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Donnerstag, 14. Oktober 2010

Kupfer Canyon - Die eine und die andere Seite



Baja Ferries verkehrt zwischen Baja  California und mexikanischem Festland
 


Der Landy steht sicher an Deck


Vor ein paar Tagen sind wir mit Baja Ferries nach Topolobampo auf dem mexikanischen Festland übergesetzt. Die Fähre kam abends gegen 22 Uhr an, zu spät und zu dunkel, um sich noch nach einem Schlafplatz umzusehen. Wir beschlossen, im Hafen zu kampieren, zwischen einigen LKWs, direkt unterhalb der Überwachungskameras und gegenüber einer Militärkaserne. Absolut sicher also! Toiletten und Duschen gab´s auch, zumindest für Männer, die ich mich aber nicht scheute mitzubenutzen, so dass wir am kommenden Tag erfrischt nach Los Mochis, dem Tor zum Kupfer Canyon, der unser nächstes Ziel sein sollte, weiterfuhren.


Ein letzter Blick auf die Baja


Wir waren voller Vorfreude, nach der Baja California, die für mexikanische Verhältnisse als reich gilt, nun das wahre Mexiko kennenzulernen. Ärmer sollte es sein, grüner auf jeden Fall und eben mexikanisch. Gut gelaunt starteten wir unseren nächsten Reiseabschnitt zunächst mit der Suche nach detailliertem Kartenmaterial zum Kupfer Canyon. In einem Buchladen in Los Mochis fanden wir eine Karte, die zwar auch kein vollständiges Bild lieferte, aber immerhin einige Informationen bereithielt, die unsere Karten nicht hatten. Mit den insgesamt 3 Karten glaubten wir, den Kupfer Canyon ganz gut befahren zu können.
Mit dem Besitzer des Buchladens plauderten wir eine Weile über unser Vorhaben und erhielten eine erste Warnung bzgl. „mala gente“ (schlechte Menschen), die die Gegend unsicher machen würden. Hier horchten wir ein erstes Mal auf, schenkten dem Buchladenbesitzer aber nicht allzu große Glaubwürdigkeit. Auf dem Weg zu unserem Auto kamen wir mit einem älteren Herrn ins Gespräch, der uns vom Kupfer Canyon vorschwärmte. Er legte uns allerdings auch sehr ans Herz mit dem Zug anstelle des eigenen Wagens zu fahren. Wegen „mala gente“, wie er sich vornehm ausdrückte, was uns jedoch ebenfalls nicht davon abhielt von unserem Plan abzurücken. Der Besuch des Kupfer Canyons bildete schließlich einen unserer favorisierten Orte, den wir uns ungern entgehen lassen wollten. Weiter ging´s dann bis nach
El Fuerte, wo wir wegen Einbruch der Dunkelheit übernachteten. Diesmal fiel unsere Wahl für das Nachtlager auf eine Tankstelle, die 24 Stunden geöffnet hat. Das klappte ganz gut, war nur etwas laut wegen der ständig an- und abfahrenden Autos.


Welche Richtung?

Früh am nächsten Morgen setzten wir unsere Fahrt fort. Bis zum Rand des Canyons der noch ca. 150 km entfernt war, würden wir schätzungsweise 6-8 Stunden unterwegs sein, je nach Beschaffenheit der Straße auch länger und für die gesamte Tour rechneten wir mit 3-4 Tagen. Kein Problem, denn Diesel, Wasser und Lebensmittel hatten wir ausreichend dabei. Ein paar kleinere Orte würden auf dem Weg ebenfalls liegen. Bereits nach 10 Minuten war klar, dass wir vermutlich länger brauchen würden. Die Straße befand sich in einem derart erbärmlichen Zustand, dass wir uns von einem Schlagloch zum nächsten hangelten und der Landy dabei erheblich schwankte.


Herausforderung Straße - von El Fuerte zum Kupfer Canyon

Nach 1,5 Stunden hielten wir erstmals kurz am Straßenrand an, wo jemand seine Kühe hütete. Wir sprachen ein paar Worte miteinander und der Hirte hörte uns aufmerksam zu, als wir ihm berichteten, dass wir mit dem Auto den Canyon durchfahren wollten. Seine Augen, die er wegen des blendenden Sonnenlichts zusammengekniffen hatte, weiteten sich plötzlich. Er wünsche uns viel Glück und ich fragte ihn, was er damit genau sagen wolle. „Na ja,“, antwortete er, „habt ihr nicht von den Überfällen gehört?“ Nun weiteten sich unsere Augen und gespannt fragte ich, ob er noch mehr Informationen habe. Er berichtete uns, dass täglich auf dem schlechtesten Streckenabschnitt, dort, wo die Autos ganz langsam fahren müssen, bewaffnete Raubüberfälle stattfänden. Die Räuber blieben unbehelligt von der Polizei, die den schwer bewaffneten Gangs nicht gewachsen seien. Er fügte noch hinzu, dass heute allerdings ein ruhiger Tag sei und er noch nichts von Übergriffen gehört habe. Während wir mit dem Hirten sprachen fuhr ein roter Pick-Up an uns vorbei auf dessen Ladeflächen 4 Männer saßen. Wir dankten dem Hirten für seine Auskünfte und fuhren erst einmal weiter, jetzt allerdings mit einem mehr als mulmigen Gefühl. Wir diskutierten ausgiebig unsere Situation und was wir tun sollten. Nach dieser dritten Warnung glaubten wir nicht an eine Paranoia, die die Menschen hier ergriffen haben könnte. Auf unseren vielen Karten suchten wir nach einem Alternativweg, als uns der rote Pick-Up wieder entgegen kam. Der Fahrer hielt direkt neben uns an, wobei 10 Augenpaare neugierig zu uns schauten. Wild gestikulierend bedeutete er uns, dass sich hinter der nächsten Kurve Bewaffnete befänden. Seine Gesten unterstrich er mit den Worten „umdrehen, umdrehen, umdrehen“. In diesem Moment überlegten wir nicht mehr. Fred drehte den Landy auf der Stelle um und alle Vorsätze, den Wagen oder das Material zu schonen wurden sofort über Bord geworfen. Eine riesige Staubwolke hinter uns herziehend erreichten wir den nächsten Ort, wo wir erstmal durchatmeten und eine kleine Pause einlegten, um das ganze zu verdauen. Inzwischen war auch klar, dass die Erkundung des Kupfer Canyons per Auto gestorben war. Zurück in El Fuerte fuhren wir als nächstes zur Bahnstation, denn der Chepe, wie der Zug, der den Canyon durchquert heißt, hält hier. Dort trafen wir die Frau eines Lokführers. Wir erzählten ihr, was wir kurz zuvor erlebt hatten und wir daher nun überlegten mit dem Zug zu fahren. Sie pflichtete uns sofort bei und sparte auch nicht uns mit eigenen Geschichten zu Überfällen zu versorgen. Ihr Mann, der Lokführer, hatte das selbst schon hautnah mit einem Gütertransport erlebt. Grund genug, den Chepe mit bewaffneten Wächtern ausgestattet fahren zu lassen. Würden wir den Zug nehmen würden wir 14-16 Stunden benötigen, um von El Fuerte nach Creel auf der anderen Seite des Canyons zu gelangen. Wir würden also irgendwann spätabends ankommen, müssten ein Hotel suchen und möglicherweise ein paar Tage bleiben, um einige Ausflüge zu besonders sehenswerten Stellen zu unternehmen. Ausflüge, die eine Menge Geld kosten, weil wir ein Auto bräuchten (welches wir ja eigentlich dabei haben) und schließlich müssten wir 14-16 Stunden wieder zurückfahren. Je länger wir hierüber nachdachten, desto weniger Lust hatten wir die Tour zu machen. Schließlich entschieden wir, nicht zu fahren und den Kupfer Canyon auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Ein bitterer Nachgeschmack ist geblieben. Das wirklich erschreckende ist, dass diese Überfälle am hellichten Tage! auf dieser Straße offensichtlich zur Tagesordnung gehören und allseits geduldet werden. Vielleicht haben die Menschen hier ja irgendwann einmal genug davon diese Kriminellen zu dulden oder der Staat kann sich entschließen auch hier Militärposten zu etablieren, wie sie an vielen anderen Orten gang und gäbe sind. Doch davon berichten wir später einmal mehr.



El Fuerte, Bundesstaat Sinaloa, Mexiko

P.S. Nach dem wir El Fuerte und dem Kupfer Canyon den Rücken gekehrt haben sind wir nun weiter auf dem Weg nach Süden. Wir haben uns für die Bergroute entschieden und werden am 15.10. in Zacatecas einfahren.

4 Kommentare:

  1. Du lieber Gott, macht bloß keinen Mist und bleibt heil und gesund!!!
    Übrigens: unser Schiff ist kaputt, wir hoffen, am 25.10. an Bord gehen zu können.
    Liebe Grüße
    Monika

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  2. Puh, das klingt ja böse. Dann muss ich dem Coppercanyon ja nicht mehr nachtrauern. Ich hatte die Grenze ja in Cd. Acuña überquert und bin dann über Monterrey nach Zacatecas runter gefahren, habe also den Nordwesten von Mexiko ausgelassen.

    Inzwischen bin ich in Yucatan -- drei bis vier Wochen werde ich wohl noch in Mexiko bleiben. Eine Woche in der Gegend um Cancún und danach werde ich dann noch mal einen zweiwöchigen Sprachkurs anhängen. Mal schauen, wo ich den in Mexiko mache. Entweder hier irgenwo in der Gegend oder ich fahre nach Oaxaca oder Guadaljara zurück. Vielleicht sind wir ja irgendwann noch mal in der selben Region. Wäre sicher spannend sich über die Erlebnisse hier auszutauschen.

    In Zacatecas müsst ihr unbedingt auch in die Stadt Zacatecas. Ein wunderschöner rausgeputzter Ort -- sieht alles aus wie eine Berg-Stadt in Spanien. Weiter im Süden von Mexiko scheint die Sicherheitslage besser zu sein. Seit Zacatecas habe ich mich eigentlich immer relativ sicher gefühlt, auch auf abgelegeneren Straßen. Hier im Südosten setzen viele Dörfer auf Eco-Tourismus. Dadurch profitiert die Bevölkerung direkt von den Touristen, was sich positiv auf die Sicherheitslage auswirkt. Vor allem in der Gegend um Oaxaca gibt es viele von diesen wirklich schönen Dörfen. Da müsst ihr unbedingt ein paar Tage einplanen. An der Grenze zu Guatemala verläuft eine Grenzstraße auf der es früher häufig zu bewaffneten Überfällen gekommen ist, die wohl auf das Konto der Zapatisten gingen. Die Bevölkerung setzt aber jetzt auf Eco-Tourismus und hat mit der Regierung einen Vertrag geschlossen. Seitdem soll die Gegend sicher sein -- also hier tut sich was...

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  4. Hallo ihr beiden,
    ja "mala gente" gibt es hier auch immer mehr.. und die Sraßen hier sehen zum größten Teil auch noch so aus! "vom letzten Winter"
    Bei uns wird es langsam kalt, der Frost war schon da, ansonsten gemischtes Wetter, mit mehr Regen!
    "Welche Richtung" ~ kennen Fred und ich noch von Frankreich mit dem Auto zurück nach Hause... alle Schilder verdreht oder angemalt.
    Topolobampo was für ein Name!
    Seit bitte weiterhin vorsichtig!
    Alles Gute wünscht euch Michael

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