisweilen ein wenig komisch, wenn uns hier in La Paz die Staumeldungen der A7 erreichen.


Volle Tüten nach Großeinkauf bei Walmart
Übrigens haben wir auf dem Weg nach La Paz und dann nochmal, als wir gerade die Unterkunft klar gemacht hatten, wieder zwei alte Bekannte getroffen: Stefan & Jürg, die beiden Schweizer Radler.


Auf dem Weg nach La Paz überrascht uns ein kleiner Sandsturm
La Paz hat eine Menge zu bieten: Strand in- und außerhalb der Stadt, schöne Kneipen, nette Restaurants, eine Haupteinkaufsstraße mit Läden, Shops und Geschäften, jede Menge Hotels, viele Ausflugsmöglichkeiten und: Walmart! Das Angebot in den, zumeist kleinen, Supermärkten ist nicht so doll und vor allem vermeintlich frische Sachen wie Obst und Gemüse sind oft schon unansehnlich, teilweise sogar schimmelig. Da ist ein Walmart natürlich sehr willkommen. Inzwischen haben wir zudem einen großen mexikanischen Markt entdeckt, der mit seinem US- amerikanischen „Bruder“ durchaus mithalten kann. Das Beste: wir haben dort Schwarzbrot, so ein richtiges, dunkles Brot mit viel Vollkorn, entdeckt!

Einen Strand nördlich der Stadt haben wir auch schon besucht: Telocote. Eine schmale Straße, die sich eng an die Berge schmiegt und wegen des schlechten Straßenbelags, zahlreicher Schlaglöcher, aber auch wegen der vielen engen Kurven allenfalls mit 60, max 70 km/h befahrbar ist, führt dorthin. Das Vorankommen wird dabei immer wieder durch die allseits beliebten Topes verlangsamt. Dabei handelt es sich um Bodenwellen, die sich quer über die Straße ziehen. Diese befinden sich immer mal wieder in den Ortschaften und dienen tatsächlich dazu, die Geschwindigkeit herabzusetzen. In einem Reiseführer haben wir gelesen, dass man schnell lernt die Dinger zu hassen, was wirklich so ist. Die Topes tauchen nämlich immer genau dann auf, wenn man sie am wenigsten erwartet. Meistens gehen den großen Topes einige kleinere voraus, so dass man sich teilweise wie auf einer Rüttel-Teststrecke für Autos vorkommt. Sie sind überaus schlecht gekennzeichnet, oft gar nicht, so dass wir manchmal regelrecht darüber stolpern und froh sind über die Bodenfreiheit des Landys, die Schlimmeres verhindert.

In Telocote erwartete uns türkis schimmerndes Wasser und wir konnten mit dem Auto auf den Strand fahren. Beste Bedingungen, um einen Sonntagnachmittag zu verbringen. Während ich mein Geburtstagsgeschenk, eine Schnorchelausrüstung, einweihte wurde unsere nähere und weitere Umgebung von mexikanischen Autos, denen ganze Großfamilien entstiegen, zugeparkt. Bald war der Strand überbevölkert und jeder zweite Clan baute einen Riesengrill auf, um eine ausgedehnte parrillada zu zelebrieren. Auch Mexikaner verstehen es zu leben.

Die Gewässer rund um die Baja California sind übrigens sehr fischreich. Das kann man schon feststellen, wenn man in Strandnähe schnorchelt. Am liebsten würden wir einen Bootsausflug zu einer vorgelagerten Insel machen, sind aber auch etwas skeptisch, denn neben Seelöwen könnte es durchaus möglich sein Walhaien zu begegnen, die hier beheimatet sind. Auf der einen Seite wäre das natürlich ein ganz tolles Erlebnis, auf der anderen würden wir vermutlich einen Herzinfarkt erleiden, wenn es tatsächlich so weit käme (auch wenn Menschen überhaupt nicht auf deren Speisekarte stehen).


Kleine Händlerinnen am Strand von Telocote
Was stellen wir sonst noch zu Mexiko fest? Das Verhältnis zu den USA ist gespalten und ambivalent. Zum einen freut man sich, wenn man hier US-Produkte wie Autos, Kühlschränke, Lebensmittel, Musik, Fernsehsendungen usw. konsumieren kann, zum anderen werden die USA als „Gringolandia“ bezeichnet, was nicht unbedingt schmeichelhaft gemeint ist. Das Image der USA ist eher schlecht, doch auf die USA zu verzichten fällt auch nicht ganz leicht und vieles, was von dort kommt, wird gerne übernommen.

2 Kommentare:

  1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  2. Hallo ihr beiden!
    Nicht schlecht Herr Specht!
    Scotty beam mich nach Telocote!
    Wetter bei uns nach Grusel-September jetzt trocken und um 18-20 Grad!
    Noch viel Spaß beim Schulbank drücken und weiterhin noch tolle Erlebnisse wünscht euch Michael

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